zum Hauptinhalt

Berlin: Der Stoff, aus dem die Träume waren

Vor zehn Jahren war die Spreewald Planen GmbH in aller Munde. Viele Journalisten reisten nach Vetschau, um über jene Firma zu berichten, die Christos Idee sozusagen den letzten Stich verlieh.

Von Sandra Dassler

Vor zehn Jahren war die Spreewald Planen GmbH in aller Munde. Viele Journalisten reisten nach Vetschau, um über jene Firma zu berichten, die Christos Idee sozusagen den letzten Stich verlieh. Am Rande des Spreewalds wurde der in Emstetten gewobene Stoff zugeschnitten und genäht. Die Vetschauer teilten sich den Auftrag mit einer Firma aus Taucha, und manchmal waren sie vom Medienrummel genervt. „Wir sollten uns für Fotografen sogar in den Stoff einwickeln“, erinnert sich Produktionsleiter Dietmar Pohl.

Christo habe Vetschau damals den Auftrag erteilt, weil er sah, dass dort die modernsten Maschinen und die bestausgebildeten Fachkräfte zur Verfügung standen, sagt Geschäftsführer Egbert Kock: „Die haben wir immer noch, aber der Konkurrenzkampf mit Fernost und Ungarn ist unglaublich hart geworden, weil wir mit den geringen Lohnkosten dort einfach nicht mithalten können.“

1995 hatte Spreewald Planen 17 Mitarbeiter. Für Christos Auftrag wurden zehn Leute für ein halbes Jahr zusätzlich eingestellt. An Fachkräften war und ist in Vetschau kein Mangel – zu DDR-Zeiten beschäftigte der damalige Betriebsteil VI des Kombinats Technische Textilien Neugersdorf fast 250 Menschen. Heute sind es noch neun. Immerhin sei die Auftragslage stabil, sagt Produktionsleiter Pohl: „Wir fertigen maßgeschneiderte Feuchtigkeitsschutz-Planen für Glastransporte und Abdeckungen für Carports und Swimmingpools oder auch für Biogasanlagen.“

Als vor einigen Monaten im Central Park in New York die Kunstaktion „The Gates – Die Tore“ von Christo und Jeanne-Claude startete, war vieles wie bei der Reichstagsverhüllung: Wieder war der Stoff in Emstetten gewoben und in Taucha konfektioniert worden. Nur die Vetschauer waren diesmal nicht dabei. „Wir hatten uns an der Ausschreibung beteiligt und mit 74 Euro pro Tor schon knapp kalkuliert“, sagt Geschäftsführer Kock: „Taucha hat unter 40 Euro geboten, da haben die nicht mal die Selbstkosten rein.“ In Vetschau aber müsse knallhart gewirtschaftet werden. Die Arbeiter waren natürlich enttäuscht. „Wir sind damals mit dem Bus zum Reichstag gefahren“, erzählt Dietmar Pohl. „Jeanne-Claude und Christo haben uns empfangen – es war ein tolles Erlebnis.“ So gesehen hätten die Vetschauer den Auftrag für New York schon gern erhalten. Auch wenn der Gewinn sicher nicht für einen Betriebsausflug in die Staaten gereicht hätte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false