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Ob die Stahlviadukte noch tragfähig sind, ist immer noch unklar.

© Jörn Hasselmann

Update Exklusiv

Der Preis der Wiederbelebung: Wiederaufbau der Berliner Siemensbahn soll 500 Millionen Euro kosten

In einer internen Studie nennt die Deutsche Bahn erstmals die Kosten für den Wiederaufbau. Vermutlich wird er aber deutlich teurer.

Bislang kursierte nur eine Summe, wenn es um die „Siemensstadt 2.0“ geht: 600 Millionen Euro will der Weltkonzern in seinen Campus stecken. Zum Dank spendierte das Land Berlin im Jahr 2018 den Wiederaufbau der Siemensbahn. Der Abzweig der S-Bahn von Jungfernheide nach Gartenfeld war 1980 stillgelegt – und vergessen – worden. 

In internen Unterlagen der Bahn werden nun erstmals die Kosten beziffert. Eine “Grobkostenschätzung“ liegt bei 319,872 Millionen Euro. Die reinen Baukosten werden auf 258 Millionen geschätzt, die Planungskosten auf knapp 62 Millionen. Hinzu kommen nach Angaben der Verkehrsverwaltung noch die Kosten der Bahnhöfe, die in der Studie nicht enthalten sind. Nach Abschluss der Vorplanung 2022/2023 sollen die Kosten genauer vorliegen, sagte ein Sprecher der Verkehrsverwaltung.

Dem Tagesspiegel liegt eine 160-seitige Studie „Betriebliche Aufgabenstellung Großprojekt Reaktivierung Siemensbahn“ und eine separate “Trassierungsstudie“ vor. Völlig neu ist, dass die Bahn sogar die Reaktivierung einer zweiten S-Bahn-Strecke für möglich hält, nämlich von Jungfernheide nach Spandau.

Ergebnis: Der Abzweig sei möglich, aber „ein niveaufreier Abzweig kann wegen der beengten Verhältnisse nicht ohne deutlichen Mehraufwand realisiert werden“. Kosten für dieses bislang unbekannte Projekt werden nicht genannt. Derzeit fahren dort nur Regionalbahnen und ICE. Diese S-Bahn-Strecke über Fürstenbrunn war ebenfalls 1980 stillgelegt worden. Nach Angaben der Verkehrsverwaltung sei über eine Reaktivierung noch nicht entschieden, die Trasse werde freigehalten. 

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Der größte Teil der Kosten für die Siemensbahn geht für Brücken und Viadukt drauf, nämlich 76,5 Millionen Euro. Schienen und Schotter der 4,5 Kilometer langen Strecke kosten 18,5 Millionen Euro, 12 Millionen die Lärmschutzwände, Signale und Stellwerke 22 Millionen. Zahlen muss das alles das Land: „Es ist keine Ko-Finanzierung seitens der DB AG vorgesehen“, heißt es in der Studie. 

Was die Siemensbahn  tatsächlich kosten wird, hängt von vielen ungeklärten Punkten ab. Bahn und vor allem die Denkmalschutzbehörde hoffen, dass der stadtbildprägende Stahlviadukt stehen bleiben kann. Eigentlich sollte dies schon Mitte diesen Jahres klar sein. Doch die Bahn ist immer noch dabei, statische Unterlagen neu zu erstellen. Für die Bereiche des Viadukts, für die noch alte Unterlagen existieren, weise die Statik „eine positive Tendenz auf“, sagte ein Bahnsprecher. 

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Nicht enthalten in der Kostenkalkulation ist die Brücke über die Spree. Diese „Untere Spreebrücke“ war 1997 für die Begradigung der Spree vor der Schleuse durch das bundeseigene Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) abgerissen worden. Bislang hatten Bahn und Berlin verkündet, dass der Bund den Wiederaufbau zahlen wird. Doch das stimmt nur halb: Die neue Brücke muss breiter sein als die alte, um dem aktuellen Eisenbahn-Regelwerk zu entsprechen. „Diese Mehrkosten gehören zu den Projektkosten der Siemensbahn“, teilen Verkehrsverwaltung und Bahn auf Anfrage gleichlautend mit.

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: „Wegen Verzögerungen im Betriebsablauf...“: Was hinter den Problemen der Berliner Ringbahn steckt – und was helfen könnte]

Ein Dokument, dass die Kostenübernahme durch den Bund belegt, gibt es nicht. Das Wasserstraßen-Neubauamt teilte mit, „dass es tatsächlich keinen Vertrag gibt, der Vereinbarungen bezüglich des Rückbaus und/oder Neubaus der Eisenbahnbrücke über die Spree enthält“. Diese Information erhielt ein Bürger, der Akteneinsicht verlangt hatte. Die Bahn verweist auf das Bundeswasserstraßengesetz, dass den Bund bei solchen Neubauten zur Kostenübernahme verpflichtet: „Wir sind mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt im konstruktiven Austausch“, sagte ein Bahnsprecher.

Unter der Rudolf-Wissell-Brücke zweigt die Siemensbahn ab. Seit 1980 wachsen hier Bäume.
Unter der Rudolf-Wissell-Brücke zweigt die Siemensbahn ab. Seit 1980 wachsen hier Bäume.

© Jörn Hasselmann

Für diese Brücke ist ein neuer Planfeststellungsbeschluss nötig: „Im Planfeststellungsverfahren zum Schleusenneubau wurde lediglich die Beseitigung der Brücke planfestgestellt. Festsetzungen zu einem Neubau wurden nicht getroffen, da die S-Bahn Berlin (DB) damals keine Pläne für eine Wiederinbetriebnahme hatte“, heißt es aus dem Wasserstraßen-Neubauamt weiter. 

Der Rest der Strecke kann ohne dieses sehr zeitraubende Verfahren wiederaufgebaut werden, da sie nie „entwidmet“ wurde. Genau das hatte die Bahn 2007 beantragt – der Senat hatte dies damals abgelehnt, um sich den Anschluss der Wasserstadt Spandau offenzuhalten. 

Im Jahr 2020 wurde begonnen, die alten Schienen rauszureißen
Im Jahr 2020 wurde begonnen, die alten Schienen rauszureißen

© Jörn Hasselmann

Der „Zeit- und Meilensteinplan“ in der Studie nennt den Juli 2026 als Baubeginn und den Mai 2029 als Eröffnung der Strecke. 1929 war die Strecke nach dreijähriger Planungs- und Bauzeit eröffnet worden. Und obwohl jetzt elf Jahre veranschlagt sind, ist der Zeitplan ambitioniert.

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Auch für die Spreebrücke am Tegeler Weg und den Umbau des Bahnhofs Jungfernheide sind Planfeststellungsbeschlüsse erforderlich. Bei der Sanierung der Ringbahn in den 90er Jahren lag die Siemensbahn außerhalb jeder Vorstellungskraft bei Politikern und der Bahn.

Der Bahnhof Jungfernheide wurde vereinfacht und eine Brücke über die Spree abgerissen. Das rächt sich nun. In der Spree sind die Pfeiler dieser Brücke noch zu sehen, sie sollen möglichst wieder genutzt werden. Wenn die Statik nicht reicht, müssen sie abgerissen und neu gebaut werden – eines der vielen Kosten- und Zeitrisiken bei dem Projekt. So nennt die Studie allein drei Varianten für den Umbau von Jungfernheide, in einer  wird die Brücke über die Lise-Meitner-Straße komplett neu errichtet. Sicher ist, dass der Bahnhof ein drittes Gleis und einen zweiten Bahnsteig  für die S-Bahn bekommt.

Die Entscheidung über die  überaus komplizierte Verlängerung der Strecke hinaus in die Wasserstadt Spandau hatte der Senat auf Ende 2022 verschoben worden, um eine Eröffnung 2029 bis Gartenfeld nicht von vornherein  zu gefährden. 

Mehrfach hat Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek Journalisten und Politiker die Strecke gezeigt. Um Ostern 2020 herum konnten Spaziergänger die Rodung des struppigen Waldes auf Charlottenburger Seite beobachten, der die Trasse seit 1980 besiedelt hatte. 

In einer ersten Version des Textes wurden als Kosten 320 Millionen genannt. Hinzu kommen jedoch die Kosten der Bahnhöfe, die in der Studie nicht enthalten sind.

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