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Solche Zustände fanden die Beamten in dem Betrieb vor.

© Polizei Berlin

Kakerlaken und Ratten in Neuköllner Bäckerei: Der grüne Senator Behrendt trägt eine Mitschuld an diesen Zuständen

In einer Neuköllner Bäckerei wurden ein Rattenskelett, tote Schaben und Fäkalien gefunden. Sie hatte viele große Kunden in Berlin. Ein Gastbeitrag.

Oliver Huizinga ist Leiter der Abteilung für Recherche und Kampagnen bei foodwatch.

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Oliver Huizinga ist Leiter der Abteilung für Recherche und Kampagnen bei foodwatch.

© promo

Ein Facebook-Post der Berliner Polizei von Donnerstag lässt einem das Essen wieder hochkommen. Bilder aus der Neuköllner Großbäckerei Höhn zeigen ein Rattenskelett, tote Schaben und schwarz-braun verschmierte Backbleche. Die Polizei berichtet von „ekelerregendem Geruch“ nach Ammoniak, wohl „ausgehend von Mäuse- und Rattenfäkalien“. Überall „tummelten“ sich Schaben, einer Beamtin sei sogar eine Maus „über die Schuhe“ gelaufen.

In diesen widerlichen Räumlichkeiten produzierte der Betrieb unter anderem die Brötchen und Brote für die Backshops der Marke Knusperbäcker, die in ganz Berlin präsent sind.

Außerdem soll die Ekel-Bäckerei unter anderem die Metro, Rogacki und diverse Krankenhäuser sowie Seniorenheime beliefert haben – so schrieb es die Bäckerei noch im November 2019 auf der eigenen Webseite. Seit Mittwoch stehen die Maschinen nun still und die Backshops sind geschlossen. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Laut der offiziellen Polizeimeldung hatte die zuständige Lebensmittelaufsichtsbehörde „zuletzt“ im November 2019 Strafanzeige gestellt und im Februar 2020 ein Zwangsgeldverfahren eingeleitet.

Die Kontrolleure wussten seit mindestens drei Monaten von den ekelerregenden Zuständen

Anders gesagt: Die Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure Neuköllns wussten schon seit mindestens drei Monaten von den ekelerregenden Zuständen in der Bäckerei, waren aber offenbar nicht in der Lage, den Betrieb sauber zu bekommen. Die Kundinnen und Kunden erfuhren während dieser Zeit nichts über die Zustände bei Höhn.

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Auch jetzt nennen weder die Polizei noch das Bezirksamt Neukölln den Namen des Betriebs. Erst durch Medienberichte kam heraus, dass es sich um die Bäckerei Höhn und die „Knusperbäcker“ handeln muss. Und das, obwohl das Bezirksamt Neukölln dazu verpflichtet ist, bei schwerwiegenden Hygienemängeln mit hohen Bußgeldern auch den Namen des Betriebs zu nennen.

Senator Behrendt verschleppt Gesetzentwurf

Doch nicht nur das Bezirksamt Neukölln muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Ekel-Betriebe zu schützen und sauber arbeitenden Betrieben zu schaden. Auch Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt ist in diesem Fall in der Verantwortung. Sein Haus lässt seit Monaten einen Gesetzentwurf in der Schublade versauern, der Ekel-Fälle wie diesen verhindern könnte: Eine „Hygiene-Ampel“ für Berlin, die die Verbraucherinnen und Verbraucher an der Ladentür informiert, wie ein Lebensmittelbetrieb bei der Hygiene-Kontrolle abgeschnitten hat.

Kakerlake aus Großbäckerei in Neukölln.
Kakerlake aus Großbäckerei in Neukölln.

© Polizei Berlin

Diese Kakerlake fanden die Beamten in der Großbäckerei in Neukölln.
Diese Kakerlake fanden die Beamten in der Großbäckerei in Neukölln.

© Polizei Berlin

Solche Transparenz-Systeme verraten den Kundinnen und Kunden, wie es hinter den Kulissen zugeht – und sie sind ein Anreiz für die Betriebe, sich jeden Tag an die Hygiene-Vorgaben zu halten. Das zeigen die Erfahrungen aus Dänemark, Wales oder auch Norwegen, wo es solche Gesetze bereits seit Jahren gibt: Hier sanken die Beanstandungsquoten deutlich.

Auch die rot-rot-grüne Koalition hat im Berliner Koalitionsvertrag vom Dezember 2016 eine „landesrechtliche Regelung“ zur Transparenz über Lebensmittelhygiene versprochen. Verbraucherschutzsenator Behrendt erneuerte dieses Versprechen im Januar vergangenen Jahres bei einer Rede im Abgeordnetenhaus. Im Laufe des Jahres 2019 wollte er eigentlich einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, doch das ist nicht passiert.

Die Berliner Hygiene-Ampel lässt bis heute auf sich warten. Dass die Berlinerinnen und Berliner nun über Monate nichtsahnend Brote und Brötchen aus Ratten-befallenen Fabrikhallen gegessen haben, liegt deshalb auch in der Verantwortung des Verbraucherschutzsenators Behrendt. Es ist höchste Zeit für Transparenz über die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen! Das nutzt auch all jenen Bäckern und Gastronomen, die tagtäglich für saubere Küchen und Backstuben sorgen.

Oliver Huizinga

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