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Ein Schild, viele Auflagen. Mit dem Denkmalschutz kommen auf Eigentümer auch viele Einschränkungen zu.

© dpa

Ärger eines Wohnungseigentümers: Denkmalschutz bedeutet Enteignung!

Jüngst berichtete der Tagesspiegel über den Kampf staatlicher Gebäudehüter gegen fiese Brachialsanierer. Unser Autor und Wohnungseigentümer Frederik Hanssen dagegen wollte bei seiner Fassadenrenovierung der Gute sein - und wurde ganz hart rangenommen.

Schulz-Heikenkopf – schon mal gehört? Muss ein Architekt gewesen sein, Fritz mit Vornamen, vielleicht auch Franz, das Internet jedenfalls kennt nur seine Anfangsbuchstaben Fr. Überhaupt spuckt Google nur ein einziges Suchergebnis zu diesem Herrn Schulz-Heikenkopf aus, nämlich die Berliner Denkmalliste. Da ist ein Gebäude von ihm verzeichnet: „Mietshaus 1910–11“, nämlich unseres. Wie es das Haus in den Schutzkodex geschafft hat? Keine Ahnung. Es ist ein Altbau, wie es ihn in Friedenau zu Hunderten gibt, mit eher unauffälliger Fassade. Weder wüster Wilhelminismus noch blumiger Jugendstil, überhaupt sparsam in der Verwendung der Schmuckelemente. Wer auch immer dieses Einzelstück eines No-Name-Baumeisters in die Denkmalliste gepresst hat – er möge auf ewig in der Kunsthistorikerhölle schmoren!

Neulich wollten wir die Fassade auffrischen, das hübsche Veronese-Grün erneuern, weil ihm das Berliner Wetter im Laufe der Jahrzehnte einen deutlichen Stich ins Algige verpasst hatte. Ausführlich war ja vergangene Woche im Tagesspiegel die Rede von den bemitleidenswerten Berliner Denkmalschützern, die mit einer brutalstmöglich schlank gesparten Rumpfbesetzung unermüdlich gegen Investoren kämpfen, die aus Geldgier nationales Erbe verfallen lassen oder kaputtsanieren. Das sind die Bösen.

Wir dagegen wollten die Guten sein, unser Heim pflegen und im Wert erhalten. Es ging weder um einen die Silhouette zerstörenden Dachausbau, es sollten keine Gewerbeflächen im Souterrain eingerichtet werden, keine Stahlgerüstbalkone in den Außenmauern verankert. Und doch haben sie uns ganz hart rangenommen, die Power Rangers von der Unteren Denkmalschutzbehörde, als wären wir Immobilienhaie, denen man jeden Zahn einzeln herausbrechen muss.

Für uns hatten sie Zeit. Jede Menge Zeit, um sich in alles einzumischen, um das letztinstanzliche Machtwort auch noch über das nebensächlichste Detail zu sprechen. Wochenlang warteten wir, bis unsere Sachbearbeiterin entschieden hatte, welcher Farbton für die Kellertüren angemessen sei. Die Rollläden im unbewohnten Souterrain mussten durch Gitterstäbe ersetzt werden, bei den Blumengittern auf den Balkonbrüstungen war es selbstverständlich unsere Pflicht, die per Analyse festgestellte Originalbeschichtung zu rekonstruieren: Goldbronze. Dabei durften die Teile nicht ins Farbbad getaucht, sondern mussten per Hand angepinselt werden. Geld spielte offenbar keine Rolle für die Denkmalschützer. War ja auch nur unseres.

Die alte Pracht: nasser Ostseesand statt Veronese-Grün

Ein Blick ins Gesetz macht schnell klar: Widerstand gegen die Behörde ist ziemlich zwecklos. „Der Denkmalschutz“, schleuderte uns einer der Fachgutachter entgegen, „ist dazu da, das Denkmal vor seinen Besitzern zu schützen!“ Danach erklärte er, welchen Anteil Glimmer, Marmorstaub und Splitterglas unser Fassadenputz haben müsse, damit er dem Originalmaterial entspricht. Gemäß einer weiteren wissenschaftlichen Analyse. Die wir auch bezahlt hatten.

Aber: Denkmalschützer sind keine Unmenschen. Sie sind zu Zugeständnissen bereit. Natürlich würden sie es bevorzugen, wenn wir die lockeren Putzstellen so auffüllen ließen, dass die Erneuerungen sofort ins Auge fallen. Wenn dann aber allen acht Eigentümern die Tränen über die Wangen rinnen beim Gedanken daran, dass wir jahrelang auf die Renovierung hingespart hatten, um am Ende eine fleckige Patchwork-Fassade zu bekommen, wird doch eine einheitliche Oberfläche erlaubt.

Frederik Hanssen.
Frederik Hanssen.

© Mike Wolff

Bei der Farbe aber bleibt die Sachbearbeiterin hart. Die kommt nicht mehr infrage, nachdem eine weitere Analyse ergeben hat, dass die Außenhaut unseres Hauses 1911 „putzsichtig“ ausgeführt worden ist. Also kein Veronese-Grün mehr. „Sieht aus wie nasser Ostseesand“, seufzt meine Frau, als nach sechs Monaten die Planen fallen.

Am Ende kostet der Spaß fast das Doppelte von dem, was ohne Denkmalschutzvorgaben zu berappen gewesen wäre. Dafür sind wenigstens alle zahlenden Beteiligten mit dem Ergebnis unglücklich. „Nun mecker’ nicht rum“, sagt der pragmatisch veranlagte Freund. „Wenigstens kannst du einen Teil der Kosten über die Steuer absetzen.“

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