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Im Europasaal des Bundestags diskutierte der Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann (ganz rechts im Bild) mit Leserinnen und Lesern aus Steglitz-Zehlendorf.

© Markus Hesselmann

Einladung in den Bundestag: Debatte mit Leserinnen und Lesern im Europasaal

Thomas Heilmann, Bundestagsabgeordneter der CDU, stellte sich Fragen von Leserinnen und Lesern. Auftakt unserer Debattenreihe mit direkt gewählten Abgeordneten.

„Deutschland ist nicht in einer Staatskrise, wir haben keine Weimarer Verhältnisse.“ Mit diesen Worten eröffnete der Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann (CDU) am Donnerstagabend die Diskussionsrunde im Europasaal des Bundestags. Er hatte Tagesspiegel-Leserinnen und -Leser aus seinem Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf eingeladen, ihm Fragen zu stellen. Er nahm sich über zwei Stunden Zeit.

„Ich bin hier, weil ich Antworten brauche. Ich habe wirklich Angst vor Neuwahlen. Ansonsten bin ich ergebnisoffen, was die Regierungsbildung betrifft, solange es gute Argumente für die Entscheidung gibt“, sagte eine 80-jährige Dame dem Tagesspiegel vor der Veranstaltung. Sie war eine von rund 40 Bürgerinnen und Bürgern, die Heilmanns Einladung gefolgt waren. Es moderierte Markus Hesselmann, Redaktionsleiter der Bezirksnewsletter "Tagesspiegel Leute".

Große Koalition oder Minderheitsregierung?

Am meisten trieb die Besucher die Frage um, wie es nun weitergehen soll. „Merkel scheint über die Aussichten einer erneuten Großen Koalition ja ganz glücklich zu sein“, sagte eine Bürgerin. Ein anderer sagte er habe den Eindruck, dass die CDU die Frage nach einem Koalitionspartner wichtiger fände, als die Inhalte, doch man könne doch nicht einen Partner suchen und erst danach sagen, wo man hin wolle. Heilmann erklärte, dass die Situation wie sie jetzt sei, natürlich Schwierigkeiten bürge. Er bedauere das Verhalten der FDP und die Beendung der Sondierungsgespräche sehr und sieht eine Große Koalition selbst skeptisch. Er wünsche sich eine Minderheitsregierung, er halte sie für ehrlicher als einen Großkompromiss. „Wenn die SPD sich nur aus Verantwortungsgefühl und "was-weiß-ich" in diese schwere Koalitions-Ehe schleppt, dann ist mir eine Minderheitsregierung natürlich lieber. Da kann dann ehrlich gearbeitet und Einzelfragen im Parlament verhandelt werden. Ich finde, es ist an der Zeit, einer Minderheitsregierung eine Chance zu geben.“

Er räumte auch ein, dass die Ziele der CDU besser hätten kommuniziert werden müssen. „Ich kann Ihnen aber genau sagen, wofür ich stehe: für die Transformation der Wirtschaft angesichts der Globalisierung, für Digitalisierung und einen Frühjahrsputz in der Sicherheitspolitik.“

Was die ehemaligen CDU-Wähler umtreibt

Unter den Gästen waren auch ehemalige CDU-Wähler, die nun der AfD ihre Stimme gaben. Einer fragte, ob es die alte CDU überhaupt noch gebe. Heilmann bejahte – man könne der CDU nicht vorwerfen, sich im Kern gewandelt zu haben. Sie sei immer eine europafreundliche Partei gewesen und schon Adenauer hätte gesagt, dass Nationalismus Deutschland nicht gut tut. Heilmann sagte, er verstehe die AfD als eine Protestpartei. Über die Sorgen, die hinter einer Protestwahl stecken, müsse man dringend sprechen. Umso besser, dass der Herr das Angebot angenommen habe.

Was vom Abend übrig bleibt

Es wurden viele Fragen gestellt, die einen oder anderen Sorgen genommen, wenn auch nicht alle. Es wurde viel erklärt und diskutiert, auch ein Seitenhieb auf den aktuellen Berliner Bürgermeister Müller blieb nicht aus: „Ich mag ihn ja auf persönlicher Ebene, aber gute Absichten helfen Berlin nicht. Wir brauchen Managementqualitäten - und die bringt Herr Müller nicht mit.“

Das Format, die direkt gewählten Bundestagsabgeordneten aus den Berliner Bezirken zu treffen, wird in Kooperation mit dem Tagesspiegel in nächster Zeit fortgesetzt. Thomas Heilmann machte den Auftakt und versprach zudem, dass dies nicht sein letzter Diskussionsabend dieser Art gewesen sei. Es gebe noch viele Themen, die er mit den Bürgerinnen und Bürgern besprechen wolle.

Und die 80-jährige Dame? Die sagte, bevor sie den Bundestag verließ: „Ich bin jetzt klarer. Zwar wartet auf unsere Politiker viel Arbeit, aber ich bin nun zuversichtlicher.“

Friederike Sandow

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