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Was steht da drin? Ein Berliner Transparenzgesetz soll die Offenlegung von Akten, analog und digital, regeln.

© picture alliance/dpa

Berliner Transparenzgesetz: Datenportal für alle Bürger lässt auf sich warten

Rot-Rot-Grün versprach 2016 ein Transparenzgesetz, alle Bürger sollen breiten Zugriff auf Verwaltungsdaten bekommen. Aber der Senat lässt sich Zeit.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner Bürger müssen weiter auf ein Transparenzgesetz warten, das die Veröffentlichung von Daten regelt, die der Staat und landeseigene Unternehmen bisher nicht freiwillig preisgeben. Im Koalitionsvertrag hat Rot-Rot-Grün ein solches Gesetz schon Ende 2016 versprochen. Aber - es passierte nichts.

Vor gut einem Jahr machte deshalb eine Initiative Druck, die einen Volksentscheid für ein Transparenzgesetz herbeiführen will. Genügend Unterschriften wurden gesammelt, aber seit einem halben Jahr wird der Gesetzentwurf der Initiative von der Senatsinnenverwaltung geprüft. Bisher ohne Ergebnis.

Vor allem auf Druck von Grünen und Linken arbeitet die Innenbehörde seit geraumer Zeit an einem eigenen Vorschlag für ein Transparenzgesetz. Im Mai hieß es, der Entwurf sei weit gediehen. Bei dieser Ankündigung blieb es. Dem Vernehmen nach gibt es senatsintern unterschiedliche Meinungen darüber, wie gläsern die Berliner Verwaltung werden soll.

Ein Streitpunkt ist, ob und wieweit die Landesunternehmen ihre Daten zur Verfügung stellen müssen. Eine Vorlage der Innenverwaltung über "Eckpunkte für ein Berliner Transparenzgesetz", die der Senat eigentlich schon im Oktober 2019 beschließen sollte, wurde zurückgestellt.

Ein Sprecher der Innenverwaltung bestätigte auf Anfrage, dass sich die Eckpunkte immer noch "in der Ressortabstimmung befinden". Diese Abstimmung solle aber "zeitnah" abgeschlossen werden. Anschließend werde Innensenator Andreas Geisel (SPD) einen Gesetzentwurf, der sich auf die Eckpunkte stützt, "sehr kurzfristig in die zunächst interne Verwaltungsbeteiligung geben". Gleiches gelte für die rechtliche Zulässigkeitsprüfung des Volksbegehrens für ein Transparenzgesetz. Genauere Zeitangaben wurden nicht gemacht.

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Volksentscheid-Initiative spricht von "Verschleppung"

Der Verein "Mehr Demokratie", der gemeinsam mit der "Open Knowledge Foundation Deutschland" das Volksbegehren organisiert, spricht von "Verschleppung". Mit seiner Verzögerungstaktik setze der Senat das Vertrauen in die demokratischen Institutionen aufs Spiel.

Was es bisher gibt, ist eine Rechtsverordnung zu Open Data, die am vergangenen Dienstag auf Vorlage der Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) vom Senat beschlossen wurde. Vier Monate, nachdem sie "auf den Weg gebracht" und dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme übergeben wurde.

Diese neue Verordnung erleichtert den Bürgern, Daten der Landesregierung und Verwaltung einzusehen. Sie gilt aber nur für Daten, die ab jetzt behördenintern anfallen. Eine "rückwirkende Veröffentlichung" von Informationen ist nicht verpflichtend. Die Verordnung versteht sich als Vorstufe für ein Transparenzgesetz.

1999 war Berlin das erste Bundesland, das ein Informationsfreiheitsgesetz einführte, aber das ist lange her. Seitdem können Bürger auf Antrag und gegen Gebühr Einsicht in Behördenakten nehmen, das ist in der Regel langwierig und kompliziert.

Ein Internet-Datenportal soll allen Bürgern zugänglich sein

Das Transparenzgesetz, wenn es denn kommt, wäre ein großer Schritt nach vorn. Nach den Eckpunkten der Innenverwaltung, die im Herbst 2019 in der Schublade verschwanden, geht es um die Einrichtung eines digitalen "Berliner Datenportals", in das alle "nicht schützenswerten Daten" eingestellt werden. An diesem Informationsregister sollen sich alle Behörden und sonstige öffentlichen Stellen der Landesverwaltung beteiligen.

Außerdem öffentliche Beteiligungsunternehmen in privater Rechtsform, wie beispielsweise Wohnungsbaugesellschaften, BVG, BSR oder die Wasserbetriebe. Aber auch die Flughafengesellschaft.

Ob es bei diesem umfangreichen Katalog bleibt, ist derzeit offen. Von der Informationspflicht ausgenommen sind unter anderem der Verfassungsschutz, Gerichte und Strafverfolgungsbehörden, der Rechnungshof und die Finanzämter. Außerdem der öffentlich-rechtliche Rundfunk, soweit es um "journalistisch-redaktionelle Informationen" geht. Auch Daten und Fakten, die die IT-Sicherheit der öffentlichen Hand bei Offenlegung gefährden könnten, bleiben tabu.

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Ein umfangreicher Datenkatalog ist geplant

Erfasst werden in dem Internet-Portal, auf das alle Bürger Zugriff bekommen sollen: Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, Gutachten und Studien, Baugenehmigungen, Subventions- und Zuwendungsvergaben ab 1.000 Euro, wesentliche Unternehmensdaten der Landesbeteiligungen, Verträge der Daseinsvorsorge, Geodaten, Statistiken und Bau- und Landschaftspläne. Aber auch Gerichtsentscheidungen, Beschlüsse des Abgeordnetenhauses und Mitteilungen des Senats ans Parlament. Viele dieser Daten sind jetzt schon zugänglich, aber nicht leicht zu finden.

Vorbild ist übrigens das Hamburger Transparenzgesetz, das 2012 von der SPD-Alleinregierung unter dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz eingeführt wurde. Es wird auf Initiative des rot-grünen Senats in der Hansestadt zum 1. Januar 2021 noch einmal deutlich erweitert.

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