zum Hauptinhalt
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) bei der Eröffnung des CSD.

© dpa/Fabian Sommer

Update

„Da muss die sexuelle Identität mit rein“: Wegner fordert beim CSD Änderung des Grundgesetzes – CDU-Vize reagiert zurückhaltend

Der Senat setzt sich für eine Erweiterung der Gleichheitsrechte in der Verfassung ein. Das sagte Kai Wegner beim Christopher Street Day in Berlin – während es Protestrufe gab.

| Update:

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) spricht sich für eine Ergänzung des Artikels 3 im Grundgesetz um den Aspekt sexuelle Identität aus.

Das sagte er bei seiner Rede zur Eröffnung des Christopher Street Days (CSD) am Samstagmittag in Berlin. „Meine feste Zusage für diesen Berliner Senat ist: Wir wollen den Artikel 3 des Grundgesetzes ändern. Da muss die sexuelle Identität mit rein. Das ist mein Versprechen“, sagte Wegner am Samstag. „Wir werden das gemeinsam mit euch auch hinbekommen.“

Laut dem Grundgesetzartikel darf niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Das war eine kleine Minderheit und nicht die große Masse.

Kai Wegner zum Protest gegen ihn bei der Eröffnungsrede

Aus der queeren Community gibt es seit Langem die Forderung, den Artikel zu ergänzen. Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Auch SPD, Grüne und FDP setzen sich laut ihrem Koalitionsvertrag dafür ein, den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes „um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität“ zu ergänzen. Allerdings würde die Ampel-Koalition für eine Grundgesetzänderung wegen der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat Stimmen der Opposition benötigen.

CDU-Vize: Grundsatzprogramm soll Bekenntnis zur Ehe für alle enthalten

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung reagierte zurückhaltend auf Wegners Vorstoß. „Null Toleranz für Diskriminierung: Für alle Menschen muss immer, überall und ausnahmslos der volle Schutz unseres Rechtsstaats bestehen - unabhängig von der sexuellen Identität und selbstverständlich auch für queere Menschen“, sagte Jung dem Tagesspiegel.

Der Artikel 3 des Grundgesetzes garantiere dies schon heute mit Gleichheitssatz und Diskriminierungsverbot, sagte Jung weiter. „Das ist unser Fundament der Debatte zu einer Erweiterung des Grundgesetzes über die bestehende Fassung des Verbots einer Diskriminierung wegen des ‘Geschlechts’ hinaus. Sie muss sensibel geführt werden - mit sorgfältiger Abwägung aller Gründe dafür und dagegen“, forderte er.

Nach den Worten von Jung solle sich die CDU im neuen Grundsatzprogramm „klar zur Ehe gleichgeschlechtlicher Paare in der heutigen Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuches bekennen“. Im Jahr 2017 habe er dafür noch mit einer Minderheit der Unionsabgeordneten gestimmt. „Jetzt sollten wir diesen Schritt insgesamt als Partei machen: Wenn zwei Menschen füreinander dauerhaft Verantwortung übernehmen, verdient das die volle Anerkennung des Staates.“

Wegner: Berlin wird immer sicherer Hafen sein

Wegner warnte in seiner Eröffnungsrede außerdem vor der zunehmenden Diskriminierung queerer Menschen. „Berlin wird immer ein sicherer Hafen sein für Menschen, die in anderen Ländern angegriffen werden. Wir schützen queere Menschen, die in vielen Ländern bedroht werden“, so der CDU-Politiker. „Wir haben eine Entwicklung auf der Welt, in Ghana, in Uganda, in Polen, das ist unerträglich.“ 

Während Wegner für queere Rechte warb, schallte ihm wiederholt der Ruf „Wegner muss weg“ entgegen. Der CDU-Politiker nahm die Proteste gelassen. „Ich glaube, dass ich viele Botschaften auch rübergebracht habe, die der CSD-Verein ja auch unterstützt“, sagte Wegner dem Tagesspiegel.

Es gebe in der Stadt Meinungsvielfalt, und mit unterschiedlichen Meinungen müsse man liberal umgehen. Das gehöre auch zum CSD. „Ich hatte aber das Gefühl, das war eine kleine Minderheit und nicht die große Masse“, kommentierte Wegner den Protest.

In den vergangenen Jahren sei viel erreicht worden, aber das Thema Homo- und Transphobie spiele in Berlin immer noch eine Rolle. „Deswegen ist es heute wichtig, auf die Straße zu gehen, Sichtbarkeit zu zeigen, für Toleranz, Respekt, Vielfalt zu werben“, sagte Wegner. „Berlin ist die Stadt der Vielfalt, Berlin ist zum Glück nicht grau, sondern bunt – und das feiern wir heute mit wichtigen politischen Forderungen.“

Die Senatskanzlei hat das zur Kenntnis genommen.

Kai Wegner zur Anzeige des Queerbeauftragten gegen Journalist Julian Reichelt

Wegner nahm auch Stellung zu der Anzeige des neuen Queerbeauftragten des Senats, Alfonso Pantisano (SPD), gegen den Journalisten Julian Reichelt - wenn auch eher schmallippig. „Die hat der Queerbeauftragte gestellt, die Senatskanzlei hat das zur Kenntnis genommen, mehr ist dazu gar nicht zu sagen.“

Reichelt hatte in einem Tweet das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Berliner Polizeipräsidium kritisiert und offenbar in die Nähe der NS-Ideologie gerückt. Pantisano sah darin den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Seine Anzeige gegen Reichelt löste Streit in der schwarz-roten Koalition aus.

Zum CSD in Berlin werden rund eine halbe Million Menschen erwartet. Das Motto lautet in diesem Jahr „Be their voice - and ours! Für mehr Empathie und Solidarität!“. Wegner eröffnete den CSD gemeinsam mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas – als erster Regierender Bürgermeister der CDU überhaupt. (Tsp, ame, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false