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Im Kursana-Heim in Lichtenberg sind viele Bewohner älter als 90 Jahre.

© dpa

Corona-Ausbruch in Lichtenberger Pflegeheim: Inzwischen 14 Tote – Heimbetreiber weist Regelverstöße zurück

Inzwischen sind 14 Menschen im Pflegeheim nach einer Corona-Infektion gestorben. Der Betreiber setze nun alles daran, "die Situation zu normalisieren".

Von Sabine Beikler

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat nach dem großen Corona-Ausbruch in Lichtenberg mit inzwischen 14 gestorbenen Heimbewohnern eine Stellungnahme des zur Dussmann-Gruppe gehörenden Heimbetreibers Kursana gefordert - der sich wenige Stunden später umfassend äußerte. 

Eine Kursana-Sprecherin sagte dem Tagesspiegel auf Anfrage, dass Kursana alles daran setze, "die Situation in der Einrichtung zu normalisieren". Man habe "alle notwendigen strikten Hygienemaßnahmen nach Hygieneplan und nach RKi-Standard sowie alle Hinweise des Gesundheitsamtes umgesetzt". 

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lägen dem Unternehmen "keinerlei belastbare Anzeichen vor, dass diese eindeutigen Vorgaben unseres Hygienekonzepts in der Einrichtung nicht eingehalten worden wären".

Mitarbeiter dürften mit grippeähnlichen Symptomen nicht zur Arbeit erscheinen. Mitarbeitern mit einem positiven Testergebnis sei es untersagt, die Einrichtung zu betreten. Aktuell leben 103 Bewohner in der Einrichtung, von denen 27 Bewohner positiv getestet wurden. Auch 17 Mitarbeiter wurden positiv getestet. 14 positiv getestete Bewohner wurden am Freitag in andere Einrichtungen verlegt. 

Wegen schwerer Pflegebedürftigkeit bedürften diese einer intensiven Betreuung. Seit dem Auftreten des ersten Falls am 8. Oktober sei das Haus für Besucher geschlossen worden. 

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"Pflegeheime sind keine reinen Renditeobjekte, sondern sie haben Verantwortung für das Wohlergehen der Bewohner zu tragen", sagte Gesundheitssenatorin Kalayci dem Tagesspiegel. Seit Monaten gebe es Hygienekonzepte, "die von jedem eingehalten werden müssen. Wer eine Pflegeeinrichtung betritt, ob Pflegekräfte, Hausmeister oder Küchenpersonal, hat eine hohe Verantwortung für die dortigen Bewohner". 

Und trotz dieser Konzepte komme es zu Neuinfektionen in der Pflege. Auch der aktuelle Fall in Lichtenberg zeige, dass "Hygienekonzepte offenbar nicht ausreichen. Jede Person, Besucher, Hausmeister, Küchenservice und auch Pflegekräfte müssen sich an die Vorgaben halten. Die Verordnung wurde diesbezüglich verschärft", sagte Kalayci.

Bei schwerwiegenden Verstößen kann die Einrichtung geschlossen werden

Sie erwartet überdies "von allen Verantwortlichen in den Bezirken, dass der Schwerpunkt auf die vulnerablen Gruppen gelegt wird". Derzeit prüft der Bezirk in Lichtenberg, ob und welche Verstöße in dem Heim vorliegen. Bei schwerwiegenden Verstößen kann grundsätzlich eine Einrichtung auch geschlossen werden.

Laut Pandemiestab in Lichtenberg werden auch die im Haus verbliebenen positiv getesteten Bewohner verlegt. Nach Auftreten des ersten Falls seien Begehungen durch den Amtsarzt erfolgt und Auflagen erteilt worden. Nach jetzigem Kenntnisstand muss laut Bezirksamt  "davon ausgegangen werden, dass nicht alle Auflagen eingehalten wurden.“ 

Am Dienstag sollen in der Einrichtungen erneut Abstriche bei allen Bewohnerinnen, Bewohnern und dem Personal vorgenommen werden. Aktuell werde auch mit sogenannten Schnelltests gearbeitet. 

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Der amtierende Stadtrat für Gesundheit, Martin Schaefer (CDU) fordert die Senatsverwaltung für Gesundheit auf, "ihren Pflichten als Fachaufsicht nachzukommen und die Qualität der Pflege zu kontrollieren". Den Anschuldigungen gegen den Pflegeheimbetreiber, dass infiziertes Personal im Einsatz war, müsse die Heimaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit umgehend nachgehen. 

"Einer solchen Fahrlässigkeit würden strafrechtliche Konsequenzen folgen müssen. Eine temporäre Neubesetzung der Einrichtungsleitung könnte ein wesentlicher Beitrag sein." Für das Infektions- und Hygienegeschehen sei der Bezirk in der Verantwortung. "Wir sind noch in der Überprüfung ob alle Auflagen umgesetzt wurden", sagte Schaefer.

Zusammenkünfte von mehr als zwei Pflegekräften sollen vermieden werden

Die Gesundheitsverwaltung hat derweil die Pflegeverordnung geändert. Die neue Fassung gilt seit Sonnabend mit Veröffentlichung im Amtsblatt. Demnach muss das Personal "bei körpernahen Dienstleistungen FFP2-Masken "oder andere Vorrichtungen mit mindestens gleichwertigem Fremdschutz" tragen. 

Die Senatsverwaltung für Gesundheit plant, die Berliner Pflegeheime mit einer größeren Anzahl kostenloser FFP-2-Masken zu unterstützen. Jede Einrichtung solle rund 200 Stück erhalten. Das wären allein bei den rund 300 Langzeitpflegeeinrichtungen in der Stadt insgesamt 60.000 FFP-2-Masken.

Sanitäter schieben in einem Seniorendomizil im Stadtteil Lichtenberg eine Tragbahre. 
Sanitäter schieben in einem Seniorendomizil im Stadtteil Lichtenberg eine Tragbahre. 

© dpa

Baumwolltücher oder einfache OP-Masken sind dann nicht mehr zulässig bei Körperpflege und anderen medizinisch-pflegerischen Dienstleistungen direkt an der zu pflegenden Personen. Das gilt für Pflegeeinrichtungen, teilstationäre Pflegeeinrichtungen und in der ambulanten Pflege. 

Bewohner, Personal und Besucher müssen in geschlossenen Räumen und wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Eine Ausnahme gilt für Bewohner, wenn sie ihre Mahlzeiten in Gemeinschaftsräumen einnehmen.

Für Pflegekräfte gilt, dass Zusammenkünfte von mehr als zwei Pflegekräften und Personal mit- und untereinander, insbesondere in Pausen, Beratungen und Dienstübergaben vermieden werden sollen. Pausen sollen "nach Möglichkeit" im Freien verbracht werden und generell Kontakte des Personals untereinander reduziert werden. Pausen in geschlossenen Räumen, bei denen der Mund-Nasen-Schutz abgelegt wird, sollen nur noch allein erfolgen. Bevor der nächste Mitarbeiter denselben Raum nutzt, muss gut gelüftet werden. 

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