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Der Zenner hat eine ideale Lage. Wer am Wasser flaniert, muss an der Gaststätte vorbei.

© Janek Grahman

Berliner Traditionslokal Zenner 2.0: Comeback mit Craft-Bier, Bio-Eis und Kunst-Ausstellungen

Das Traditionslokal im Treptower Park soll im Mai wieder eröffnen. Aber die Pläne reichen viel weiter. Ein Interview mit den neuen Betreibern.

Das Traditionslokal Zenner im Treptower Park hat wieder eine Zukunft. Nach langer Schließzeit haben zwei Gastronomen aus der Clubszene (vormals Betreiber der "Wilden Renate" und "Else" an der Elsenbrücke) einen Pachtvertrag für 30 Jahre unterschrieben. Jetzt sollen mit Millionen-Aufwand Haupt- und Nebengebäude saniert werden. Im Mai ist die Eröffnung des Biergartens geplant. 

Wer von Ihnen hatte die verrückte Idee, den berüchtigten Zenner zu übernehmen, zuletzt bekannt als Burger-Ausgabestelle und Schlagerparaden-Tanztreff?
Sebastian Heil: Tony hatte bereits in der Vergangenheit zur richtigen Zeit den richtigen Riecher. Ich bin am Zenner, dem Biergarten und auch an dem sonntäglichen Schwof zwar unzählige Male vorbeigejoggt - die Idee, beim Vorbetreiber mal anzuklopfen, entstammt aber meinem Partner Tony Ettelt. Diesen Floh hatte er mir bereits 2017 ins Ohr gesetzt.

Tony Ettelt: Das war tatsächlich meine Idee. Als ich im Jahr 2000 in meine erste eigene Wohnung auf der Stralauer Halbinsel zog, zwängte ich eines heißen Sommertags durch die enge Dachluke meiner Wohnung einen aufblasbaren Pool und installierte diesen auf dem Flachdach. Von dieser Plansche aus konnte ich plötzlich über die Spree bis zum Zenner blicken. Bereits damals dachte ich mir, wie großartig es wäre, diesen Ort irgendwann einmal kulturell bespielen zu dürfen. Es dauerte dann noch nur etwa 17 Jahre, bis mich ein Freund bei einer Joggingrunde im Treptower Park ermunterte...

Warum sind Sie bei der Wilden Renate bzw. Else ausgestiegen?
TE: Die Wilde Renate und Else begannen im Jahr 2007 bzw. 2013 als absolute Herzensprojekte. Im Laufe der Zeit bewogen mich meine Kinder dazu, mich von dieser exzessorientierten Nachtökonomie peu a peu zurückzuziehen. Nächtliches Feiern und morgendliche Familienpflichten passen einfach nicht zusammen. Das war inmitten der Corona-Hochphase 2020 nicht leicht, letztendlich fanden wir jedoch einen Weg.

SH: Da spielen unterschiedliche Gedanken und Entscheidungen eine Rolle. Zum einen bedarf der Betrieb eines solch umfangreichen Projekts den vollen Fokus, Energie und Aufmerksamkeit. Zum anderen haben auch der Wunsch nach persönlicher Veränderung und Entwicklung eine tragende Rolle gespielt.

Die beiden Pächter, Sebastian Heil (l.) und Tony Ettelt, haben vorher den Club Wilde Renate betrieben.

© Lena Burmann

Was sind die Pläne für die betagten Räume im Haupthaus, der Körnervilla und dem Heizhaus?
TE: Das Haupthaus, die Körnervilla und das nun Turmhaus genannte ehemalige Heizhaus sollen schrittweise denkmalgerecht saniert werden. Im Haupthaus haben wir die komplette 90er-Jahre-Seemansspelunken-Inneneinrichtung im Obergeschoss und die Burger-King-Diner-Ausstattung im Erdgeschoss rückgebaut und einem gemeinnützigen Träger zur weiteren Nutzung überlassen.

[Das Interview führte Thomas Loy. Jeden Montag berichtet er im Leute-Bezirksnewsletter über Treptow-Köpenick. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung: leute.tagesspiegel.de]

Nun haben wir dort einen Rohdiamanten, der in den bauzeitlichen 50er-Jahre-Zustand versetzt werden soll. Das Turmhaus mit seinem spannenden Kesselraum soll zukünftig Kunstinstallationen und kleinen Ausstellungen vorbehalten sein. Die Körnervilla, eigentlich als Wetterschutzhalle für die Besucher des Biergartens 1904 errichtet, soll wieder als Festsaal genutzt werden, während der zur Spree orientierte Rundbau zukünftig besonders für Hochzeiten prädestiniert sein wird. Abschluss der umfangreichen Baumaßnahmen soll 2024 sein.

SH: Das Herzstück des Haupthauses ist der historische Saal im Obergeschoss. Hier werden wir ein kuratiertes Kulturprogramm, Konzerte und Live-Veranstaltungen anbieten. Die ehemaligen Räume des Burger Kings im EG sollen dagegen multifunktional genutzt werden, zum Beispiel als Fläche für Ausstellungen und Kunst-Installationen. Aus dem Arkadenraum des Turmhauses heraus werden wir leckere Bio-Eiscreme und Kaffeespezialitäten anbieten. Der Turm mit Aussichtsplattform soll wieder begehbar gemacht werden.

Wo kommen die Millionen her, die für die Sanierung der Gebäude gebraucht werden?
SH: Wir konnten mit unserer Vision und dem Betriebskonzept sowohl die Banken als auch unsere Industriepartner überzeugen und dadurch eine gesunde Finanzierung auf die Beine stellen.

In der Umgebung gibt es schon diverse Restaurantschiffe, die Insel-Gastronomie, die Food-Meile am Treptower Hafen und bald auch den Biergarten am Eierhäuschen. Wer hat da noch genug Hunger für den Zenner?
TE: Der Treptower Park ist ein hochattraktiver Ort der Entspannung, des Sports und der Lebensfreude für gestresste Berliner*innen und Berlinbesuchende. Hier in Alt-Treptow gab es vor rund 100 Jahren mehr als ein Dutzend großer Biergärten. Wir sind uns sicher, dass dieses Fleckchen Erde mit seinem kulinarisch-kulturellen Angebot zukünftig wieder eine besondere Strahlkraft ausüben wird.

Der Zenner-Biergarten, mit 1500 Plätzen einer der größten in der Stadt, soll im Mai öffnen. Mal angenommen, das klappt, was wird auf der Karte stehen?
TE: Ich kann schon mal verraten, dass wir es geschafft haben eine untergegangene Perle Urberliner Bierkultur neu aufleben zu lassen. So werden wir das 1869 gegründete Berliner Bürgerbräu exklusiv als Pils aus dem Kupfertank anbieten. Zusätzlich wird es ein wunderbar süffiges Bayrisch Hell aus dem Holzfass geben, tolles Weißbier aus Kelheim und auch ein regionales Craftbier. Beim Speisekonzept legen wir großen Wert auf möglichst nachhaltige, qualitative Kulinarik.

SH: Dass wir das Berliner Bürgerbräu Pils wieder aus der Versenkung holen, ist ja bereits bekannt. Bei den Speisen wird es noch die eine oder andere Überraschung geben.

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