zum Hauptinhalt
Nachdem Tim K. an der Teststelle am Hauptbahnhof nicht getestet wurde, wurde er nach Tegel geschickt.

© Sven Braun/dpa

Chaos bei Berliner Covid-19-Teststelle: Reiserückkehrer bekommt Strafanzeige statt Corona-Test

Ein Reiserückkehrer aus Berlin wollte sich testen lassen. Der Versuch scheiterte zwei Mal. Am Ende bekam er eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.

Der Berliner Tim K. aus Prenzlauer Berg wollte sich im Oktober auf das Coronavirus am Hauptbahnhof testen lassen – nach Hause kam er mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Eine Ärztin vom Deutschen Roten Kreuz verweigerte ihm und seinen Freunden einen Test, weil er und seine zwei Kollegen sich angeblich „wie Vierjährige“ verhalten hätten.

Tim K., 28 Jahre, ist eigentlich eher das, was man einen pflichtbewussten Bürger nennt. Er wollte die aktuellen Corona-Regeln befolgen. Am 6. Oktober kam er mit seinen zwei Kollegen von einer Dienstreise aus Paris zurück. Sie arbeiten in der Modebranche. Die französische Hauptstadt war schon zum Risikogebiet erklärt worden, als die drei sich im Zug auf ihrer Rückreise befanden.

Der ICE hatte eine Stunde Verspätung. Gerade so schafften sie es noch zur DRK-Teststelle im Untergeschoss des Berliner Hauptbahnhofs, die dort vom Senat bis vor Kurzem eingerichtet war. Um 23 Uhr schloss die Stelle.

Tim K. und seine beiden Kollegen waren froh, dass sie noch 20 Minuten früher da waren und sich nur etwa drei Personen zum Testen vor ihnen befanden. Dass die Sicherheitsleute sie am Eingang abwiesen, machte sie sauer. Der eigentliche Ärger kam aber erst am Tag danach.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Am nächsten Morgen durften sie zum Testen zurückkommen. Eigentlich müssen Reiserückkehrer für zwei Wochen in Quarantäne – doch eine Frau vom Gesundheitsamt erteilte Tim K. und seinen Freunden telefonisch eine Erlaubnis.

Vom Hausverbot hatten sie davor nicht gehört

Also kamen sie am nächsten Tag um 10 Uhr erneut beim Hauptbahnhof an. Für die drei Pankower sah es zuerst positiv aus. Die Ärzte im Testzentrum ließen sie ihre Formulare ausfüllen. Doch dann ging ein Mann vom Sicherheitspersonal dazwischen.

„Ihr wart doch gestern schon mal da“, sagte er. „Ihr bekommt hier keinen Test!“. Sie diskutierten. Doch keine Chance. Die Sicherheitsleute riefen die Polizei und so bekamen Tim K. und seine Kollegen nebenbei mitgeteilt, dass sie angeblich schon am Abend vorher ein Hausverbot erteilt bekommen hätten. Davon hatten die bis zu dem Zeitpunkt nichts mitbekommen. Immerhin wurde ihnen am Abend vorher sogar gesagt, dass sie ab sechs Uhr wiederkommen dürften. Einen Streit hatte es nicht gegeben. Tim K. beteuert, dass sie sich friedlich und verantwortungsbewusst verhalten hätten.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

„Wir haben uns an dem Abend lautstark darüber aufgeregt, dass wir unseren Corona-Test nicht bekommen haben. Die Kritik war allgemein über das System. Sie ging nicht speziell an das Sicherheitspersonal“, erzählt Tim K. am Telefon. Vermutlich sei der Sicherheitsmitarbeiter sauer gewesen, weil sie bei der Anmeldung laut gefragt hätten, wo man sich über die frühen Schließzeiten beschweren kann, vermutet Tim K. Eine andere Erklärung findet er für das Verhalten nicht.

Tim K. versteht bis heute nicht, was er falsch gemacht hat

Die Polizeibeamten versuchten, weiter zu vermitteln, nahmen aber dennoch eine Anzeige auf. Auch Bundeswehr-Soldaten der Teststelle intervenierten, die Sicherheitsleute sollten doch bitte die jungen Leute testen. „Wir brauchen diesen Test. Wir müssen in Quarantäne und können nicht jede Teststelle der Stadt abklappern“, wandten die drei Reiserückkehrer ein.

Doch das Sicherheitspersonal blieb hart. Eine Ärztin stand ihnen bei. Eine Testung der Drei lehnte sie nun mit der Begründung ab: „Sie hätten sich wie Vierjährige aufgeführt“, erzählt Tim K. immer noch völlig konsterniert, da er bis heute nicht versteht, was er oder seine Kollegen falsch gemacht haben.

[Immer aktuell: Was in Berlin erlaubt und verboten ist, finden Sie hier. Was tun bei einer Coronavirus-Infektion oder als Kontaktperson? Hier finden Sie einen Leitfaden.]

Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als den Hauptbahnhof ohne Test zu verlassen. Die Frau vom Gesundheitsamt war von einem erneuten Anruf der Dreien irritiert, genehmigte ihnen aber zum Schutz der allgemeinen Gesundheit eine Weiterfahrt zum Flughafen Tegel. Die Mitarbeiter der dortigen (mittlerweile geschlossenen) Teststelle übernahmen den Job. Der Vorgang dauerte keine fünf Minuten, erzählt Tim K. Alle seien freundlich gewesen.

Schon zuvor gab es Beschwerden über die Teststelle

Auch die Teststelle am Hauptbahnhof ist mittlerweile geschlossen, weil das Land Berlin seine Teststrategie geändert hat. Bis zuletzt gingen beim Tagesspiegel Beschwerden ein, dass die Teststelle viel zu früh schließe und viele Reiserückkehrer aufgrund ungünstiger Ankunftszeiten nicht auf Covid-19 getestet werden konnten. Das Deutsche Rote Kreuz teilt über einen Sprecher mit, dass es über Vorfälle dieser Art keine Beschwerden gegeben habe.

[Behalten Sie den Überblick: Corona in Ihrem Kiez. In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir über die Krise und die Auswirkungen auf Ihren Bezirk. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de]

Zuständig für die Sicherheit des vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Testzentrums war eine private Sicherheitsfirma, die vom Senat beauftragt wurde. Auf eine Anfrage zu dem Vorfall nahm die Firma bisher noch nicht Stellung.

Tim K. konnte mit einem negativen Corona-Test schnell wieder aus der Quarantäne entlassen werden. Das einzige bleibende Ärgernis: der Papierkram, den er jetzt erledigen muss. Gerade kam die Anzeige wegen Hausfriedensbruchs per Brief bei ihm zu Hause an. „Verbal ausfallend und beleidigend“ gegenüber Mitarbeitern der Teststelle hätten er und seine Freunde sich verhalten, heißt es darin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false