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Berlin: Bubi Scholz ist tot: Ein Leben zwischen grenzenlosem Dusel und grenzenlosem Suff

Glück allein macht nicht glücklich - Gustav Scholz, den sie damals, nach dem Krieg, in Prenzlauer Berg wegen seiner schmächtigen Gestalt immer "Bubi" nannten, hat es unfreiwillig bewiesen. Dabei war er der strahlende Held des aufstrebenden West-Berlins, der glänzende Kämpfer, der mit den Fäusten erledigte, was andere mit all ihrem Geld nicht schafften: den Weg ganz nach oben.

Glück allein macht nicht glücklich - Gustav Scholz, den sie damals, nach dem Krieg, in Prenzlauer Berg wegen seiner schmächtigen Gestalt immer "Bubi" nannten, hat es unfreiwillig bewiesen. Dabei war er der strahlende Held des aufstrebenden West-Berlins, der glänzende Kämpfer, der mit den Fäusten erledigte, was andere mit all ihrem Geld nicht schafften: den Weg ganz nach oben. Hilde Knef, Curd Jürgens, Harald Juhnke, die gesamte Kudamm-Kempinski-Mafia, alle soffen mit ihm, lagen ihm zu Füßen nach seinen besten Kämpfen. Seine Popularität war vergleichbar mit der von Willy Brandt, sein Dusel grenzenlos: 1958, als der Presseball noch der Presseball war, schwoofte er durch, hängte seinen Smoking in den Schrank - und fand Wochen später beim Ausbürsten in der Tasche jenes Tombola-Los, das ihm ein Mercedes-Cabrio einbrachte, eines von vielen Autos, mit denen er die Boulevards der Wirtschaftswunderstadt hinauf und hinab fuhr, Pomade im Haar, einen Schlager auf den Lippen. Wer, bitte, ist James Dean?

Doch er war sicher kein "Rebel without a cause", kein irrlichternder Rebell auf dem Weg der Selbstvernichtung. Sondern ganz im Gegenteil - seine 1980 erschienene Autobiographie "Der Weg aus dem Nichts" weist es aus - ein perfekt angepasster Taktiker, analytisch, hart, diszipliniert und zu äußerster Selbstherrschung fähig nicht nur im Ring. "Rücksichtslos, nur nicht mir selbst gegenüber" habe er seine Ziele "konsequent und ohne jeden Schnörkel verfolgt", heißt es in dem Buch. Er durchschaute die branchenüblichen Manöver, mit denen Veranstalter und Manager die Boxer aufs Kreuz zu legen pflegten, und war viel zu clever, um sich in reiferen Jahren wegen eines hoch bezahlten "Come-Back-Kampfs" die Birne weich klopfen zu lassen. "Mir geht es körperlich, materiell und in der menschlich-seelischen Etage rundherum gut", schrieb er, damals immerhin Besitzer zweier Parfümerien, Teilhaber einer Werbeagentur, Schlagersänger und dilettierender Schauspieler.

Doch zu dieser Zeit muss sich wohl schon die Lüge vor die Realität geschoben haben. Denn noch rauschten die Feste durch die Villa am Rupenhorn, noch wünschte sich der eine oder andere Halbstadt-Prominente mit ihm zu zeigen - doch mit dem Ende der Nachkriegszeit schwand auch das Interesse an den Helden dieser Periode. Einsam sah er sich immer wieder die Filme seiner besten Kämpfe an, soff und schluckte Tabletten, litt unter Depressionen und versuchte, sich das Leben zu nehmen. Schlagzeilen, groß wie nach seinen glanzvollsten Siegen, machte er dann dennoch, doch der Anlass war tragisch: Am 22. Juli 1984 erschoss er seine Frau Helga im Vollrausch durch die geschlossene Toilettentür, nach dem letzten einer endlosen Reihe von alkokolvernebelten Streitigkeiten. Die Richter urteilten milde, schickten ihn wegen fahrlässiger Tötung für drei Jahre ins Gefängnis. 1987 wurde er entlassen und heiratete 1993 die fast 30 Jahre jüngere Sabine Arndt. Er ließ sich von ihr überreden, die mit Erinnerungen beladene Villa zu verkaufen und zog sich mit ihr in ein Haus in Ruhleben zurück.

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