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War nicht seine Woche: Die Entscheidungen von Brandenburgs Ministerpräsidenten, Dietmar Woidke, wurden teils harsch kritisiert.

© Bernd Settnik/dpa

Brandenburgs Ministerpräsident in der Kritik: Chaostage in Potsdam

Erst das Wissenschaftsministerium, nun eine Medizin-Fakultät für Cottbus: Die Linke findet die Alleingänge von Regierungschef Dietmar Woidke „unprofessionell“.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat wenige Monate vor der Landtagswahl erneut Ärger provoziert: Neben den Protesten gegen den überstürzten Beschluss seiner rot-roten Regierung, das Wissenschaftsministerium aus Potsdam nach Cottbus zu verlegen, sorgen nun publik gewordene Woidke-Pläne für eine medizinische Fakultät in Cottbus für Unruhe und Irritationen. Selbst der Koalitionspartner wurde davon überrascht. Er habe davon „aus Berlin“ erfahren, sagte Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers am Donnerstag.

Die Grundidee halte er zwar für richtig. Christoffers kritisierte aber die Kommunikations-Praxis und das Vorgehen der Regierung in beiden Fällen, etwa die Nichteinbeziehung des Personalrates vor der Umzugsentscheidung beim Wissenschaftsministerium. Er spricht von „Übereiltheit“ und einem „unprofessionellen“ Verhalten. Im Land dürfe nicht der Eindruck entstehen, „dass es nur noch um die Lausitz geht“, warnte Christoffers.

„Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu einem Wettbewerb der Regionen kommt.“ Ob und in welcher Form das Wissenschaftsministerium umziehe, sei Sache des neuen Landtages und werde von den politischen Konstellationen nach der Wahl abhängen. Christoffers wies darauf hin, dass die in den vergangenen 14 Tagen unnötig entstandene Unruhe nicht förderlich sei, da im Parlament noch 30 Gesetze verabschiedet werden sollen. „Die jetzige Situation ist für die Arbeit, die zum Ende der Legislaturperiode zu leisten ist, nicht förderlich.“

Nach Tagesspiegel-Informationen war aber Finanzminister und Vize-Ministerpräsident Christian Görke (Linke) in den Plan zur Medizinfakultät eingeweiht. Woidke selbst bestätigte am Donnerstag, dass er gemeinsam mit Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) „schon länger“ die Idee verfolgt, eine Medizinerausbildung in Cottbus zu etablieren.

„Es wäre ein weiterer starker Impuls für die Lausitz“, findet Woidke

Die Chance dafür gibt es nur wegen des eingeleiteten Kohleausstiegs, für den der Bund allein für die Lausitz rund 18 Milliarden Euro bereitstellt. Brandenburg versucht, in das angekündigte Bundesgesetz die Förderung einer eigenen Medizinerausbildung zu verankern, deren Kosten auf Startinvestitionen in Höhe von 200 Millionen Euro und jährliche Ausgaben von 50 Millionen Euro geschätzt werden. „Es wäre ein weiterer starker Impuls für die Lausitz“, sagte Woidke dem Tagesspiegel. „Wir sind dazu jedoch noch in verschiedenen Abstimmungsgesprächen, insbesondere mit dem Bund wegen der Finanzierung.“

Woidke betonte aber auch: „Ganz klar: Dieses Projekt im Süden des Landes wird nicht zum Nachteil der bestehenden Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) in Neuruppin und Brandenburg an der Havel sein.“ Diese war erst 2014 von der regionalen Ebene gegründet worden, nachdem Brandenburg in seiner Hochschullandschaft in Abstimmung mit Berlin – auch wegen der immensen Kosten – seit 1990 auf eine Medizinfakultät verzichtet hatte. Brandenburger Krankenhäuser übernehmen die Studiengebühren, Absolventen verpflichten sich im Gegenzug, nach dem Studium dort anzufangen.

In Brandenburg/Havel und Neuruppin sind 400 Studierende eingeschrieben

In einer gemeinsamen Erklärung warnten am Donnerstag der Landkreis Ostprignitz-Ruppin (OPR), die Städte Brandenburg/Havel und Neuruppin als Träger der MHB, an der 400 Studierende eingeschrieben sind, vor drohender Ungleichbehandlung. Sie wiesen darauf hin, dass es für die MHB vom Land bisher nur eine „ideelle Förderung“ gebe.

In der Erklärung, die OPR-Landrat Ralf Reinhardt (SPD), Brandenburgs Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) und Neuruppins Bürgermeister Jens Peter Golde (parteilos) unterzeichnet haben, heißt es: „Die jetzige Überlegung erweckt den Eindruck eines kurzfristigen politischen Manövers unmittelbar vor der Landtagswahl.“ Statt an „politisch kurzlebigen und durchsichtigen Versprechungen“ bestehe dringender Bedarf an Gesprächen.

Ulrike Liedtke, wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, warnte: „Es besteht die Gefahr, dass der Norden Brandenburgs abgehängt wird.“

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