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Lokalpolitik für BND-Mitarbeiter? Der Bundesnachrichtendienst erlaubt seinem Personal die Tätigkeit in Gemeindeparlamenten. Angeben müssen sie ihren Arbeitgeber zuvor nicht. Hier ein Blick auf die neue BND-Zentrale an der Chausseestraße in Mitte.

© Soeren Stache/dpa

Konflikt in Seddiner See: BND-Angestellte in der Gemeindevertretung

Eine Gemeindevertreterin in Seddiner See arbeitet für Geheimdienst – der Bürgermeister will sie deshalb aus dem Amt drängen. Jetzt gibt es eine Diskussion darüber, wie viel Kandidaten von sich preisgeben müssen.

Ist ein Geheimdientsmitarbeiter in der Gemeindevertretung ein Problem? Darf ein Bürgermeister seine Rathausmitarbeiter informieren, dass eine Gemeindevertreterin beim Bundesnachrichtendienst tätig ist? Darf er drohen, Informationen darüber öffentlich zu machen? Die Antworten könnten den Bürgermeister der Gmeinde Seddiner See, Axel Zinke (parteilos), in Bedrängnis bringen. Zinke hat seine Verwaltungsmitarbeiter und den Landrat in Kenntnis gesetzt, dass Gemeindevertreterin Carina Simmes (BVB/Freie Wähler) beim BND tätig ist – womöglich, um eine unliebsame Gemeindevertreterin loszuwerden. Die sieht ihre Persönlichkeitsrechte massiv verletzt.

Simmes schildert den Ablauf der Ereignisse so: „Axel Zinke lud mich zu einem Gespräch und legte mir dar, dass er weiß wo ich arbeite.“ Er habe erklärt, sie müsse die Ämter niederlegen, sonst würde er ihren Arbeitgeber öffentlich machen. Dem widerspricht Zinke: „Ich habe lediglich gesagt, dass ich nur die Möglichkeiten sehe, sich zum Arbeitgeber zu bekennen oder die Ämter niederzulegen.“ Er starte keine Kampagne, habe nicht mit Öffentlichkeit gedroht.

Wie viel muss ein Kandidat preisgeben?

Zinke zufolge hat Simmes beim gemeinsamen Gespräch bestätigt, dass sie und auch ihr Mann, der für die Freien Wähler im Neuseddiner Ortsbeirat sitzt, beim BND arbeiten. Die Seddiner hätten die beiden im Mai 2014 nicht gewählt, wenn sie den Arbeitgeber gekannt hätten, meint der Bürgermeister. „Für mich ist Frau Simmes nicht mehr so gläsern und glaubwürdig, wie ein Gemeindevertreter sein muss.“ Er gehe davon aus, dass sich Simmes zurückziehe.

Letztlich geht es in dem Konflikt um die Frage, inwieweit ein Kandidat zur Gemeindevertretung vor der Wahl seinen Beruf oder sogar seinen Arbeitgeber angeben muss. Simmes sieht keinen Konflikt. „Die Menschen haben mich als Person gewählt, und ich habe wahrheitsgemäße Angaben zu meiner Tätigkeit gemacht.“ Sie unterstrich, sie sei Diplomverwaltungswirtin und habe dies vor der Kommunalwahl auch angegeben. Die Verwaltung hätte ihren Arbeitgeber aus Datenschutzgründen niemals nennen dürfen. Sie habe diesen zwar für einen Kita-Antrag aufgeführt, nicht aber für die Kommunalwahl. Sie werde sich auf der nächsten Gemeindevertretersitzung ausführlich erklären.

Fakt ist, dass Carina Simmes für die Kommunalwahl ihren Arbeitgeber tatsächlich nicht angeben musste, sondern eben nur ihren Beruf, wie das Büro des Landeswahlleiters bestätigte. Auch bestehe bei ihr keine Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. „Mitarbeiter von Bundesbehörden dürfen selbstverständlich Gemeindevertreter werden“, so Angelika Behrend von der Landeswahlleitung. Nur Mitarbeiter der Rathäuser dürften nicht für die Gemeindevertretung kandidieren. Auch der BND erlaubt seinen Mitarbeitern, sich lokalpolitisch zu betätigen. Er will sich aber nicht dazu äußern, inwieweit sie über ihren Arbeitgeber sprechen und diesen angeben dürfen.

"Amt für Schadensabwicklung" - eine Phantombehörde

Im Rathaus wird eingeräumt, Carina Simmes habe lange vor der Kommunalwahl in einem Antrag auf einen Kita-Platz für ihr Kind als Arbeitgeber das „Amt für Schadensabwicklung“ angegeben. Dabei handelte es sich um eine Phantombehörde, eine getarnte Außenstelle des BND.

Dass BND-Mitarbeiter mit solchen Angaben in Bedrängnis geraten könnten, war abzusehen: Deshalb hatte BND-Präsident Gerhard Schindler vor einem Dreivierteljahr diese und andere Phantomämter – nach Zeitungsberichten zum Unmut einiger Mitarbeiter – in einer „Transparenzoffensive“ abgeschafft. Und damit auch die Tarnung für deren Mitarbeiter.

In der vergangenen Gemeindevertretersitzung war man noch davon ausgegangen, dass Simmes ihren Arbeitgeber unrechtmäßig verheimlicht hat. Mathias Frey (Linke) kritisierte, dass Simmes zur Wahl nur eine „Beamtentätigkeit“ angegeben habe. Carina Simmes war bei der Kommunalwahl für die Unabhängige Wählergruppe angetreten, die sich später den BVB/Freien Wählern anschloss. Die dreiköpfige Fraktion gilt als umtriebig, sie kritisierte mehrfach heftig die Verwaltung.

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