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Es zählt, was hinten rauskommt: Abwasser-Nachklärbecken im Klärwerk Ruhleben der Berliner Wasserbetriebe.

© imago/Jürgen Heinrich

Bilanz der Berliner Landesunternehmen: 232 Millionen Euro Überschuss – aber Flughäfen mit einer Milliarde Euro Verlust

Die meisten Landesunternehmen kamen gut durch das Corona-Jahr 2020, insbesondere die Berliner Wasserbetriebe. Dennoch steigen bei vielen die Schulden.

Die Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin haben dem Krisenjahr 2020 wirtschaftlich größtenteils Stand gehalten. Trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie erzielten die 55 Betriebe einen Gesamtüberschuss von 232 Millionen Euro. Das geht aus dem Beteiligungsbericht für das Geschäftsjahr 2020 hervor, den der Senat am Dienstag auf Vorlage von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) beschlossen hat.

Allerdings ist der Gesamtüberschuss damit im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren deutlich gesunken. Noch 2019 wiesen die Landesunternehmen einen positiven Saldo von 493 Millionen Euro aus. 2018 lag der Wert bei 701 Millionen Euro.

Ursächlich für den Rückgang sind die durch die Corona-Pandemie ausgelösten hohen Verluste bei einigen Landesbeteiligungen. Zwar stiegen die summierten Gewinne der Unternehmen auf 724 Millionen Euro. Die Gesellschaften mit negativen Zahlen machten jedoch kumulierte Verluste von 492 Millionen Euro. Im Vergleich zu 2019 hat sich dieser Wert dadurch mehr als verfünffacht.

„Wir haben in den Vorjahren deutlich positivere Jahresergebnisse gehabt“, sagte Kollatz. Einige öffentliche Unternehmen seien „durchaus hart getroffen“ worden von der Corona-Krise. „Umso mehr können wir ein Stück weit stolz sein, dass die Zahl der defizitären Unternehmen insgesamt zurückgegangen ist“, sagte er.

Das Land Berlin war im Geschäftsjahr 2020 insgesamt an 55 Unternehmen beteiligt. Davon wiesen sieben laut dem Bericht ein negatives Ergebnis aus. Im Jahr 2019 sind es noch 13 gewesen.

Die Verlustbringer: Flughäfen, Messe, Vivantes

Tiefrot sind die Zahlen vor allem bei der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB). Das Unternehmen – zu je 37 Prozent in Besitz der Länder Berlin und Brandenburg sowie zu 26 Prozent des Bundes – machte im vergangenen Jahr einen Verlust von 1,06 Milliarden Euro. Auf das Land Berlin entfällt davon ein Betrag von 391,4 Millionen Euro. Damit entfällt wie in den Vorjahren ein Großteil der Verluste der Landesunternehmen auf die finanziell angeschlagene Flughafengesellschaft.

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Auch die Messe Berlin machte bedingt durch den Ausfall großer Teile ihres Geschäfts wegen der Pandemie hohe Verluste. Es entstand 2020 ein Minus von 67,1 Millionen Euro für die Gesellschaft. Dritter signifikanter Verlustbringer waren die Vivantes-Kliniken. Vor allem wegen ausgefallener Operationen summierte sich das negative Ergebnis auf 30,5 Millionen Euro.

Berliner Wasserbetriebe und Stadtreinigung im Plus

Umso besser war die Lage bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB). Für das vergangene Jahr weist das Unternehmen einen Gewinn von 281,5 Millionen Euro aus – 90 Millionen mehr als noch 2019. Auch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) erwirtschafteten ein Plus von 29,9 Millionen Euro.

Gut unterwegs: Eine Kehrmaschine der Berliner Stadtreinigung beseitigt Laub am Gendarmenmarkt.
Gut unterwegs: Eine Kehrmaschine der Berliner Stadtreinigung beseitigt Laub am Gendarmenmarkt.

© picture alliance/dpa

Durch die gute Finanzlage waren beide Unternehmen in der Lage, Kredite zurückzuzahlen. Die Wasserbetriebe bauten die Verbindlichkeiten um 92,13 Millionen Euro ab. Die Gesamtschulden der Wasserbetriebe liegen damit immer noch bei 2,99 Milliarden Euro. Bei der BSR sanken die Verbindlichkeiten um 34,26 Millionen Euro. Hier waren zum Jahresende 2020 noch 111,1 Millionen Euro an Krediten offen.

Insgesamt nahmen die Verbindlichkeiten der Landesbeteiligungen jedoch um 2,868 Milliarden Euro stark zu. Ihr Gesamtwert beträgt nun 20,86 Milliarden Euro. Deutlich gestiegen sind die Kredite weiter bei den Wohnungsunternehmen. Enorm ist vor allem der Zuwachs bei der Berlinovo: Die Verbindlichkeiten wuchsen von 6,2 Millionen Euro auf 1,25 Milliarden Euro. Allerdings habe dies rein bilanzielle Gründe, erklärte Kollatz.

Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sieht Berlins Landesbeteiligungen gut durch die Krise kommen.
Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sieht Berlins Landesbeteiligungen gut durch die Krise kommen.

© dpa

So sei mit Beendigung der Neuordnungsvereinbarung mit dem Land zum 1. Januar 2020 die treuhänderisch gehaltenen Fondsbeteiligungen der zusammengebrochenen Berliner Bankengesellschaft samt der Verbindlichkeiten auf die Berlinovo übertragen worden. „Das ist jetzt erstmal eine große Belastung aus dem Landeshaushalt für das Unternehmen. Die Berlinovo ist nun aber in der Lage das Thema wirtschaftlich zu führen und zu beenden“, sagte Kollatz. Als Beweis dient der Jahresabschluss der Berlinovo: Am Ende steht 2020 ein Gewinn von 59,8 Millionen Euro.

Schulden der Wohnungsbaugesellschaften steigen stark

Auch bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist die Kreditsumme weiter rapide gestiegen. Allein bei der Degewo stiegen die Verbindlichkeiten um 502,6 Millionen Euro auf 2,71 Milliarden. Die Gewobag ist nach einem Aufwuchs der Kredite um 313,79 Millionen Euro nun mit 4,53 Milliarden Euro verschuldet.

Finanzsenator Kollatz sieht darin allerdings kein grundsätzliches Problem. Er verwies dabei auf das Plus von 94 Millionen Euro, das die Degewo im vergangenen Jahr erreichte. „Wenn das Unternehmen so ein Ergebnis erzielen kann, baut es Eigenkapital auf und damit wachsen auch die Möglichkeiten, Kredite aufzunehmen. Die Situation ist deshalb insgesamt stimmig“, sagte der Sozialdemokrat. Insgesamt stieg das Eigenkapital der Beteiligungen erneut deutlich auf nun 13,24 Milliarden Euro.

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Die gestiegenen Verbindlichkeiten haben insbesondere mit erneut hohen Investitionen der Landesbeteiligungen zu tun. Diese lagen bei allen 55 Unternehmen zusammen bei 3,63 Milliarden Euro. So investierte die Degewo im vergangenen Jahr 713 Millionen Euro. Bei der Gewobag lag der Wert bei 396 Millionen Euro.

Etwas anders verhält es sich bei der BVG: Das Unternehmen musste neue Kredite im Wert von 226 Millionen Euro neben Investitionen in neue Busse und Grundstücke auch wegen der Folgen der Pandemie aufnehmen. Die Schulden des Unternehmens liegen nun bei 1,03 Milliarden Euro. Als Ausgleich erhält das Unternehmen in den kommenden fünf Jahren insgesamt 144 Millionen Euro Hilfen. 102,5 Millionen Euro davon stammen vom Land. Der Rest soll aus Bundesmitteln fließen.

Land musste in Corona-Pandemie mit Geld aushelfen

Auch andere Unternehmen erhielten in der Corona-Pandemie Hilfen. Das Bild ist dadurch teilweise geschönt. "Wenn sie diese Werte rausrechnen, dann sieht man noch ein bisschen mehr wie die Corona-Betroffenheit der Unternehmen ist", sagte Kollatz.So erhielt beispielsweise die FBB 111 Millionen Euro. An die Charité flossen insgesamt 58 Millionen Euro.

Brauchte Geld: die Universitätsklinik Charité.
Brauchte Geld: die Universitätsklinik Charité.

© Hannes Heine

Auch in diesem Jahr wird es bei Hilfszahlungen bleiben, sagte der Finanzsenator. "Ich verrate kein Geheimnis, dass bei der BVG und S-Bahn noch einige Sachen anstehen." Auch die anderen, bereits 2020 gebeutelten Unternehmen, dürften das laufende Jahr wieder schlecht abschließen, prognostiziert Kollatz. "Die Kandidaten bleiben im Kern die selben. Vom Trend her sollten es weniger werden, da wir uns Schrittweise aus Corona herausarbeiten." Wer als Faustformel bei den Hilfen für 2021 einen ähnlichen Wert wie 2020 annehme, liege jedoch nicht verkehrt, so Kollatz.

Mehrheit der Aufsichtsräte ist weiblich

Neben der Finanzlage erstattete Kollatz auch über weitere Kennwerte der Unternehmen Bericht. So nehmen Frauen bei den öffentlichen Betrieben in diesem Jahr zum fünften Mal in Folge eine Mehrheit der Aufsichtsratsposten ein. Insgesamt liegt ihr Anteil 2021 bei 54,5 Prozent.

Zudem wurde erstmals untersucht, wie das Gehaltsverhältnis zwischen den Geschäftsführungen und den durchschnittlichen Mitarbeiter:innen ist. Die Geschäftsführer:innen oder Vorstandsvorsitzenden verdienen demnach im Durchschnitt 8,5 Mal so viel wie ihre Angestellten. "Das ist im verhältnis zur Privatwirtschaft ein niedriger Wert", sagte Kollatz. Anders als in der freien Wirtschaft würden die Spitzengehälter demnach nicht "weggaloppieren".

Christian Latz

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