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Berlins schlimmster Bahnhof? Finden zumindest einige Menschen. Andere sind sicher: Dazu gehören eigentlich alle auf der Linie U8. 

© Thilo Rückeis

Verwahrlosung und Drogenkonsum am U-Bahnhof Leinestraße: Wo sollen die Menschen denn sonst hin?

Der Bahnhof Leinestraße in Neukölln gilt einigen als schlimmster Bahnhof Berlins. Dabei sind nicht die Drogenkonsument:innen das Problem – sondern die fehlende Infrastruktur. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Madlen Haarbach

Zeit-Online-Kollege Christian Bangel zitierte kürzlich auf Twitter eine kurze Alltagsepisode: „Jemand kommt mir an der U-Bahn-Treppe entgegen und sagt zu seiner Begleitung: This is definitely the worst station in Berlin.“ Und schiebt als Frage hinterher: „Wo bin ich?“ 

Die Frage bewegte das Internet, die Liste der infragekommenden Bahnhöfe war lang. Immer wieder vertreten waren allerdings gleich mehrere Neuköllner Bahnhöfe. Wohl kein anderer Bahnhof wurde häufiger genannt als die Schönleinstraße (die formell auf Kreuzberger Boden liegt, aber ja zumindest von vielen Reuterkiez-Bewohner:innen genutzt wird).

Wir erinnern uns: Der Bahnhof kam einst bei einem Vergleich von Google-Ratings berlinweit auf den letzten Platz. „U-Bahnhof Schönleinstraße: der urbane Vorhof zur Hölle, der Boulevard of broken dreams“, schrieb da ein Nutzer, eine andere betonte: „Wer das Flair eines postapokalyptischen Films genießen möchte, ist hier genau richtig.“ 

Auch das Social-Media-Team der BVG orakelt unter Bangels Tweet: „Wenn wir mittels einer komplexen Formel die Häufigkeit der Nennung und den Ruf der Station vergleichen, dann gewinnt die Schönleinstraße beim Bingo.“

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Auch oft genannt: Die Bahnhöfe Hermannplatz und Hermannstraße. „Auf jeden Fall U8“, sind sich gleich mehrere einig. Tatsächlicher Sieger war dann allerdings ein weiterer Neuköllner U8-Bahnhof: Die Leinestraße

Das Hauptproblem vieler Nutzer:innen hier: die allgemeine Verwahrlosung und Drogenkonsument:innen, die sich in aller Öffentlichkeit einen Schuss setzen. Daran haben auch die Sozialarbeiter:innen des Trägers Fixpunkt bislang wenig ändern können, die immer mal wieder auch die Bahnhöfe abgehen.

[Dieser Text stammt aus dem Neukölln-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Beim Bahnhof Leinestraße kommt hinzu, dass sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem Anita-Berber-Park und dem St. Thomas Friedhof gleich zwei lokale Hotspots der Drogenszene befinden.

Manche Anwohner:innen meiden den Bahnhof ganz

Anwohner:innen schreiben, dass sie den Bahnhof kaum noch nutzen würden: „U Leinestraße wäre meine Heimatstation, ist aber der Grund, dass ich den ÖPNV nicht mehr nutze. Die Zustände dort und in den umliegenden Stationen sind derart unerträglich, dass ich konsequent (wenn nicht Fahrrad) Carsharing oder Taxi nutze. Mensch muss sich das nicht antun“, schreibt etwa Peter Broytman auf Twitter. 

Andere Leser:innen schildern, dass im Bahnhof offen Drogen gehandelt und konsumiert würden, die dazugehörigen Utensilien lägen überall auf dem Boden verteilt.

[Mehr lesen mit Tagesspiegel-Plus: Neukölln bekommt die Lage im Anita-Berber-Park nicht in den Griff]

Was man, bei allem Verständnis für jene, denen die Situation in den Bahnhöfen unangenehm ist, sich aber auch fragen muss: Wo sollen die Obdachlosen und Drogenkonsument:innen denn, gerade im Winter, hin? Einige wenige Anlaufpunkte gibt es zwar in Neukölln, etwa den Drogenkonsumraum in der Karl-Marx-Straße. 

Ein schwer suchtkranker Mensch wird aber kaum rational entscheiden, mehrere hundert Meter weit zu laufen und sich dann, natürlich nur innerhalb der begrenzten Öffnungszeiten, dort den Schuss zu setzen. 

An der Leinestraße war das Drogenkonsummobil im vergangenen Jahr umgezogen, und zwar zum Kotti. Was fehlt also? Eine geeignete Infrastruktur und mehr Sozialarbeiter:innen, um diese Menschen aufzufangen. Eine reine Kriminalisierung oder das Vertreiben vom Bahnsteig wird nicht reichen, das Problem zu lösen.

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