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Jetzt trifft es auch die Mittelschicht

© Imago/Christian Ohde

Steigende Preise bei Gas und Strom: „Das wird Berliner treffen, die bisher keine Hilfe brauchten“

Das Bündnis für Demokratie in Marzahn-Hellersdorf hat eine AG „Soziale Härten“ gegründet. Sie will selbst Unterstützung bieten und Hilfsangebote im Bezirk bündeln.

Von Johanna Treblin

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat die Arbeitsgemeinschaft „Soziale Härten“ gegründet. „Wir haben die Idee zur AG entwickelt, als wir gesehen haben, was durch die Energiekrise auf uns zukommt“, sagte Henny Engels dem Tagesspiegel-Newsletter für Marzahn-Hellersdorf. „Es war klar: Das wird Menschen treffen, die bisher Hilfsangebote nicht annehmen mussten – Menschen der unteren, aber auch der mittleren Mittelschicht.“ Engels ist eine der Sprecherinnen des Bündnisses, das sich aus Akteure aus Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung zusammensetzt und den Bezirk als „Ort der Vielfalt“ stärken will.

Das erste Treffen der AG „Soziale Härten“ war bereits Mitte September. Ziel sei es, die Menschen, die jetzt in Not geraten, aufzufangen, sagt Engels. Strom- und Gaspreisbremse sind im Zuge von Coronapandemie und dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine stark gestiegen. Auch Lebensmittelpreise schnellten in die Höhe.

Um die Menschen zu entlasten, haben sowohl der Bund als auch das Land Berlin mehrere Entlastungspakete auf den Weg gebracht, darunter eine das 49- bzw. 29-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, eine Strom- und Gaspreisbremse und Einmalzahlungen.

Ein Raum an der Marzahner Promenade?

Die AG will einen Raum auf der Marzahner Promenade einrichten, um dort Beratungen anzubieten, Begegnungen zu ermöglichen und Suppe auszuschenken. Ein solcher Raum ist bisher nicht gefunden. Aber: „Wir wollten einfach mal anfangen.“

Deshalb gibt es nun eine kleine kostenlose Bücherstube im Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte der Volkssolidarität auf der Marzahner Promenade 38 und eine Kleiderstange mit kostenlosen Kleidern in der MachBar auf der Marzahner Promenade 37. Eine Sitzecke soll zum Verweilen einladen und Menschen die Möglichkeit geben, in Austausch zu kommen, auch, um zu sehen, dass sie nicht alleine mit ihren Problemen sind.

Alte Liebe. Marzahn zwischen Dorf und Platte.
Alte Liebe. Marzahn zwischen Dorf und Platte.

© Jürgen Ritter/Imago

Im Stadtteilzentrum bzw. beim Integrationsprojekt BENN (Berlin entwickelt neue Nachbarschaften) in der Marzahner Promenade 36 soll es außerdem regelmäßigen Brunch für alle mit warmer Suppe geben. Gekocht wird im Stadtteilzentrum. Dafür wird ein Kiezkühlschrank angeschafft und mit dem Verein Foodsharing zusammengearbeitet. Dessen Ziel ist es, Lebensmittel zu „retten“, die in Supermärkten weggeworfen werden würden, weil das Verfallsdatum näher rückt. Unterstützt wird das Projekt von zwei Sozialarbeiter:innenn vom DRK, die Beratungen zum Thema Energie- und Heizkosten anbieten.

„Wir hoffen, doch noch einen Raum zu bekommen, um alle Angebote zu bündeln“, sagt Engels. Mit der Anfrage ist die Gruppe bereits an städtische Wohnungsgesellschaften herangetreten, die häufig Räume für soziale Anliegen zur Verfügung stellen. Engels verweist aber auch darauf, dass es im Bezirk bereits eine Vielzahl an Hilfsangeboten an unterschiedlichen Standorten gibt. Diese hat die AG bereits zusammengestellt. Das Dokument mit dem Titel „Unterstützungsangebote – Beratungsangebote für Familien, Soziales, Recht, Energie, Miete, Ernährung“ ist prominent auf der Homepage des Bezirksamts platziert. Bis Januar soll es dafür eine eigene Webseite geben.

Noch ein Ziel der AG: „Wir wollen verhindern, dass die Notlage von Rechten ausgenutzt wird, die keine Lösungen haben, aber Stimmung machen.“ Erste Flyer zum Thema von der Neonazi-Partei III. Weg seien bereits aufgetaucht. Insgesamt hat die 2013 gegründete Kleinstpartei gerade mal 600 Mitglieder. Sicherheitskreise halten sie für ein „Sammelbecken für gewaltorientierte Neonazis“, das als solche die NPD ablöse. Im Berliner Osten ist die Partei besonders aktiv.

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