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Es muss nicht immer die Schönhauser Allee sein. Von Pankow aus kommt man auch über den Mauerradeweg und den Pankeradweg in die Stadt.

© Ulrike Scheffer

Raus aus Pankow: Es geht auch ohne Auto und BVG

Die Staus in Pankow nehmen kein Ende. Warum also nicht mal mit dem Rad in die Stadt fahren? Ein Selbstversuch in drei Varianten.

Der Quickie

Wer es morgens eilig hat und möglichst schnell an seinem Arbeitsplatz sein möchte, der wird den direkten Weg von Pankow in die Stadt durch den Prenzlauer Berg bevorzugen. Auf ungeschützten Verkehr sollte man bei dieser Variante allerdings unbedingt verzichten. Die Geschwindigkeit ist hoch, das Gerdränge oft groß. Ohne Helm kann das richtig gefährlich werden. Auf der Berliner Straße geht es morgens noch recht gemächlich zu, spätestens auf der Schönhauser Allee sollte man aber richtig wach sein. Denn hier drängen sich in der Frühe schon viele Radfahrer. Manche strampeln gemütlich auf ihren Transporträdern oder mühen sich mit dem Anhänger ab, um die Kinder in die Kita zu bringen; andere, schon im Anzug, scheinen vor dem Büro noch einen Geschwindigkeitsrekord aufstellen zu wollen. Ihr Aggressionspotenzial ist entsprechend hoch. Kurz: Es wird gerempelt und geschimpft.

Entspannung ist anders: Radfahrer auf der Schönhauser Allee.
Entspannung ist anders: Radfahrer auf der Schönhauser Allee.

© imago

Auf dieser Strecke ist aber auch aus anderen Gründen volle Konzentration gefragt. Abbiegende Autofahrer verlieren in dem Getümmel im Prenzlauer Berg schnell man den Überblick und übersehen dann herannahende Radfahrer. Selbst parkende Pkw sind hier gefährlich, weil kaum ein Autofahrer oder Beifahrer nach hinten schaut, bevor er aussteigt. Plötzlich ragt dann eine Tür auf den Fahrradweg, oder jemand steht mitten drauf. Weiter unten auf der Schönhauser Allee, wo es bergab geht, entspannt sich die Lage. Da sind die sportlichen Fahrer zumindest zeitweise unter sich. Je näher man dem Hackeschen Markt kommt, reihen sich dann immer mehr Touristen mit ihren Fremdenführern in den Strom ein. Die haben es meist gar nicht eilig und können manchmal kaum fahren.

Unter den Linden wird es dann richtig laut und wieder eng. Hier müssen sich Radfahrer den Platz zwischen den vielen Baustellen auch noch mit Bussen teilen. Entspannt kommt hier niemand durch.

Schnell und gut

Glücklicherweise gibt es eine alternative Route, die kaum länger ist, dafür sogar richtig idyllisch. Gleich neben dem Rathaus Pankow gelangt man durch die Schönholzer Straße und die Heynstraße zum Mauerradweg. Ein kurzes Stück geht es noch durch die Maximilianstraße, rechts in die Dolomitenstraße, und dann wird es plötzlich ganz grün. Der ehemalige "Kolonnenweg" der DDR-Grenztruppen wird heute gesäumt von Kirschbäumen. Japan schenkte sie den Deutschen zum ersten Jahrestag des Mauerfalls. Es ist ein wunderbares Gefühl, unter dem Blätterdach durchzufahren. Wie schön muss das erst während der Kirschblüte sein. Am Wegesrand liegen außerdem Kleingärten mit üppiger Blumen- oder auch Zwergenpracht.

Wenn die Bösebrücke erst einmal unterquert ist, wird es wieder etwas städtischer. Zumindest auf einer Seite säumen nun Wohnhäuser den Weg, auf der anderen bleibt der Blick frei für die letzten große Naturbrachen im ehemaligen Grenzgebiet. Über eine Fahrradbrücke gelangt man schließlich hinauf zur Behmstraße und von dort gleich wieder hinunter in den Mauerpark. Vom Trubel des Wochenendes ist hier an Bürotagen nichts zu spüren. Der Park ist morgens menschenleer und noch sehr ruhig.

Der Mauerweg setzt sich im Anschluss über etwas verschlungene Pfade fort. Der Grenzverlauf hatte in dieser Gegend ja einige Windungen, die es heute schwer machen, Ost und West zu definieren. Wer ins Zentrum will, würde hier unnötig viel Zeit verlieren. Deshalb empfiehlt sich, durch die noch verschlafene Oderberger Straße und die Kastanienallee weiterzufahren. Spätestens dort hat einen der Alltag wieder.

Für Genießer

Wer es sich leisten kann oder will, morgens ein bisschen länger unterwegs zu sein, für den könnte auch der Pankeradweg eine Option sein. Der führt durch den wilden Wedding - und das ist ganz ernst gemeint. Abseits der Hauptverkehrsstraßen hat der Wedding überraschend viele Oasen. Entlang der Panke zieht sich eine Art grünes Band, über das man praktisch bis zum Hauptbahnhof gelangt. Los geht's am Treffpunkt von Schulze- und Wilhelm-Kuhr-Straße. Durch die Unterführung der S-Bahn-Strecke in den Westen, dann immer der Panke folgen.

Grüne Wiesen, verschlungene Waldpfade und Kleingärten liegen neben dem Fluss und bilden einen Puffer zu den Wohnhäusern, die manchmal nur aus der Ferne zu sehen sind. Wer hätte gedacht, dass die Rückseite des Wedding so etwas zu bieten hat? Allein die Zahl der Spielplätze auf dem Weg ist verblüffend. Morgens lungern allenfalls ein paar Schulschwänzer hier herum, nachmittags und abends treffen sich Familien verschiedenster Nationalitäten zum Spielen und Diskutieren.

Kleiner Wermutstropfen: Der Fahrfluss wird immer wieder unterbrochen, weil große Straßen den Weg kreuzen. Dann heißt es anhalten, absteigen, an der Ampel oder am Fußgängerüberweg warten. Andererseits hat es auch einen besonderen Reiz, wenn man aus den Tiefen der Natur auftaucht und plötzlich an der Osloer Straße steht. Der Pankeradweg verläuft also in kleinen Etappen. Dank vieler Brücken können Radfahrer und Fußgänger außerdem an vielen Stellen die Seite der Panke wechseln und ihre Route so variieren.

Und nicht nur Natur gibt es zu entdecken. Weiter im Süden liegt auch die ein andere interessante alte Fabrik. Manche sind schon schick saniert, andere verströmen eher einen morbiden Charme. Das Künstlerhaus "Wiesenburg" gehört zu Letzteren. Das Baudenkmal ist inzwischen teilweise einsturzgefährdet, soll demnächst aber saniert werden. Die künstlerischen Graffiti auf der Fassade werden dabei hoffentlich erhalten bleiben. Auch an der Panke selbst, die dort, wo es städtischer wird, in einen Kanal eingebettet ist, haben sich Sprayer mit kleinen und großen Kunstwerken auf der Kanalmauer verewigt.

Irgendwann verschwindet die Panke im Untergrund, und die Radfahrer müssen auf die Straße zurück. Der Endpunkt der Strecke am Übergang von der Müller- zur Chausseestraße ist natürlich kein idealer Ort für den Wiedereinstieg in den Stadtverkehr. Als Verlängerung der Radtour bietet sich daher die Fahrt über den alten Invalidenfriedhof an, den man über die Sellerstraße (bei Bayer abbiegen) erreicht und mit dem Rad durchqueren darf. Neben einer Reihe neuer Townhäuser auf der linken Seite führt ein Weg zum Hintereingang des Friedhofs. Vorn auf der Invalidenstraße angekommen, gibt es dann kein Entrinnen mehr.

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