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Ein Straßenschild mit den Namen "Sansibarstraße" und "Lüderitzstraße" im afrikanischen Viertel in Berlin-Wedding.

© picture alliance / Monika Skolim

Berlin-Mitte: Neue Straßennamen fürs Afrikanische Viertel gefunden

Seit mehr als zehn Jahren wird gestritten, argumentiert, jetzt endlich ist die Lösung nah: Für das Afrikanische Viertel stehen vier neue Namen fest. Bis zur Umsetzung könnte es aber dauern.

Von Laura Hofmann

Nach über zehn Jahren Streit sind neue Straßennamen für das Afrikanische Viertel in Wedding gefunden. Die Bezirksverordneten der drei großen Parteien der Bezirksverordnetenversammlung Mitte (Grüne, SPD und Linke) einigten sich im Kulturausschuss am Mittwochabend auf vier neue Namensgeber für die Petersallee, die Lüderitzstraße und den Nachtigalplatz.

"Das Afrikanische Viertel glorifiziert immer noch den Kolonialismus und seine Verbrechen. Das ist mit unserem Demokratieverständnis nicht zu vereinbaren und beschädigt dauerhaft das Ansehen der Stadt Berlin", heißt es in der Begründung des Antrags. CDU, FDP und AfD votierten gegen den Antrag, der kommende Woche Donnerstag in der Bezirksverordnetenversammlung final abgestimmt wird. Da Grüne, SPD und Linke zusammen die Mehrheit der Stimmen haben, gilt als sicher, dass er angenommen wird.

Es sind vier neue Straßennamen, weil die Petersallee künftig am Nachtigalplatz geteilt werden soll. Der hintere Abschnitt bis zur Windhuker Straße soll dann Maji-Maji-Allee heißen, der vordere Teil hin zur Müllerstraße nach Anna Mungunda benannt werden. Die Lüderitzstraße soll zur Cornelius-Frederiks-Straße werden. Als neuer Namenspate für den Nachtigall-Platz ist die Familie Bell vorgesehen. „Durch die Aufsplittung einer Straße in zwei Straßen, nur um einen gemeinsamen grün-rot-roten-Antrag zu bekommen, wird das Verfahren lächerlich“, kritisierte Felix Hemmer, Fraktionsvorsitzender der FDP in der Bezirksverordnetenversammlung die Entscheidung.

Der Name Maji-Maji leitet sich vom Schlachtruf ab

Mit dem Namen Maji-Maji soll an den in Deutschland bisher weitgehend unbekannten größten Befreiungskampf der deutschen Kolonialzeit - den sogenannten Maji-Maji-Aufstand (1905-1907) in „Deutsch-Ostafrika“ - erinnert werden. Der Name Maji-Maji leitet sich vom Schlachtruf ab, den die einheimische Bevölkerung gegen die deutsche Zwangsherrschaft benutzte. Das Wort Maji steht für einen Wasserzauber.

Anna Mungunda (1932-1959) war Herero und gilt als erste Frau in Namibia, welche die Unabhängigkeitsbewegung unterstützte. Während einer Demonstration gegen die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung wurde Mungunda am 9. Dezember 1959 von der Polizei erschossen. Der 9. Dezember ist heute der namibische Frauentag.

Cornelius Frederiks (gestorben 1907) führte den Widerstandskrieg der Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutige Namibia, an. Rudolf Douala Manga Bell (1873-1914) war König der Douala im heutigen Kamerun. Er setzte sich nach anfänglicher Kooperation mit deutschen Kolonialautoritäten gegen deren Landenteignungspolitik zur Wehr und wurde deswegen hingerichtet. Seine Frau Emily Douala Manga Bell (1881-1936) war ebenfalls eine Antikolonial-Aktivistin und kämpfte erbittert gegen die Hinrichtung ihres Mannes. 

Die Namen gehen aus wissenschaftlichen Empfehlungen hervor, welche die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung eingeholt hatten. Wissenschaftler hatten sich auf Basis der Vorschläge aus der Bevölkerung für jeweils drei Personen als Namensgeber ausgesprochen. Zuvor war im Juni 2017 ein Juryverfahren für beendet erklärt worden, nachdem einer von sechs Namensvorschlägen auf heftige Kritik stieß: Die afrikanische Königin Nzinga von Matamba (1583-1663) soll im 17. Jahrhundert im heutigen Angola mit den Portugiesen zusammengearbeitet und Zehntausende ihrer Landsleute als Sklaven an die Holländer verkauft haben.

Daraufhin ruderte die zuständige Bezirksstadträtin Sabine Weißler (Grüne) zurück – was einige der schwarzen Jurymitglieder vor den Kopf stieß. Sie kritisierten, dass nun statt einer mehrheitlich Schwarzen Jury doch mehrheitlich weiße Wissenschaftler zu den Namensvorschlägen befragt wurden. Die Bezirksverordnetenversammlung hatte schon vor über zwei Jahren beschlossen, die drei Straßennamen zu ändern. Bis die Umbenennung der Straßen tatsächlich erfolgt, könnte es allerdings noch dauern – auch weil eventuell Anwohner dagegen klagen werden.

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