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Donnerstags ist Öko-Markt am Kollwitzplatz, und sonnabends lockt der Wochenmarkt die Kunden an. Das Foto stammt aus dem Jahr 2011.

© Jakob Hauser

„Berlins größte Corona-Party“?: Kritik an Verstößen auf Wochenmarkt am Kollwitzplatz

Auf Berlins Wochenmärkten gilt Maskenpflicht – an Imbissbuden wird sie häufig gebrochen. Pankows Ordnungsamt sagt, solche „Grenzüberschreitungen“ müsse man hinnehmen.

Von Christian Hönicke

"Corona-Fressmeilen" statt "Glühwein-Pulks"? Während der Lockdown verlängert und weiter verschärft wird, herrscht auf den Wochenmärkten weiterhin buntes Treiben. Das freut nicht jeden. Ein Anwohner des Kollwitzplatzes zeigt sich "erschrocken" über die Zustände auf dem Wochenmarkt. Andreas Riemers kritisiert, der Markt sei "eine von Berlins mutmaßlich größten 'Corona-Partys'". Menschen würden sich dort dicht an dicht aufhalten, die Maskenpflicht würde fortwährend verletzt. Für Anwohnende sei "der samstägliche Markttrubel ein wöchentlicher Spießrutenlauf".

Die Wochenmärkte unter freiem Himmel sind weiterhin geöffnet, weil sie laut Pandemie-Verordnung der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung dienen. Doch viele Besucherinnen und Besucher nutzen die Märkte offenbar nicht für ihren Lebensmitteleinkauf, sondern als eine Art Draußen-Restaurant. Eine Vielzahl der Stände bietet weiterhin zubereitetes Essen an. Zwar sind Tische und Sitzmöglichkeiten verboten und der Vor-Ort-Verzehr ist nicht erlaubt.

In der Praxis jedoch finden viele einen Weg, das zu umgehen, so dass sich trotz Lockdown Grauzonen-"Fressmeilen" entwickelt haben - analog zu den inzwischen verschwundenen "Glühwein-Pulks" in Prenzlauer Berg. Das betrifft nicht nur den Markt auf dem Kollwitzplatz, sondern auch andere Wochenmärkte wie den am Helmholtzplatz oder am Arnimplatz. Kunden des Marktes am Arnswalder Platz versammeln sich dafür laut Beobachtern gern in Grüppchen auf den Bürgersteig außerhalb des Geländes oder nutzen den angrenzenden Spielplatz, während ihre Kinder dort herumtoben.

Der bekannte Markt auf dem Kollwitzplatz sei dabei weiterhin äußerst belebt, so Riemers. Er sei "entsetzt, dass das Ordnungsamt Pankow weiterhin Stände zulässt, die ausschließlich Speisen zum sofortigen Verzehr verkaufen", beispielsweise Currywurst. "Diese Speisen werden nach Kauf häufig inmitten des Marktrubels verzehrt, wobei die Maskenpflicht verletzt wird."

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Zuständig für die Kontrollen ist das Ordnungsamt. Pankows Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (für AfD) gibt zu, dass es gerade zum Kollwitzmarkt schon einige Beschwerden gegeben hat. "Seit der Verschärfung im November kriegen wir permanent diese Beschwerden über die Verletzung der Maskenpflicht", erklärt Krüger. Das betreffe nicht nur die Wochen-, sondern auch Supermärkte: "Es erregen sich Menschen über Verkäufer, die auf dem Gang essen."

Die Wochenmärkte würden regelmäßig kontrolliert, aber "wir können die nicht dauerhaft observieren", so Krüger. Insbesondere mit dem Kollwitzmarkt stehe man in regelmäßigem Kontakt. Die Marktbetreiber müssten dabei sicherstellen, dass die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes eingehalten werden. Das Sortiment müsse zu mehr als 50 Prozent aus Waren des notwendigen Bedarfs bestehen.

Leider gebe es Grauzonen, die teilweise sogar vom Senat ausgeweitet würden. "Da geht es um Fragen wie: Dürfen Filzlatschen als notwendiger Bedarf verkauft werden oder nicht?" Marktbetreiber würden dabei in Einzelfällen auch Zettel mit Senats-Erlaubnissen präsentieren. "Darauf stehen dann Nebenabsprachen mit der Senatswirtschaftsverwaltung, die ist in vielen Fällen liberaler", so Krüger. Die uneinheitliche Linie des Senats versetze das Ordnungsamt in eine unangenehme Lage: "Das ist schon kritikwürdig."

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Aber jetzt mal Butter auf die Stulle: Darf man nun auf dem Wochenmarkt essen oder nicht? Krügers klare Antwort: Nein. "Auf Wochenmärkten gilt zu jeder Zeit und für alle Maskenpflicht." Lebensmittel müssten verpackt verkauft werden, nicht zum sofortigen Verkehr. Imbissstände seien nicht per se verboten, sie dürften aber nur am Rande des Markts stehen, damit dann außerhalb des Markts gegessen werden könne. Krüger: "Für die Standaufteilung sind die Marktbetreiber zuständig."

Ganz verhindern lasse sich das illegale Freiluftfuttern aber ohnehin nicht, sagt Krüger. Das gehe nur, wenn man alle Märkte schließen würden, "dann passiert so etwas nicht". Wenn man in Berlin aber Wochenmärkte genehmige, müsse man diese "Grenzüberschreitungen" hinnehmen. Krügers Rat an alle Marktkritiker: "Wenn jemand meint, das sei ihm zu gefährlich, dann möge er den Markt nicht besuchen." Das findet Anwohner Riemers "bemerkenswert, da ich den Markt ja gar nicht besuche, sondern ihn lediglich passiere, was sich nicht vermeiden lässt".

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