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Naturschutz oder Wohnungsbau? Das ist oft die Frage in Berlin.

© Imago / Bernd Friedel

Kahlschlag in Berliner Kiezen: Bürger schreiben Brandbrief an Bausenator Andreas Geisel

In vielen Kiezen entstehen neue Wohnungen – auf Grünflächen. Anwohner fühlen sich übergangen von der Politik. Drei Bürgerinitiativen haben deshalb einen Brandbrief formuliert.

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Das Berliner Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung, das die Erhaltung grüner Innenhöfe zum Ziel hat, hat sich erneut in einem Brandbrief an Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) gewandt.

„Überall entmündigen Sie und Ihre Senatsverwaltung die Bezirksverordnetenversammlungen und kompetente lokale Akteure, negieren deren Entscheidungen und ziehen strittige Vorhaben an sich“, heißt es in dem Brief. „So kann kein Vertrauen und kein, wie Sie es einmal nannten, gemeinsames Gelingen entstehen. Im Gegenteil, die Menschen sind verbittert.“

Im Folgenden skizziert das Bündnis, was es sich von Geisel erhofft: „Wir wollen demokratische, soziale und klimagerechte Lösungen anstreben. Wir wollen Höfe, die atmen und kühlen und Schwämme sind. Wir brauchen keine Backhöfe, wie Sie sie bauen wollen. Wir wollen als Bürger mitreden.“

Überall entmündigen Sie die Bezirkspolitik und lokale Akteure.

Bürgerinitiativen aus drei Berliner Bezirken

Geisel solle endlich in einen Dialog mit dem Bündnis eintreten. „Unser Bündnis vertritt 10.000 Menschen. Wir erwarten, dass ein Senator ein Anliegen von so vielen Menschen respektiert und erwidert.“ Unterzeichnet ist der Brief von der Bürgerinitiativen „Rettet den Ilse-Kiez“ (Karlshorst), „Grüne Höfe Hellersdorf Süd“ und „Grünes Marienfelde“.

Bäume sollen in Hellersdorf, Lichtenberg und Tempelhof-Schöneberg fallen

In Hellersdorf Süd sollen etwa zwei Innenhöfe bebaut werden. In der Bodo-Uhse-Straße 8/10 und Lily-Braun-Straße 13/15 sind neue Wohnungen geplant. Viele Anwohnende lehnen das ab: Weil sie die Grünoasen vor der Tür schätzen, dort Bäume gefällt werden müssten, sie sich um das Klima sorgen und mangelnde Infrastruktur ankreiden.

Mit etwa 200 Wohnungen soll der Ilse-Kiez im Lichtenberger Ortsteil Karlshorst verdichtet werden. Auch hier gibt es ausgedehnte Grünflächen zwischen Mehrfamilienhäusern aus DDR-Zeiten. Bauherrin ist die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge.

Der Bezirk hatte 2019 eigentlich einen Bebauungsplan aufgestellt, um die Höfe zu erhalten und sich auf 70 neue Wohnungen festgelegt, die überwiegend durch Aufstockungen entstehen sollten. Doch der Senat kassierte den Plan - angeblich wegen Fehlern des Bezirks.

An der Beyrodtstraße in Marienfelde will die Degewo im kommenden Jahr ein Gebäude mit 25 Wohnungen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Häusern aus den 1950er Jahren errichten. Zum Teil 60 Jahre alte Bäume müssten dafür fallen. Der Bezirk hatte das Projekt abgelehnt, wurde aber von Andreas Geisels Senatsverwaltung für Stadtentwicklung überstimmt.

In ihrem Brief weisen die Unterzeichner darauf hin, wie wichtig Stadtgrün ihrer Meinung sei und wer einst Vorkämpferin dafür war – die SPD. „Die Berliner Sozialdemokratie hat in den 1920er Jahren mit dem Fluch der größten Mietskasernenstadt der Welt gebrochen und Wohnsiedlungen mit großen grünen Innenhöfen gebaut“, so heißt es in dem Schreiben.“ Einhundert Jahre später kehren Sie zum Dogma des grauen Betons zurück. Deswegen zitieren wir Sie, Herr Geisel, noch einmal gerne: „Resiliente Städte stellen die Menschen in den Mittelpunkt. Ihr Wohl ist die Richtschnur unseres Handelns. Denn eine Stadt ist nur so stark wie ihre Bewohner.“

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