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Als ausgewiesene Spion:innen müssen die Zuschauer:innen mit den Schauspieler:innen interagieren.

© Borgtheater/ L. Ramsey

Interaktives Theater „Abteilung Verkehr“: Als Westspion in Ostberlin

Das Borgtheater inszenierte in der ehemaligen SED-Fahrbereitschaft in Berlin-Lichtenberg ein immersives Kammerspiel. Zuschauer:innen werden zu Doppelagent:innen.

Wir müssen die Kontaktperson „Britta“ treffen. Unerwartet begegnet sie uns auf dem Gelände der ehemaligen SED-Fahrbereitschaft und flüstert „unauffällig folgen“ in ihren langen, dunklen Mantel. Wir folgen Britta, leise kichernd und die letzten Schlucke des Bieres leerend.

Unsere Kontaktperson führt uns in einen Hauseingang und erwartet, dass wir uns Decknamen ausdenken. Meine Begleiter:innen sowie die drei anderen Zuschauer:innen, die unserer Gruppe zugeteilt wurden, werden zu beispielsweise „Melanie Müller“, „Peter Immerbereit“ oder „Albrecht Trinkbereit“.

Wir sind die ersten Gäste, die den immersiven Parcours „Abteilung Verkehr“ des „Borgtheaters“ in der Fahrbereitschaft in der Herzbergstraße 40 absolvieren. Mithilfe einer App erleben wir auf dem Gelände eine Zeitreise in die ehemalige Abteilung der Staatssicherheit der DDR.

Die Zuschauer:innen werden als Spion:innen geschult.

© Borgtheater/ L. Ramsey

Wir sind Westagent:innen und werden für den Einsatz im Osten vorbereitet. Noch müssen wir kichern, aber die Schauspielerin bleibt eisig und beharrt als „Britta“ darauf, dass wir uns jetzt wirklich zu konzentrieren haben – bloß nicht auffällig werden, unsere Legenden müssen stimmen und wir müssen konspirativ arbeiten.

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Wir werden von der App von Raum zu Raum geleitet, in denen uns Schauspieler:innen erwarten. Sie haben einen festen Text und improvisieren – Interaktion ist gefragt. Wer konspirativ handelt, bekommt rote Punkte auf die Jacke geklebt. „Vorwärts immer“, sagt ein Schauspieler und erwartet, dass wir den Honecker-Satz mit „rückwärts nimmer“ vollenden.

Außerdem sprechen wir uns ab jetzt nur noch mit „Genossin“ und „Genosse“ an. So grüßen wir auch die anderen Gruppen, die an diesem Freitagabend über das Gelände der Fahrbereitschaft laufen.

Das wohl einzigartige Theaterstück fand vorerst nur an einem Wochenende statt und war restlos ausverkauft – rund 100 Personen kamen in den Genuss. Während des Performing Arts Festivals soll es am 1. bis 3. Juni erneut stattfinden.

Auf dem Gelände der Fahrbereitschaft existiert noch die ehemalige Bar, an der die SED-Obersten gesessen haben: rote Barhocker an einer Holztheke, auf der nun wir Platz nehmen. Die Bedienung, brillant dargestellt von der Schauspielerin Charlotte Alten, erzählt von ihrer Liebe zu Holger aus dem Westen und schenkt zwei Runden Wodka aus.

Auf dem Gelände der ehemaligen SED-Fahrbereitschaft existiert noch eine gute erhaltene Bar aus DDR-Zeit.

© Borgtheater

Es hat nicht nur großen Spaß gemacht – es war auch informativ und lehrreich. Teilweise zudem verwirrend: SED, KPD, DKP und Co.: Nicht jede:r hat die Geschichte aus dem Stand präsent. Der Wirtschaftskrimi, den wir an diesem Freitag erleben, ist für uns an der ein oder anderen Stelle etwas konfus, wenn man nicht genau aufpasst. Am Ende waren wir Doppelagent:innen, ohne es wirklich zu merken. Die Schauspieler:innen gehen in ihren Rollen auf.

Ein durchaus lohnenswertes Stück über DDR-Geschichte am Ort der Geschichte. Regisseur Rolf Kasteleiner sitzt ebenfalls in seiner Rolle an der Bar und spielt mit. Als Agentengruppe ist es unsere Aufgabe, heimlich Fotos vom Interieur anzufertigen, während wir den Barmann ablenken, ihn am besten in ein Gespräch verwickeln müssen. Auftrag ausgeführt, Genossinnen und Genossen.

Dieser Text ist aus dem Tagesspiegel-Newsletter für den Bezirk Lichtenberg, hier einige Themen dieser Woche:

  • CDU, SPD und Grüne haben Vertrag unterschrieben: „Kenia“-Zählgemeinschaft beschlossen
  • Foto-Ausstellung „Orte der Friedlichen Revolution außerhalb des S-Bahnrings“
  • Großprojekt „Spreeküste“: Entsteht hier eine „Geisterstadt“?
  • Ukraine-Helfer:innen wird gedankt
  • Barrierefreiheit für Wanderwege
  • Warum keine temporäre Spielstraße einrichten? Neues zum Wegfall des Bolzplatzes am Nöldnerplatz
  • SPD-Fraktion spendet Sitzungsgelder
  • Senior:innen-Uni
  • Tierheim-Trödel

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