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Die Autorin Heidrun Horlacher sitzt für die Grünen in der BVV Steglitz-Zehlendorf und ist Kreisvorsitzende ihrer Partei.

© promo

Steglitz-Zehlendorf: Warum Grüne wählen?: "Grüne haben als Erste die Mietbremse beantragt"

Die Grünen wollen eine, wie sie sagen, "maßvolle Steuererhöhung", und hoffen im bürgerlichen Steglitz-Zehlendorf trotzdem "für überzeugende Argumente" Stimmen zu bekommen. In unserer hyperlokalen Wahlkampf-Arena schreiben die Grünen, was sie noch vorhaben.

Im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf bilden Bündnis 90/Die Grünen eine erfolgreiche Zählgemeinschaft mit der CDU. Bei der Bundestagswahl fordern sie die Konservativen jedoch heraus. Bürgerbeteiligung, Familienpolitik, Energiewende, bezahlbare Mieten - mit diesen Themen wollen die Grünen im Südwesten Berlins gegen die CDU punkten und zweitstärkste Kraft werden.

Steglitz-Zehlendorf gilt als wohlhabender Berliner Bezirk. Aber auch hier ist der ständige Geldmangel spürbar. Schulen haben einen enormen Investitionsrückstand, Straßen sind in einigen Teilen des Bezirkes zur Gefahrenzone geworden, auch für die Pflege des öffentlichen Grüns ist bei aller Anstrengung nicht genügend Geld vorhanden. Deshalb wollen wir für die starken Schultern in unserer Gesellschaft eine maßvolle Steuererhöhung.

Die Steuerpläne der grünen Bundespartei sind durch mehrere Faktenchecks gelaufen - beim ZDF, bei Zeit-Online. Selbst das Institut für soziale Marktwirtschaft bestätigt: 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden entlastet, nur rund 10 Prozent zahlen mehr. Mit den Mehreinnahmen wollen wir vor allem in Kitas, Schulen, Hochschulen und in die Energiewende investieren. Gerade im bürgerlichen Südwesten Berlins halten wir diese Zukunftsinvestitionen für überzeugende Argumente für grüne Stimmen. Denn von Chancen zur individuellen Entwicklung, sozialem Frieden und einer intakten Umwelt profitieren alle.

Das gilt auch für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes und in besonderem Maße für die in unserem Bezirk, die uns sehr wichtig ist. Denn Steglitz-Zehlendorf soll eine wirtschaftliche Zukunftsregion mit einem Technologie- und Gründungszentrum werden. Dazu benötigen wir gut ausgebildete Menschen und gut ausgestattete Bildungseinrichtungen. So entstehen neue Arbeitsplätze, davon werden auch Bezahlung und Arbeitsbedingungen profitieren.

Was uns besonders von der Merkel-CDU unterscheidet? Wir sagen  klar, wofür wir Geld ausgeben wollen - aber auch, wie wir unsere Versprechen finanzieren werden. Wir halten das für  solide und berechenbar. Kanzlerin Merkel dagegen verspricht Wahlgeschenke im Wert von 30 Milliarden Euro und verrät nicht, woher das Geld kommen soll. Glaubwürdig? Tatsächlich sind unter Bundeskanzlerin Merkel die Staatsschulden um 25 Prozent gestiegen - um 500 Milliarden Euro! Dabei sind mögliche Risiken der Eurorettung noch nicht berücksichtigt.

Besonders deutlich wird der Unterschied beim Thema Kinderbetreuung. Merkel hat das Betreuungsgeld durchgesetzt. 1,2 Milliarden Euro kostet es pro Jahr. Wir Grünen wollen das Geld lieber für 120 000 neue Kitaplätze, die damit in ganz Deutschland entstehen könnten. Unser Ziel: Zusammen mit Ganztagsschulen sollen Kinder bessere Bildungschancen und Frauen bessere berufliche Perspektiven erhalten und Familien entlastet werden. Im familienreichen Steglitz-Zehlendorf besuchen heute schon über 90 Prozent der Kinder vor der Einschulung eine Kita. Dagegen haben gerade mal 20 Eltern das Betreuungsgeld beantragt. Soviel zum Nutzen des Milliardengeschenks von Merkel für unseren Bezirk.

Nicht nur für Familien auch für ältere Menschen sind die rasant steigenden Mieten zunehmend ein großes Problem. Selbst in der Stadtrandsiedlung "Thermometersiedlung" sind Preissteigerungen von 15 bis 20 Prozent bei Neuvermietungen keine Seltenheit mehr. Die CDU hat dieses Thema komplett verschlafen. Erst spät entdeckte sie die Mietenbremse für sich - um sie kurz darauf im Bundestag in Rausch und Bogen abzulehnen. "Von der SPD gute Ideen übernehmen", sagte die Kanzlerin dazu, und vergaß zu erwähnen, dass die Grünen als erste Partei die Mietenbremse im Jahr 2011 beantragt hatten.

Auf Bezirksebene sind wir uns beim Thema Bürgerbeteiligung mit der CDU durchaus nahe. Im Bezirk mit der höchsten Wahlbeteiligung und einer enorm aktiven Bürgerschaft ist das verständlich. Gemeinsam mit der CDU setzten wir die Anwohnerbefragung zur Umbenennung der Treitschkestraße durch. Ein mutiges Experiment, dessen Ausgang wir akzeptieren - auch wenn wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht hätten. Obwohl direkte Demokratie im Bezirk funktioniert, verhindert die CDU auf Bundesebene seit 30 Jahren den Volksentscheid. Auch das ist ein Thema, bei dem wir gegen die Konservativen punkten wollen.

Wie bei der verbindlichen Bürgerbeteiligung spricht die CDU auch beim Thema Fluglärm mit gespaltener Zunge. Im Bezirk wettert sie gegen Flugrouten - und im Bundestag stimmt sie gegen besseren Lärmschutz, gegen ein Nachtflugverbot und gegen bessere Beteiligungsrechte von Anwohnerinnen und Anwohnern. Auch wenn aktuell die Flughafeneröffnung in weiter Ferne scheint - Fluglärm und seine Vermeidung beschäftigt die Menschen in Steglitz-Zehlendorf.

Bei all diesen Themen, die für den Berliner Südwesten auf Bundesebene wichtig sind, stehen wir mit der CDU im entschiedenen Widerspruch. Während bei der CDU das "Weiter-So" viel zu oft im Vordergrund steht, zeigen wir gerade bei der Klimaveränderung oder der  zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich Mut zum Handeln. Davon wollen wir die Wählerinnen und Wähler überzeugen. Für die Zukunft  unseres Landes.

Die Autorin, Diplom-Agraringenieurin, ist seit 2010 Mitglied der Grünen, seit 2011 ist sie in der BVV-Fraktion und seit 2012 Grünen-Kreisvorsitzende in Steglitz-Zehlendorf. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Heidrun Horlacher

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