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Engagiert – und zunehmend ungeduldig. Reinhard Baumgarten, Leiter des Regionalmanagements Berlin Südwest, am geplanten Technologie- und Gründungszentrum in Dahlem.

© Anett Kirchner

Berlin-Zehlendorf: Gründer in der Warteschleife

Im einstigen Militärkrankenhaus an der Dahlemer Fabeckstraße soll ein Technologie- und Gründungszentrum entstehen, vor allem für Start-Ups aus der Freien Universität. Doch der Regionalmanager beklagt fehlenden Mut zu schnellen Entscheidungen. Die Pläne kommen nur schleppend voran.

Hinter dem Vorhang eines früheren Patientenzimmers hängt noch eine leere Infusionsflasche. Es riecht nach Desinfektionsmitteln; typisch Krankenhaus. Dabei wurde im 1970er-Jahre-Bau an der Fabeckstraße 62 in Dahlem schon seit 2006 niemand mehr behandelt. Das ehemalige US-Militärkrankenhaus, später Charité, liegt im Dämmerschlaf. Darüber ärgern sich speziell die, die hier ein Technologie- und Gründungszentrum (TGZ) für den Berliner Südwesten aufbauen wollen. Doch erst einmal muss die Grundstücksfrage geklärt werden.

Im vorigen Dezember hatte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beschlossen, das rund fünf Hektar große Gelände aus dem Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds an die landeseigene Wista Management GmbH zu übertragen. Dass dann nichts geschah, berichtete der Tagesspiegel bereits im Januar und im Februar. Jetzt verlieren einige Beteiligte die Geduld.

„Uns drängt sich der Gedanke auf, dass in der Senatsverwaltung der Mut für schnelle Entscheidungen fehlt“, sagt Reinhard Baumgarten, Leiter des Regionalmanagements Berlin Südwest. Er habe auf eine Entscheidung vor der Sommerpause gehofft.

Ein Schritt nach vorn sei immerhin, dass der Aufsichtsrat der Wista kürzlich die Geschäftsführung ermächtigt habe, „alle Maßnahmen zur vorfinanzierten Durchführung von Planungsleistungen“ zu ergreifen. Damit sei die Wista „jetzt federführend für alle Planungen des Umbaus“.

Die Senatsfinanzverwaltung legte dem Hauptausschuss Mitte Juni einen Zwischenbericht vor. Darin heißt es, insbesondere die Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit müssten noch belegt werden. „Das wundert uns, denn wir haben die Wirtschaftlichkeit bereits drei Mal nachgewiesen, sämtliche Unterlagen liegen seit langer Zeit in der Senatsverwaltung“, sagt Baumgarten.

Laut Jens Metzger, Sprecher der Finanzverwaltung, wird die Wirtschaftlichkeit zurzeit von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung berechnet – auch wegen der beabsichtigten Förderung mit Geldern zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW-Mittel). In Dahlem werde mit einem Fördersatz von bis zu 90 Prozent gerechnet.

Ein Teil des Geländes wird möglicherweise verkauft

Zudem prüfe die Finanzverwaltung, ob Teilgrundstücke abgetrennt und an private Investoren verkauft werden können. Andernfalls betrage der Einnahmeverlust insgesamt rund 9,4 Millionen Euro.

„Wenn das Gelände verkleinert wird, kann das Zentrum nicht wirtschaftlich betrieben werden“, widerspricht Gerhard Raetz von der Innovations-Zentrum Berlin Management GmbH (IZBM). Diese ist ein Wista-Tochterunternehmen und betreut auch andere Gründerzentren in Berlin. Werde der Standort auf das frühere Krankenhaus beschränkt, gebe es keine Entwicklungsperspektiven und keine Flexibilität, betont Raetz.

Auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung befürworte „die Entwicklung und Vermarktung des Grundstücks aus einer Hand“, sagt Sprecherin Claudia Hamboch. Derzeit würden die Schritte für die Grundstücksübertragung zwischen den Verantwortlichen abgestimmt und abgearbeitet.

Ohne geeignete Räume bleiben Start-Ups nicht im Bezirk

Reinhard Baumgarten macht sich jedoch Sorgen, dass zuviel Zeit vergeht: „Wenn die Gründerfirmen keine geeigneten Räume finden, verlassen sie Zehlendorf.“ Auch Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) wünscht sich, dass die jungen Unternehmer hier bleiben. Er findet es „absurd, dass es so schwer sein soll, ein Grundstück von einem landeseigenen Betrieb zu einen anderen landeseigenen Betrieb zu übertragen“.   

Mit dem Technologie- und Gründungszentrum sollen 700 Arbeitsplätze für Firmen-Ausgründungen, vor allem aus der Freien Universität, geschaffen werden. Seit 1998 haben sich laut einer Studie des Regionalmanagement 150 Unternehmen aus Forschungseinrichtungen im Bezirk ausgegründet, 70 Prozent davon aus der FU.

Das ehemalige Krankenhaus mit seiner Gebäudestruktur eigne sich ideal dafür, sagt Gerhard Raetz. Auf rund 11 000 Quadratmetern könnten Arbeitsräume und Labore entstehen. Dabei sei auch eine energetische Sanierung nötig.

Der Umbau könnte 2015 beginnen

Der Umbau würde etwa 45 Millionen Euro kosten, der Baubeginn wäre 2015 möglich. Ein Vorteil sei die Nähe zu Forschungseinrichtungen wie dem Max-Planck-Institut, der Bundesanstalt für Materialforschung und der FU.

Zwei Startup-Unternehmen haben bereits provisorische Büros und Labore in der oberen Etage. Erdmann Technologies, gegründet vom emeritierten FU-Biochemiker Volker Erdmann, entwickelt sogenannte Spiegelzyme, die unter anderem Tumorzellen zerstören können. Die Firma Alacris Theranostics ist eine Ausgründung aus dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik und entwickelt neue Verfahren für Krebspatienten in der personalisierten Medizin – eine Art virtuelles Patientenmodell.

„Wir sind glücklich, dass unsere Firma hier im Berliner Südwesten ihren Standort hat“, sagt Alacris-Mitgesellschafter Alexander Kühn. In fünf Minuten sei er mit dem Fahrrad beim Max-Planck-Institut, mit dem man eng zusammenarbeite. Außerdem sei die Suche nach Mitarbeitern in Berlin leicht. Die Stadt sei „ein Magnet für erfahrene junge Leute im Bereich der Bioinformatik und Biotechnologie“.

Die Autorin ist freie Journalistin und schreibt unter anderem für die Evangelische Wochenzeitung "dieKirche". Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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