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Das Rathaus Schöneberg am John-F.-Kennedy-Platz 1 im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg.

© IMAGO/Massimo Rodari/IMAGO/Massimo Rodari

Farbenspiele: Wie es nach der Wahl in den Berliner Bezirken weitergeht

Fünf Wochen nach der Wiederholungswahl kristallisiert sich allmählich heraus, welche neue oder vielleicht auch alte Konstellationen es in den Bezirksrathäusern geben wird.

| Update:

Wo steht nach der Wiederholungswahl vom Februar in den zwölf Bezirken ein Machtwechsel an – und wo nicht? Ein Zwischenbericht zu möglichen neuen Konstellationen und Postenbesetzungen.

Charlottenburg-Wilmersdorf

Wer in der Charlottenburg-Wilmersdorfer Bezirkspolitik künftig wahrscheinlich den Ton angibt, zeigt eine Richtungsentscheidung aus der vergangenen Woche: Die Grünen beschlossen in einer Kreismitgliederversammlung, mit der CDU über eine Zählgemeinschaft in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu verhandeln. Mit 30,7 Prozent der Stimmen ist die CDU bei der Wiederholungswahl am 12. Februar zur stärksten Kraft geworden.

Zusammen mit den Grünen kann sie in der BVV eine Mehrheit von 32 der 55 Sitze erreichen. Die grüne Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch konnte dem Tagesspiegel noch nicht sagen, ob sie im Amt bleibt. Dies werde sich erst aus den „nächsten Entscheidungen und damit verbundenen Verhandlungen“ ergeben. Die bisherige Zählgemeinschaft der Grünen und der SPD hat ihre BVV-Mehrheit verloren und hätte nur mit Unterstützung der Linksfraktion weitermachen können. Cay Dobberke

Friedrichshain-Kreuzberg

Nach der Wahl 2021 bildeten Grüne und SPD eine Zählgemeinschaft – ganz entgegen der Tradition, sich mit den Linken zusammenzutun. Nach der Wiederholungswahl blieb die Rangordnung in der BVV mit kleinen Verschiebungen gleich (Grüne 21 Sitze, Linke 12, SPD 8), aber die CDU holte stark auf (8 Sitze).

Eine Verkündung, das grün-rote Bündnis weiterzuführen, gab es bisher nicht. Tatsächlich würde auch nicht bezüglich einer Zählgemeinschaft verhandelt, teilt Pascal Striebel, Grünen-Fraktionsvorsitzender, mit.

Es bestünde keine Notwendigkeit, da Clara Herrmann (Grüne) Bürgermeisterin bleibt sowie auch fünf der sechs Bezirksamtsmitglieder. Mit dem neuen Wahlergebnis steht der CDU ein Stadtratsposten der Linken zu.

Aktuell stellen die Linken zwei Bezirksamtsmitglieder: Vize-Bürgermeister und Sozialstadtrat Oliver Nöll sowie Stadträtin Regine Sommer-Wetter (Familie, Jugend und Gesundheit). Voraussichtlich wird also ein:e Verordnete:r der CDU bald ins Bezirksamt gewählt, die Gespräche dazu seien aber noch nicht abgeschlossen. Corinna von Bodisco

Lichtenberg

In Lichtenberg ist die Zeit von Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) vorbei. Er kündigte an, alle politischen Ämter niederzulegen. CDU, SPD und Grüne wollen gemeinsam ein Bündnis bilden („Kenia“) – mit Martin Schaefer von der CDU als neuem Bezirkschef. Schaefer ist derzeit Verkehrsstadtrat.

Dieses Amt soll durch Filiz Keküllüoglu (Grüne) ausgefüllt werden, der derzeitigen Schulstadträtin. Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) bleibt im Amt – lediglich seinen Posten als Vize-Bürgermeister muss er an die Linke abgeben. Diesen Posten will die Linke statt mit Grunst mit Stadträtin Camilla Schuler besetzen. Neu ins Bezirksamt rückt Catrin Gocksch (CDU), die den Posten für Bildung und Schule sowie Kultur erhalten soll. Robert Klages

Marzahn-Hellersdorf

„Wir sind in vertrauensvollen, konstruktiven Gesprächen.“ Das sagt Nadja Zivkovic (CDU), bisher Sozialstadträtin in Marzahn-Hellersdorf und künftig aller Voraussicht nach Bezirksbürgermeisterin. Sie würde dann Gordon Lemm (SPD) ablösen. Aktuell führt die CDU Gespräche mit allen Parteien außer der AfD.

Auch Rot-Rot-Grün hat weitere Gespräche geführt. Doch eine Mehrheit in der BVV haben die drei Fraktionen nicht mehr. Die CDU könnte eine Mehrheit mit der AfD erzielen, doch eine Zusammenarbeit lehnt sie ab. Mehrheiten gäbe es auch sowohl mit der Linken als auch der SPD.

Tagesspiegel-Informationen zufolge gibt es im Bezirk eine Tendenz, die sich im Land abzeichnende Koalition von CDU und SPD zu spiegeln. Bestätigen will das aber niemand. Eine Entscheidung wird voraussichtlich in der kommenden Woche fallen. Johanna Treblin

Mitte

Nach dem guten Abschneiden der Grünen bei der Wiederholungswahl in Mitte bleibt Stefanie Remlinger Bezirksbürgermeisterin. Allerdings fehlt der grün-roten Zählgemeinschaft nun ein Sitz zur Mehrheit in der BVV, nachdem eine grüne Verordnete zur Linken wechselte. Im Bezirksamt hat die SPD den Posten der Schulstadträtin an die CDU abgegeben. Benjamin Fritz übernimmt das Amt von Maja Lasic, die wieder ins Abgeordnetenhaus gewählt wurde.

Die Grünen stellen neben der Bürgermeisterin weiterhin die Verkehrsstadträtin, die CDU neben dem neuen Schulstadtrat den Stadtrat für Bürgerdienste, die SPD den Baustadtrat und die Linken den Jugend- und Gesundheitsstadtrat. Auch ein alter Bekannter kehrt zurück: Ex-Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel sitzt nun als einfacher Verordneter in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte. Julia Weiss

Neukölln

Bislang als einzige Partei hat sich die SPD zur Bürgermeisterfrage geäußert, die gerne die rot-grüne Zählgemeinschaft in der Bezirksverordnetenversammlung fortsetzen und dem amtierenden Bezirkschef Martin Hikel sein Amt erhalten würde. Allerdings kommen SPD und Grüne gemeinsam nur noch auf 25 der 55 Sitze – also nicht einmal die einfache Mehrheit, die zur Wahl des Bürgermeisters nötig wäre.

Von den Grünen war bislang nichts zu hören, aus SPD-Kreisen heißt es nur: Man führe mit allen Seiten Gespräche. Allerdings könne man auch sehr gut mit dem Ist-Zustand leben, da der Bürgermeister nicht zwingend neu gewählt werden müsse. Lediglich einen ihrer drei Stadtratsposten muss die SPD an die CDU abgeben.

Rein rechnerisch stünde das Amt des Bezirksbürgermeisters nun der CDU zu: Die liegt nach der Wahl mit 17 Sitzen zwei Sitze vor der SPD. Allerdings dürfte es auch der CDU schwer fallen, eine einfache Mehrheit zu bilden oder die Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Abwahl Hikels zusammen zu bekommen.

2001 stand Neukölln schon einmal vor einer ähnlichen Situation: Damals wurde der SPD-Kandidat Heinz Buschkowsky mit Stimmen von Grünen und Linken zum Bürgermeister gewählt, obwohl auch damals die CDU stärkste Fraktion in der BVV war. Madlen Haarbach 

Pankow

Jamaika kommt nach Pankow. Die Grünen als stärkste Partei wollen gemeinsam mit CDU und FDP eine Zählgemeinschaft in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bilden. Zudem soll die grüne Spitzenkandidatin Cordelia Koch die Nachfolgerin des bisherigen Bezirksbürgermeisters Sören Benn (Linke) werden.

Voraussichtlich nach den Osterferien könnte das Bündnis offiziell besiegelt werden. „Wir möchten den Bezirk gemeinsam voranbringen und wollen ernsthaft daran arbeiten, ‚Jamaika‘ in Pankow zu ermöglichen“, erklärte der Co-Vorsitzende der Pankower Grünen, Nicolas Scharioth, auf Tagesspiegel-Nachfrage.

„Wir haben gute, vertrauensvolle und sehr belastbare Gespräche mit den Grünen geführt“, bestätigte der CDU-Kreisverbandsvorsitzende Dirk Stettner. Aus FDP-Kreisen heißt es, nach den bilateralen Sondierungsgesprächen werde es nun vermutlich bald Dreiergespräche mit Grünen und CDU geben.

Die Grünen bilden auch nach der Wiederholungswahl die stärkste Fraktion in der BVV. Doch durch die gleichzeitigen Verluste von Linkspartei und SPD und die Gewinne von CDU haben sich die Verhältnisse verschoben. Der bisherige Bezirksbürgermeister Benn hat bereits erklärt, dass er wohl keine Mehrheit mehr für einen Verbleib im Amt hat. Christian Hönicke

Reinickendorf

In Reinickendorf stellt bislang die SPD mit Uwe Brockhausen den Bezirksbürgermeister. Im Bezirk hatten sich nach der Wahl 2021 die Sozialdemokraten, die Grünen und die FDP zu einer Zählgemeinschaft zusammengetan. Nachdem die CDU im Bezirk bei der Wiederholungswahl deutlich zugelegt und 40,5 Prozent der Stimmen bekommen hat, wird die bisherige stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Bezirksstadträtin für Soziales, die CDU-Politikerin Emine Demirbüken-Wegner, Brockhausen ablösen.

An der Verteilung der Stadtratsposten ändert sich nichts: der CDU stehen weiter drei Posten zu, der SPD zwei, den Grünen einer. Was die Ressortaufteilung betrifft, hat man sich wohl schon geeinigt. Als neue Bezirksbürgermeisterin wird Demirbüken-Wegner für Finanzen, Personal und Bürgerdienste zuständig sein, Brockhausen als Stellvertreter für Gesundheit und Soziales. Bezirksstadtrat Harald Muschner (CDU) soll zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben noch den Bereich Kultur übernehmen. Anna Thewalt

Spandau

Das neue Bezirksamt wird noch vor den Osterferien gewählt: am Mittwoch, 29. März. Die CDU (um Kreischef Kai Wegner) stellt künftig drei Stadträte im Rathausaal: Vize-Bezirkschef Frank Bewig wird künftig vermutlich neuer Bürgermeister, Thorsten Schatz könnte Baustadtrat bleiben.

Nach Tagesspiegel-Infos wurde Tanja Franzke am Freitagabend als dritte Stadtratskandidatin der BVV nominiert – damit soll neben Carola Brückner, SPD, wie berichtet eine zweite Frau der Führungsebene angehören: Sie ist Pressesprecherin der Bundesagentur für Arbeit in Berlin, sitzt seit Herbst 2021 für die CDU in der BVV (Jugendhilfeausschuss).

Sie könnte den Posten von Jugendstadtrat Oliver Gellert (Grüne) übernehmen. Den Grünen steht kein Posten mehr in Spandau zu. Die SPD (um Kreischef Raed Saleh) stellt zwei Stadträte: Das sollen vermutlich Carola Brückner (bisher Bürgermeisterin) und Gregor Kempert (bisher Soziales) bleiben.

Der sechste Stadtratsposten steht der AfD zu, die ihren Kandidaten Andreas Otti aber in 13 Wahlversuchen nicht durchsetzen konnte. Den Grünen steht nach der letzten Wahl kein Stadtratsposten mehr zu, deshalb scheidet Gesundheits- und Jugendstadtrat Oliver Gellert im Rathaus Spandau aus. André Görke

Steglitz-Zehlendorf

Ob Maren Schellenberg (Grüne) Bezirksbürgermeisterin bleiben wird oder die CDU den Posten besetzen kann, ist noch unklar: Die Gespräche zwischen den Parteien laufen noch. Doch scheint die politische Waage in Richtung der Fortsetzung der Ampel-Zählgemeinschaft zu deuten.

Der SPD-Kreisverband hat sich klar gegen Schwarz-Rot auf Landesebene positioniert; schwer vorstellbar, dass dann für die Genossen noch ein Bündnis mit der CDU im Bezirk denkbar wäre. Die Grünen wiederum haben Richtung CDU Unbehagen signalisiert: In den vergangenen Monaten hätten die Christdemokraten zu viel politisches Porzellan zerschlagen.

Dass der CDU ein dritter Stadtratsposten zusteht, ist unstrittig – welches Bezirksamtsmitglied der SPD den Sessel räumt und wer von der CDU vorgeschlagen wird, das wird wohl erst im April geklärt werden. Boris Buchholz

Tempelhof-Schöneberg

Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) wird voraussichtlich im Amt bleiben. Grüne, SPD und Linke verhandeln über eine Zusammenarbeit. Die grün-rote Zählgemeinschaft verlor ihre Mehrheit; jetzt wird eine Zusatzvereinbarung mit den Linken erarbeitet. Die CDU, die die größte Fraktion stellt, hat keine Mehrheit für ihren Kandidaten Matthias Steuckardt.

Die Grünen werden zwei Bezirksamtsmitglieder stellen: Neben Oltmann ist dies Verkehrsstadträtin Saskia Ellenbeck. Die SPD verliert einen Posten. Ob dies Stadtentwicklungsstadträtin Angelika Schöttler oder Jugend- und Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck sein wird, ist noch unklar. Die CDU hat drei Ämter. Sie stellt bisher mit Matthias Steuckardt den Stadtrat für Bürgerdienste, Soziales und Senioren und mit Tobias Dollase den Schulstadtrat. Sigrid Kneist

Treptow-Köpenick

In Treptow-Köpenick bleibt alles beim Alten, zumindest fast: SPD, Linke und Grüne gaben bekannt, ihre rot-rot-grüne Kooperation weiterführen zu wollen. Gemeinsam kommen sie auf 29 Sitze in der Bezirksverordnetenversammlung und hätten so die benötigte einfache Mehrheit, Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) weiterhin im Amt zu halten.

Der aktuelle SPD-Jugendstadtrat Alexander Freier-Winterwerb wird seinen Posten aber vermutlich an die CDU abtreten müssen, die durch die Wiederholungswahl neben Schulstadtrat Marco Brauchmann das Anrecht auf einen zweiten Stadtrat hat. Erst am 30. März wird über die Zusammensetzung von Ältestenrat und Bezirksamt beraten und entschieden. Es seien noch zu viele offene Fragen, die man hofft, bis dahin geklärt zu haben, hieß es in der BVV-Sitzung am Donnerstag. Julia Schmitz

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