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Die Initiative hat den Stein mit schwarzer Schrift kommentiert.

© BVV

Erinnerung an Kolonialherrschaft in Berlin: „Hererostein“ auf dem Garnisonsfriedhof von antirassistischer Initiative beschmiert

Mit dem Stein wird an deutsche Soldaten erinnert, die am Genozid im heutigen Namibia beteiligt waren. Aktivist:innen haben die Botschaft verändert, die Polizei ermittelt.

Immer wieder wird über den sogenannten „Hererostein“ auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm in Berlin-Neukölln debattiert. Der Stein von 1907 erinnert an sieben deutsche Soldaten, die zwischen 1904 und 1907 „am Feldzuge in Südwestafrika freiwillig teilnahmen“ und „den Heldentod“ starben, wie es auf dem mittlerweile recht verwitterten Stein heißt. Zuletzt hatten die Neuköllner Bezirksverordneten das Bezirksamt dazu aufgefordert, das gesamte Gedenkensemble umzugestalten.

Auf den vermutlich langwierigen Prozess wollten Aktivist:innen der Gruppe „Beendet die Verehrung von Völkermördern“ (BVV) offenbar nicht warten. Vergangene Woche schrieben sie in schwarzen Lettern „Kein rassistisches Gedenken für Nazis und Völkermörder“ über die Inschrift des Steins.

„Dass es in Berlin keinen einzigen angemessenen Gedenkort für die Ovaherero und Nama gibt, hier aber seit über hundert Jahren so ein Völkermörderstein rumsteht, ist ein Skandal“, kommentierte Sascha Effler, Sprecher:in der Gruppe, die Aktion. Zuvor hatten andere Aktivist:innen den Stein bereits mit roter Farbe beschmiert, die an Blut erinnern sollte.

Auch die Gedenkplatte vor dem Stein haben die Aktivist:innen verändert.

© BVV

Neben der Inschrift des Steines veränderte die Gruppe auch die Gedenkplatte, die den Stein seit 2009 ergänzt und kommentiert. Die Platte erinnert zwar an die Opfer, erwähnt aber nicht, dass es sich bei denen um Herero und Nama gehandelt hat – und auch das Wort Genozid oder Völkermord kommt nicht vor. Kritiker:innen, etwa Vertreter:innen vom Verein Berlin Postkolonial, sehen darin eine Verharmlosung.

Eben das haben die Aktivist:innen der BVV nun geändert: Das Wort „Kolonialkrieg“ ersetzten sie durch das Wort „Genozid“ und ergänzen darunter: „Die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt Neukölln von Berlin wollten hier nicht ‚Genozid‘ schreiben, weil das Reparationszahlungen begründen könnte“.

Anlass der Aktion sei der Genocide Rememberance Day gewesen, der in Namibia jährlich am 22. April begangen wird, erklärten die Aktivist:innen. Er erinnert daran, dass der deutsche General Lothar von Trotha am 22. April 1905 den Vernichtungsbefehl gegen die Nama erlassen hat. Dieser zweite Befehl folgte seinem im Anfang Oktober 1904 erlassenen ersten Vernichtungsbefehl gegen die Herero.

Der Stein wird nach Angaben eines Polizeisprechers immer wieder besprüht und beschmiert. Der erwähnte Vorfall sei am 20. April festgestellt worden. Der Staatsschutz ermittele nun wegen einer gemeinschädlichen Sachbeschädigung, so der Sprecher.

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