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Bei Bombeneinschlägen in den U-Bahnhof Bayerischer Platz wurden vor 70 Jahren 63 Menschen getötet. Von der Tragödie ist wenig bekannt. Kaum jemand fragte danach, also geriet das Geschehen fast in Vergessenheit. Zeitzeugen erinnern hier erstmals an die schrecklichen Momente dieses 3. Februar 1945. Hier: Rolf Mährholz, Zeitzeuge (geb. 1934); fotografiert in seinem Haus in Berlin-Buckow.

© Thilo Rückeis

Ein Zeitzeuge berichtet: Totensuche in Trümmern nach Luftangriff auf Berlin

Rolf Mährholz hatte am 3. Februar 1945 Geburtstag, seinen elften. Es war der Tag des schwersten Luftangriffs auf Berlin. An eine Feier kann er sich nicht erinnern. Dafür an den „Trümmer-Verschiebebahnhof“ am Bayerischen Platz.

"Oh Gott, was wollt ihr hier? Haut bloß ab“, begrüßte sie der Hauswart, als Familie Mährholz im Februar 1945 nach Berlin ins Bayerische Viertel zurückkehrte, in die Bamberger Straße. Auf dem Weg in ihre Laube in Schöneberg mussten sie immer über den Bayerischen Platz. „Der war schon kaputt“, sagt Rolf Mährholz, „auf dem Platz war ein wahres Chaos, da haben wir – das darf man gar nicht erzählen – auf einmal gesehen, wie da ein Schuh mit einem halben Fuß lag.“

Am 3. Februar 1945, dem Tag des schwersten Luftangriffs auf Berlin im Zweiten Weltkrieg, feierte Rolf Mährholz seinen elften Geburtstag, doch an eine Feier kann er sich nicht erinnern. Er war mit seiner Mutter auf dem Weg von Schneidemühl in Westpreußen, wo sie bei den Großeltern gelebt hatten, zurück nach Berlin. In Dahmsdorf/Müncheberg machten sie Station, bis der Onkel sie nach Berlin brachte, mitten in der Nacht. Eigentlich war die Stadt schon gesperrt. Das war Mitte Februar.

Durch Luftangriffe weitgehend zerstört: Das Bayerische Viertel in Berlin im von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg.

© Ullstein-Bild

Ihr Haus, die Bamberger Straße 19, war im Bombenhagel stehen geblieben. „Gegenüber 42,43,44 standen auch noch, das andere war alles Schrott.“ Später schlug im Gartenhaus der 19 eine Bombe ein, da waren drei Etagen kaputt, die wurden nach dem Krieg aber schnell wieder aufgebaut, erinnert sich Mährholz.

U-Bahnhof Bayerischer Platz im Bayerischen Viertel in Schöneberg nach dem Luftangriff auf Berlin vom 3. Februar 1945.
Am 3. Februar 1945 starben im U-Bahnhof Bayerischer Platz 63 Menschen beim schwersten Luftangriff der Alliierten auf Berlin.

© BVG-Archiv

Die Bamberger Straße 19 war und ist „ein herrschaftliches Haus“. Mit Marmor, Spiegel und Stuck im Foyer. Rolfs Mutter war schon 1919 in das Haus gezogen, als Dienstmädchen für einen Geheimrat. In den 30er Jahren wurden die großen Wohnungen geteilt, und die Familie Mährholz bekam im Seitenflügel-Erdgeschoss eine Zweizimmer-Wohnung mit einer Kammer. Für fünf Personen. Das war nicht besonders groß, aber es gab Badewanne, fließend warmes Wasser, Zentralheizung und Innentoilette. Karl Schmidt-Rottluff, der Maler, wohnte in ihrem Haus. Und der Komponist Clemens Schmalstich.

Der Bayerische Platz und der U-Bahnhof wurden nach dem Krieg zum „Verschiebebahnhof für Trümmer“, wie es Zeitzeuge Rolf Mährholz ausdrückt.

© bpk / Friedrich Seidenstücker

Als die Russen fast schon in Wilmersdorf waren, wurden überall Panzersperren gebaut, erzählt Mährholz. „Da haben sie Stahlträger in die Straßen gerammt. Die Meraner Straße war zu, die Kufsteiner Straße, die Babelsberger, die Kaiserallee (heute Bundesallee) war offen, damit die Straßenbahn weiter durchfahren konnte. Die haben sie im letzten Moment zugemacht. Die Martin-Luther-Straße hatten sie mit Straßenbahnwagen aus dem Depot zugestellt, da kamen dann die Russen durch.“

„Später haben die Russen uns Jungs in die Trümmer geschickt, um Tote zu suchen. Die kamen auf eine große Grabstelle auf dem Prager Platz, wurden einfach eingegraben oder auf den Höfen. Später wurden alle wieder ausgegraben und ordnungsgemäß bestattet.“

„Später war der Bayerische Platz ein regelrechter Verschiebebahnhof für die Trümmerloren.“

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