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1990, kein Wort von Berlin. Dieser Teil von Staaken gehörte zur DDR. - Spandau-Newsletter: leute.tagesspiegel.de

© Martin Müller

DDR-Polizei besetzte Berliner Stadtrand 1951: Die unglaubliche Geschichte von West-Staaken

„Es war die schwerste Stunde nach dem Krieg“: Hier erinnern wir an das Ereignis vor 70 Jahren und zeigen private Fotos nach dem Mauerfall.

Tief im Westen Berlins steht ein wichtiger Jahrestag an. Am 1. Februar 1951, am Montag vor 70 Jahren, besetzte die DDR-Volkspolizei West-Staaken.

An dieses Ereignis hat jetzt der Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau in seiner aktuellen Ausgabe erinnert. Und ein Tagesspiegel-Leser zeigte im Newsletter viele Bilder, die kurz nach dem Mauerfall 1990 entstanden sind und die wir Ihnen hier zeigen dürfen.

Die Ecke gehörte eigentlich zu Berlin-Spandau und war der ursprüngliche Dorfkern mit Kirche, Friedhof und Bauernhäusern. Doch weil die Briten 1945 den Flugplatz Berlin-Gatow bekamen (von dem ein Teil in Brandenburg lag), tauschten sie Alt-Staaken einfach mit den Sowjets.

Bis zu jenem 1. Februar 1951 wurde West-Staaken (in der DDR) vom Rathaus Spandau (in West-Berlin) verwaltet.

Hier eine Karte aus dem Museum der Zitadelle, wo die ursprüngliche Berliner Stadtgrenze verlief. Achten Sie mal auf die Potsdamer Chaussee und wie klein Kladow bis zum Gebietsaustausch war: hier der Foto-Link.

Damals Zick-Zack, heute schnurgerade. Die Ecke links unten am See ging an West-Berlin, dafür wurde West-Staaken abgetrennt. Diese Karte hängt in der Zitadelle.
Damals Zick-Zack, heute schnurgerade. Die Ecke links unten am See ging an West-Berlin, dafür wurde West-Staaken abgetrennt. Diese Karte hängt in der Zitadelle.

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Dann aber war Schluss: Um Staaken kümmerte sich fortan der Ost-Berliner Bezirk Mitte. Noch heute schreibt die Feuerwehr Staaken in ihrer lesenswerten Chronik.

„Die schwerste Stunde nach dem 2. Weltkrieg erlebte Staaken am 1. Februar 1951, durch die Teilung des Ortes Staaken durch die Alliierten. Dadurch hatte Staaken nun zwei getrennte Feuerwehren.“ Und getrennte Kirchen, Vereine, Familien.

1990, Blick vom Fort Hahneberg auf die Kontrollstelle Heerstraße. Links liegt die DDR, rechts West-Berlin, inklusive der Wohnsiedlung am Brunsbütteler Damm.
1990, Blick vom Fort Hahneberg auf die Kontrollstelle Heerstraße. Links liegt die DDR, rechts West-Berlin, inklusive der Wohnsiedlung am Brunsbütteler Damm.

© Martin Müller

„Zwei Doppelstreifen der Vopo mit Mütze, bewaffnet mit Revolver und Polizeiknüppel“, die gegen 8.30 Uhr auf dem „Finkenkruger Weg (russ. Interessengebiet)“ patroullierten so verzeichnet es das Protokoll der Polizeiinspektion Spandau für den 1. Februar 1951, über die der Tagesspiegel später einmal berichtet hat. Wenig später wurden sechs mit Zivilpersonen besetzte Pkw beobachtet, die in das Barackenlager Staaken am Finkenkruger Weg fuhren.

Das "Elefantentor" in Staaken, 1990, hart an der Grenze zu West-Berlin. Die Straße führt hier durch den Hochsicherheitsbereich. Damals gehörte dieser Teil von Staaken zur DDR.
Das "Elefantentor" in Staaken, 1990, hart an der Grenze zu West-Berlin. Die Straße führt hier durch den Hochsicherheitsbereich. Damals gehörte dieser Teil von Staaken zur DDR.

© Martin Müller

Durch die Kennzeichen war erkennbar, dass sie in Ost-Berlin zugelassen waren. „Es wird angenommen, dass eine Bezirksverwaltung ihre Dienstgeschäfte übernehmen wird“, hieß es in dem Polizeiprotokoll.

Der alte Bahnhof Staaken in der DDR, 1990. Der befand sich etwa auf Höhe der heutigen Straße am Alten Gaswerk und ist längst abgerissen. Hinten: das "Elefantentor"
Der alte Bahnhof Staaken in der DDR, 1990. Der befand sich etwa auf Höhe der heutigen Straße am Alten Gaswerk und ist längst abgerissen. Hinten: das "Elefantentor"

© Martin Müller

Dann ging es Schlag auf Schlag: Gegen Mittag hing ein rotes Spruchband mit weißer Schrift an der Volksschule am Nennhauser Damm: „Wir lehren und lernen für den Frieden“. Schüler einer anderen Schule berichteten vom Austausch ihrer Lehrer. Bald sah man erste Aushänge, wonach West-Staaken, bislang von Spandau aus verwaltet, dem Ostsektor Berlin-Mitte II angegliedert worden sei – „um die für die Bewohner West-Staakens durch die Spaltung des Magistrats Groß-Berlin hervorgerufenen Unzuträglichkeiten zu beseitigen“. Die Bewohner sollten sich registrieren lassen und ihre Lebensmittel- und Kohlenkarten abholen. Auch gelte als Zahlungsmittel nur noch die DDR-Mark. Hier lesen Sie die ganze Geschichte: Tagesspiegel

Staaken, 1990, Blick auf die alte Dorfkirche in der DDR. Das Foto entstand vermutlich am Brunsbütteler Damm in Staaken (West-Berlin).
Staaken, 1990, Blick auf die alte Dorfkirche in der DDR. Das Foto entstand vermutlich am Brunsbütteler Damm in Staaken (West-Berlin).

© Martin Müller

Später wurde West-Staaken herumgereicht. Die Zuständigkeit wanderte von Ost-Berlin nach Falkensee, wurde schließlich eigenständig, hatte aber weiter Ost-Berliner Telefonnummern. Erst neulich hatte Newsletter-Leser Jürgen Klix an die spezielle Rolle West-Staakens im Osten erinnert.

Staaken, 1990. Das "Doktor-Georg-Benjamin-Krankenhaus" auf dem ehemaligen Flugplatz Staaken ist noch in Betrieb. 1998 wird es geschlossen.
Staaken, 1990. Das "Doktor-Georg-Benjamin-Krankenhaus" auf dem ehemaligen Flugplatz Staaken ist noch in Betrieb. 1998 wird es geschlossen.

© Martin Müller

Die Versorgung war wohl besser als im benachbarten Falkensee: „Wir wurden bei Laune gehalten“. Und Newsletter-Leser Norbert Rauer, von 1991 bis 2009 Pfarrer in Alt-Staaken, erinnerte hier mal an die feinen Unterschiede zwischen Alt-Staaken, Neu-Staaken, West-Staaken, Ost-Staaken und Süd-Staaken.

Heute sehen Sie die Bilder von Newsletter-Leser Martin Müller. Er ist Chirurg und hat ein ruhiges Händchen auch an der Linse.

Dieses Foto entstand 1990 an der Bergstraße in Staaken. Und hinten die Häuser von West-Berlin.
Dieses Foto entstand 1990 an der Bergstraße in Staaken. Und hinten die Häuser von West-Berlin.

© Martin Müller

„Die Bilder sind von 1990, kurz nach der Grenzöffnung“, schreibt Martin Müller an den Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. Er ist 64 Jahre alt, wohnt in Spandau und arbeitet seit 1981 als Chirurg und Beschneider im Jüdischen Krankenhaus. Aufgewachsen ist er in Lankwitz.

Ein spezieller Berliner Ort: Links Staaken (1988, mit Berliner Mauer), rechts Staaken (2016, mit frischem Anstrich).
Ein spezieller Berliner Ort: Links Staaken (1988, mit Berliner Mauer), rechts Staaken (2016, mit frischem Anstrich).

© Imago, André Görke

Seine Interessen: Berlingeschichte, Foto- und Eisenbahn. Mit seiner Frau („in Spandau aufgewachsen“) ist er 1989 nach Staaken-Ost gezogen, also West-Berlin, und erkundete mit Fahrrad, Frau und Tochter die neue Umgebung, die immer größer wurde: Die DDR-Mauer hatte endlich Löcher bekommen.

„Wir machten insbesondere West-Staaken und Döberitz unsicher. Ost-Berlin und Potsdam waren, soweit möglich, auch schon vor der Wende unsere Ziele“, erzählt Müller. Seine Fotos hätten aktueller nicht sein können.

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