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Reisebloggerinnen Natascha Thoma und Isa Ducke von „Westwards“-

© privat

„Das ist mehr ein Lifestyle als ein Job“: Berliner Bloggerinnen über das Schreiben von Reiseführern

Natascha Thoma und Isa Ducke von „Westwards“ reisen seit fast zwei Jahrzehnten durch die Welt. Sie schreiben über Länder wie Japan und Usbekistan – und begegnen dabei auch Dilemmas.

Nach mehreren Jahren in Japan suchten Natascha Thoma und Isa Ducke eine neue Herausforderung. Die beiden Japanologinnen beschlossen, zurück nach Deutschland zu reisen – auf dem Landweg, immer gen Westen. „Das war so 2006, da war das noch ungewöhnlich. Da gab es nicht so viele Leute, die richtig lange unterwegs waren“, erzählt Thoma. Die beiden Frauen fingen an, einen Reiseblog zu schreiben, und nannten ihn folgerichtig: Westwards.

Als sie ein Jahr später in Deutschland ankamen, hatten sie eigentlich das Ziel, sich hier neue Jobs zu suchen. Aber irgendwie sei es damals, in der beginnenden Wirtschaftskrise, gar nicht so einfach gewesen, sagt Thoma. „Vielleicht war unsere Motivation auch nicht so groß“, ergänzt Isa Ducke und lacht. Und dann machten sie einfach weiter und reisten gen Westen, insgesamt fünf Jahre lang.

Anfang November sitzen die beiden in einem Café in der Hermannstraße. Gerade sind sie mal wieder in ihrer Neuköllner Nachbarschaft, zumindest für ein paar Wochen. Denn so richtig aufgehört haben sie mit dem Reisen eigentlich nie wieder. Als irgendwann die Frage aufkam, wie sie ihr Leben unterwegs finanzieren könnten, fingen sie an, Reiseberichte für Zeitungen und Magazine zu schreiben. Später bewarben sie sich dann auf ihren ersten Reiseführer.

Mittlerweile haben Ducke und Thoma diverse Reiseführer zu Ländern wie Ägypten, Usbekistan und Österreich sowie Beiträge für Sammelbände von Verlagen wie dem Reisestandardwerk Lonely Planet verfasst. Ihr Hauptfokus liegt aber nach wie vor auf Japan. „Das fühlt sich einfach wie unsere zweite Heimat an“, sagt Ducke.

Faszination Japan

Immer wieder arbeiten die beiden auch als Reiseleiterinnen und führen Touristengruppen zu den Highlights ihres Lieblingslandes. Und natürlich reisen sie auch einfach so, für sich. „Dieses Jahr waren wir rund acht Monate unterwegs“, berichtet Natascha Thoma.

Aber wie schreibt man eigentlich einen Reiseführer? „Das ist mehr ein Lifestyle als ein Job“, erklärt Thoma und lacht. Man müsse den Ort, über den man schreibt, schon sehr mögen, ergänzt Isa Ducke. Denn man müsse da ja immer wieder hin, oft für mehrere Wochen oder gar Monate. „Daran ist es bei unserem Führer für Mecklenburg-Vorpommern gescheitert, da wollten wir nicht dauernd wieder hin“, sagt Ducke lachend.

Manchmal reisen Thoma (l.) und Ducke auch privat. Hier waren sie zum Beispiel in Island unterwegs.

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Ganz anders bei Japan: Da fühle sich schon die Ankunft am Flughafen in Tokio nach Zuhause an, sagt Thoma. Einen Großteil der Arbeitszeit an einem Buch verbringen die beiden allerdings gar nicht vor Ort, sondern daheim mit der Recherche neuer Orte, interessanter Hotels und anderer Tipps.

Große Sprünge kann man mit unserem Einkommen nicht machen.

Natascha Thoma über das Leben als Reisebuchautorin

Denn vor Ort ist ihre Zeit begrenzt, schon aus finanziellen Gründen: Reich werde man mit einem Reiseführer nicht, erklären die beiden Frauen. Das Honorar enthalte auch keine Spesen für Hotels uns Ausflüge. Manchmal sponsere etwa ein Tourismusverband Tickets. Aber allgemein müsse man den Job schon sehr mögen, sagt Thoma. „Große Sprünge kann man mit unserem Einkommen nicht machen.“

Die große Faszination gilt Japan: Hier sind die beiden im Togakushi Soba Museum, das sich um die Pilgerspeise dreht.

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Andererseits hätten sie ja sonst auch keine großen Ausgaben. Und die Reiseleitungen würden die mageren Honorare für Reiseführer querfinanzieren. „Das kann man aber eigentlich nicht dauerhaft machen“, sagt Thoma und erzählt von 15-Stunden-Tagen, bei denen man dauerhaft ansprechbar sein muss.

Aber die Vorteile an diesem Lebensstil überwiegen für die beiden: Die Möglichkeit zu haben, viel zu reisen und dabei selbstständig zu arbeiten, sei schon toll, sagt Ducke. Man treffe einfach auch viele spannende Leute und beschäftige sich mit vielen spannenden Themen, ergänzt Thoma.

Der Klimawandel bringt die Reisebranche in ein Dilemma

Ein Thema treibt beide aber auch zwangsläufig um: In Zeiten des Klimawandels steht die Reisebranche vor einem großen Dilemma. „Ich finde das zunehmend schwieriger“, sagt Thoma. Sie sei aber noch nicht an dem Punkt, an dem sie sagen würde: Ich mache das nicht mehr. Seit mehreren Jahren bündeln die beiden ihre Reisen so, dass sie im Grunde nur einmal weit fliegen müssen, die Flüge kompensieren sie anschließend. „Aber natürlich ist das eigentlich zu wenig, das wissen wir“, sagt Thoma.

Und dann sei ja noch das Problem, dass sie durch ihre Reiseführer und -leitungen auch andere Menschen dazu motivieren, überhaupt erst irgendwo hinzufliegen. „Ich erlebe, dass viele Menschen denken: Zuhause achte ich auf die Umwelt, aber jetzt habe ich Urlaub und brauche einfach eine Pause“, sagt Thoma. Und auch in vielen Unterkünften würden sie eher Greenwashing erleben. „Da werden immer noch die Handtücher jeden Tag gewechselt“, bemängelt Ducke. „Wenn nicht mal solche Kleinigkeiten umgesetzt werden, wie soll dann die Branche insgesamt nachhaltig werden?“

Ganz auf das Reisen zu verzichten, können sich beide aber nicht vorstellen. Vielleicht mal wieder auf dem Landweg reisen, wenn die Route über die Transsibirische Eisenbahn wieder möglich ist. „Wir überlegen auch, vielleicht noch einmal für längere Zeit nach Japan zu gehen“, sagt Thoma. Die nächsten Wochen sind die beiden aber erstmal in Neukölln und schreiben an ihrem neuesten Reiseführer. Und manchmal kommen die Japangefühle auch hier: „Selbst in der ollen Hermannstraße gibt es tolle Kirschbäume“, sagt Ducke.

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