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Die Baks fristet in Pankow ein eher beschauliches Dasein.

© Ulrike Scheffer

Bundesakademie für Sicherheitspolitik will sich öffnen: Bürgerdialog in Pankow geplant

Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks) fristete bisher ein eher beschauliches Dasein in Niederschönhausen. Das soll sich ändern.

Ursula von der Leyen (CDU) hat schon mit so mancher Personalentscheidung neue Weichen in ihrem Ressort gestellt. Aufsehen erregte vor allem die Berufung der Wirtschaftsberaterin Katrin Suder als Rüstungsstaatssekretärin. Eine junge Frau ohne Armeeerfahrung, die die alten Seilschaften zwischen Rüstungsindustrie und Militärs aufbrechen und endlich Transparenz in das Beschaffungswesen der Bundeswehr bringen soll. Die Neubesetzung des Chefpostens der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks) in Pankow stieß auf deutlich weniger Resonanz. Als Weiterbildungsstätte der sieben im Bundessicherheitsrat vertretenden Ministerien ist die Baks schließlich allenfalls in Fachkreisen bekannt. Mit ihrem neuen Präsidenten soll sich das ändern.

Traditionell wechseln sich das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium bei der Ernennung des Baks-Präsidenten ab. In diesem Jahr wäre wieder ein General an der Reihe gewesen. Doch die Verteidigungsministerin entschied sich anders: Sie setzte mit Karl-Heinz Kamp einen Zivilisten in den Chefsessel, einen, der aus der Konrad-Adenauer-Stiftung kommt. Kamp selbst spricht von einer „bewussten Entscheidung“ der Ministerin für einen Thinktanker, zu Deutsch: einen Vertreter aus einer sogenannten Denkfabrik. Seine fachliche Qualifikation dürfte ohnehin über jeden Zweifel erhaben sein: Bei der CDU-nahen Adenauer-Stiftung war Kamp Koordinator für das Thema Sicherheitspolitik, danach Forschungsdirektor an der Militärakademie der Nato in Rom. In den vergangenen beiden Jahren arbeitete er bereits als „Direktor Weiterentwicklung“ der Baks an einem neuen Akademiekonzept. Mit dem Segen der Ministerin soll er das nun umsetzen und die Baks zu einem sicherheitspolitischen Debattenforum ausbauen.

An historischem Ort

Die 1992 noch in Bonn gegründete Akademie residiert seit 2004 an historischem Ort im Norden Berlins, in Pankow. Auf dem Gelände des Schlosses Schönhausen, das die DDR als Gästehaus genutzt hatte, bezog sie zwei geschichtsträchtige Nebengebäude. Die beherbergten einst die Kanzlei des DDR-Präsidialamts, zur Wende traf sich hier dann der zentrale Runde Tisch der DDR, später zweimal die Teilnehmer der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen. Die Baks fristete allerdings ein eher beschauliches Dasein. Ihre Pankower Nachbarn nahmen sie allenfalls beim sommerlichen Kunstfest wahr, oder wenn sie ihren großen Saal für Lesungen öffnete. Ihr Hauptbetrieb war schließlich wenig öffentlichkeitswirksam. „Die Bundesakademie hat den Auftrag, ausgewählte Führungskräfte zu sicherheitspolitischen Fragestellungen weiterzubilden – über die Grenzen von Ressorts hinweg, umfassend und strategisch“, heißt es auf der Baks-Homepage. Vernetzte Sicherheit lautet das Zauberwort. An diesem Kernauftrag soll nicht gerüttelt werden. Kamp sagt aber: „Die Baks kann noch viele andere Dinge leisten.“

Im Gespräch schwärmt der neue Chef von der „fundierten Expertise“ der Baks-Mitarbeiter, die man stärker nutzen wolle. Das in der Baks versammelte Wissen soll künftig mehr nach außen getragen werden. Fachforen sollen außerdem Entscheidungsträger aus Forschung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen. Doch in Kamps Konzept steht noch ein viel größeres Projekt: Im kommenden Frühjahr will die Akademie – zunächst in Pankow – einen Bürgerdialog zu sicherheitspolitischen Themen starten, ähnlich dem Dialog der Bundesregierung „Gut leben in Deutschland“. Bürger sollen dort Fragen stellen und hautnah mit Politikern und Fachleuten diskutieren können. „Das Thema ist zu wichtig, um es den Stammtischen zu überlassen“, sagt Kamp.

Breite Debatte zu Sicherheitspolitik

Schon Leyens Vorgänger im Verteidigungsministerium, der heutige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), habe den Anstoß gegeben, die Baks aus der Experten-Nische zu holen, sagt Kamp. Schließlich werde seit Jahren eine breite gesellschaftliche Debatte zur deutschen Sicherheitspolitik angemahnt. „Der sicherheitspolitische Veränderungsdruck ist groß, dem müssen wir uns stellen.“ Nach dem 11. September 2001, dem Tag der verheerenden Terroranschläge auf die USA, sieht Kamp die Ereignisse des Jahres 2014 als weiteren Wendepunkt in der internationalen Sicherheitspolitik. „Zum einen zwingt uns der neue Kurs Russlands, wieder über Bündnisverteidigung nachzudenken, zum anderen sehen wir uns durch die Veränderungen im Nahen und Mittleren Osten mit einer dauerhaften Erosion von Staatlichkeit konfrontiert, der wir noch keine Ideallösung entgegenzusetzen haben“, erklärt er. Mit den Flüchtlingen sei diese Problematik nun „mitten in unserer Gesellschaft“ angekommen. Welche Konsequenzen Deutschland aus diesen Ereignissen ziehe, dürfe aber nicht allein in Expertenzirkeln debattiert werden. „Das geht alle Bürger an.“

Kein klassischer Thinktank

Dem würde im Verteidigungsministerium wohl niemand widersprechen. Die Bundeswehr, die sich einen stärkeren Rückhalt in der Gesellschaft wünscht, hat schließlich ein besonderes Interesse an sicherheitspolitischer Öffentlichkeitsarbeit. Dennoch wird die Personalie Kamp dort nicht uneingeschränkt positiv gesehen. Öffentlich infrage stellen will die Entscheidung der Ministerin zwar niemand, im persönlichen Gespräch beklagen einzelne Gesprächspartner allerdings den schwindenden Einfluss des Militärs in der Baks.

Auch die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) dürfte die Entwicklung der Baks kritisch beobachten. Denn neuerdings streut die Akademie auch verstärkt Papiere: über das deutsche Engagement in Mali beispielsweise oder die aktuelle Agenda der Nato. Zur Zielgruppe gehören laut Kamp Abgeordnete, Journalisten und andere Interessierte. Jeder Abgeordnete müsse bei zentralen sicherheitspolitischen Themen heute „sprechfähig“ sein, erklärt er. Dafür könne die Baks Unterstützung leisten. Doch genau das gehört zum Kerngeschäft der SWP. Kamp wiegelt ab. „Wir publizieren keine langen Analysen, das kann die SWP viel besser, wir bieten eher Faktensammlungen, wie man sie auch in einem guten Zeitungsartikel finden könnte.“ Ein klassischer Thinktank wie die SWP solle die Baks nicht werden. „Wir verstehen uns eher als kleiner Dienstleister des Politikbetriebs. Man könnte auch sagen: Wir sind eine sicherheitspolitische Vermittlungsagentur der Bundesregierung.“

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