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Planetarium Prenzlauer Berg.

© Doris Spiekermann-Klaas

„Der Park wird zerstückelt“: Bezirk will Thälmannpark für Schulbau verkleinern – Anwohner empört

Ein Teil des Thälmannparks in Prenzlauer Berg soll dem Ausbau einer Schule weichen. Eine Initiative fordert, dafür das alte Klinikgelände nebenan zu nutzen.

Von Christian Hönicke

Der Ernst-Thälmann-Park soll umgebaut und verkleinert werden. Ein Teil der bekannten Grünanlage in Prenzlauer Berg würde dabei der Erweiterung der Grundschule am Planetarium weichen. So soll die große Schulplatznot in Pankow bekämpft werden, von der Prenzlauer Berg besonders betroffen ist.

Scharfe Kritik an diesen Plänen des Bezirksamts äußert nun die "Anwohnerinitiative Thälmannpark". Sie befürwortet zwar die Erweiterung der Schule, lehnt aber Eingriffe in eine wertvolle öffentliche Grünfläche ab. Der beabsichtigte Ausbau bedeute eine „Zerstückelung und Abriegelung des Thälmannparks“, sagt Volker Herold von der Initiative.

Der Bezirk will einen großen Schulcampus schaffen

Das Ensemble Ernst-Thälmann-Park ist insgesamt 25 Hektar groß, davon sind 16 Hektar reine Parkanlage. Diese wiederum ist zweigeteilt: Es gibt das etwas versteckte Grün östlich der DDR-Hochhaussiedlung entlang der Greifswalder Straße (12 Hektar) und die kleinere, aber bekanntere und wesentlich stärker genutzte Grünfläche am Planetarium im Nordwesten (4,3 Hektar).

Nun soll der Parkteil am Planetarium verkleinert werden - um 14 Prozent oder 0,6 Hektar (siehe Karte unten). Das Bezirksamt lässt derzeit den Bebauungsplan dazu aufstellen. "Die aktuell dreizügige Grundschule soll um zwei Züge erweitert werden", heißt im vom Bezirksamt in Auftrag gegebenen Architektenentwurf zum neuen Schulcampus, der seit Dezember 2020 vorliegt. "Die Nutzungen sind zur Zeit auf zwei Teilgrundstücken verteilt, die durch einen querenden Parkweg getrennt werden."

Dieser Weg samt dem baumbestandenen Grünstreifen soll dem neuen Campus zugeschlagen werden: "Die beiden bisherigen Schulgrundstücke und die dazwischen liegende Parkfläche sollen zur besseren Nutzbarkeit zu einem Gesamtgrundstück vereinigt werden." Das werde den Thälmannpark „in der Mitte zerteilen“, kritisiert Herold. Der bisherige Weg verbindet nicht nur beide Parkteile zwischen Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße. Er ist auch der Hauptzugang zur öffentlichen Schwimmhalle der Bäderbetriebe im Park.

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Das Bezirksamt bestätigt die Pläne auf Tagesspiegel-Nachfrage. Das nun für die Schule vorgesehene Areal sei aktuell „offiziell Grünanlage, etwa 6.000 Quadratmeter inklusive Wege“, teilt Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) mit. Das Bezirksamt sei nach eingehender Abwägung zu Schluss gekommen, dass „die Schaffung neuer Grundschulplätze durch die Erweiterung der Grundschule am Planetarium als prioritär eingestuft wurde“.

Daher soll der nördliche Parkteil künftig auf Höhe der Diesterwegstraße enden. Die Fläche zwischen Diesterweg- und Ella-Kay-Straße soll stattdessen der Schule zugeschlagen werden.

Auch die relevanten Fachausschüsse der Bezirksverordnetenversammlung hätten diesem Plan zugestimmt, so Kuhn. Auf diesem keilförmigen Zipfel steht ein Großteil der Bäume des nördlichen Thälmannparks. „Der größte Teil des wertvollen vorhandenen Baumbestandes“ solle zwar erhalten werden, doch „völlig ohne Baumfällungen ist die Realisierung nicht möglich“, räumt Stadtrat Kuhn ein. Er kündigt Ersatzpflanzungen an.

Nur der östliche Parkteil steht unter Denkmalschutz

Nach Tagesspiegel-Informationen wusste die untere Denkmalschutzbehörde des Bezirks bis dato nichts von den Plänen und reagierte nicht erfreut darauf. Der Thälmannpark steht seit 2014 unter Denkmalschutz. Dieser gilt zwar offiziell nur für die östliche Fläche inklusive der Hochhäuser und des Grünzugs an der Greifswalder Straße. Doch eine Umgestaltung des anderen Parkteils würde das direkte Umfeld und die Gesamtkonzeption der 1986 errichteten Grünanlage betreffen.

Die bezirkliche Denkmalschutzbehörde soll sich seit Jahren erfolglos dafür eingesetzt haben, den Ernst-Thälmann-Park als Ganzes unter Schutz zu stellen. Der Denkmalschutz sei daher hier "formal nicht zu beteiligen gewesen", so Kuhn. "Trotzdem gehen die Stadtplaner auch nach Meinung der Unteren Denkmalschutzbehörde sehr behutsam mit dem Westteil des Parks um." 

Die Anwohner beklagen zudem den Verlust von öffentlicher Infrastruktur durch die Schulerweiterungspläne. „Auch der beliebte Bolzplatz geht flöten“, so Herold. Dieser Platz nördlich der Grundschule ist bisher öffentlich zugänglich, „und er wird auch von vielen, vielen Kindern frequentiert“. Nach den Bezirksamtsplänen soll der Bolzplatz in einen Schulsportplatz umgewandelt werden.

Etwa 0,6 Hektar sollen aus dem Thälmannpark herausgelöst werden. Anstelle des Hauptweges durch den Park sind neue Wege im Norden und Süden des Schulcampus geplant.

© Tagesspiegel-

Ein geschlossener Schulcampus sei auch aus Sicherheitsgründen nötig, erklärt Kuhn. Daher müsse der bisherige Hauptweg aufgegeben werden. Von einem Parkteil in den anderen und zur Schwimmhalle würden Besucher künftig nur noch über schmale Umwege kommen. Mit deren Bau „soll bereits dieses Jahr begonnen werden", so Kuhn. "Die Fertigstellung ist für 2022 vorgesehen.“ Danach soll mit dem Ausbau der Schule auf dem ehemaligen Parkland begonnen werden.

Im Norden der Schule wird ein neuer Weg entlang der Ringbahn angelegt. Der soll von der Prenzlauer Allee im Westen quasi auf der Kuppe der jetzigen Böschung bis hinter die Schwimmhalle geführt werden. Der Fokus liegt dabei aber nicht auf Parkbesuchern zu Fuß. Konzipiert ist er als asphaltierter „Fahrradweg“ mit 3,5 Metern Breite. An dessen Rand ist lediglich eine 1,5 Meter Breite „Tenne“ (ein Sandweg) für Fußgänger vorgesehen. Kuhn: „Durch die Führung des kombinierten Geh- und Radwegs am Rand der Parkanlage soll dafür gesorgt werden, dass der Kern der öffentlichen Parkanlage und der dort verlaufende Fußweg von Fahrradfahrern freigehalten wird.“

Anwohner sehen neue Wege kritisch

Parallel dazu ist zwar noch ein "echter" Fußweg nördlich des Campus direkt an den Schienen angedacht. Herold: „Der führt dann idyllisch an Güterzügen und riesigen Heizungsrohren vorbei.“ Doch selbst dieser Umweg ist nicht sicher. Der dort geplante, wenige Meter breite Grünstreifen müsste erst noch angelegt werden. Im weiteren Verlauf soll der Fußweg zudem über das Gelände des alten Güterbahnhofs Greifswalder Straße führen. Das wiederum gehört dem Investor Christian Gérôme, mit dem der Bezirk im Rechtsstreit liegt, weil er dort 600 Wohnungen bauen möchte. „Eine Umsetzung hängt mit der allgemeinen Übereinkunft mit den Eigentümern des Güterbahnhofes ab“, so Kuhn. In den Plänen des Bezirksamts ist diese Fläche daher grau gekennzeichnet.

Um den Wohnungsbau zu verhindern, hatte Pankows Bezirksverordnetenversammlung im März 2019 einen Beschluss gefasst, der die Aufstellung eines Bebauungsplans im Thälmannpark vorsah. Dabei gehe es "in erster Linie um die Sicherung eines dringend benötigten Schulstandorts", hatte Stadtrat Kuhn damals erklärt. Gérôme klagt derzeit gegen diesen Bebauungsplan. Nun ist erstmals zu sehen, welche konkreten Auswirkungen dieser Beschluss auf den Park hat.

Im Süden des jetzigen Hauptwegs durch den Park ist noch weitere eine Ost-West-Verbindung vorgesehen: zwischen den Mauern des neuen Schulcampus und des ehemaligen Geländes des Krankenhauses Fröbelstraße. Dort soll ein Geh- und Radweg angelegt werden. Auch hier bekommen Radfahrende mehr Platz (drei Meter) als Parkbesucher zu Fuß (2,5 Meter). Und auch hierfür könnten womöglich viele Bäume fallen, immerhin soll die Erhaltung der Bestandsbäume laut Plan "geprüft" werden. Ebenfalls für Radfahrer und Fußgänger geplant ist eine neue Brücke über die Ringbahn, die die Grellstraße im Norden auf Höhe der Gubitzstraße an den Park anschließt. Diese sei jedoch „eher eine langfristige Option“, so Kuhn, da es dafür noch „keinerlei Finanzierung“ gebe.

Die Aufgabe des breiten Parkwegs zugunsten zweier radverkehrsfreundlicher Umwege missfällt den Anwohnern ebenfalls. Schon jetzt habe man Probleme damit, dass Radfahrer „durch den Park durchballern“, so Herold. „Nun wird das eine Fahrradautobahn, das ist Wahnsinn.“

Bezirk verwarf Schulerweiterung auf Klinikgelände

Die Anwohnerinitiative kritisiert, dass die Schule nicht auf das benachbarte alte Krankenhausgelände zieht. „Wir haben das mehrfach angeregt“, so Herold. Die Klinik wurde unlängst von Vivantes aufgegeben. Stadtrat Kuhn erklärt dazu, man habe die schulische Nutzung des Vivantes-Areals „im Rahmen einer Machbarkeitsstudie 2018 geprüft und verworfen“. Das Gelände stehe „komplett unter Ensembleschutz, was eine adäquate Schulnutzung nicht möglich macht“. Außerdem habe der Senat dem Bezirk im gleichen Jahr das Krankenhausgelände „als Standort für eine Modulare Unterkunft für Flüchtlinge ausgewählt und damit einen relativ großen Teil der Fläche einer möglichen bezirklichen Nutzung entzogen“.

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Auch von Westen her befürchten die Anwohner eine baldige "Filetierung" des Parks. Herold verweist darauf, dass es schon länger seitens des Planetariums Expansionsbestrebungen gebe. So habe es Pläne gegeben, eine Bühne, Gastronomie und sogar Parkplätze für Busse im westlichen Teil des Parks einzurichten, um mehr Besucher anzulocken. Davon ist Kuhn "nichts bekannt". In den Bezirksamtskarten allerdings ist der westliche Parkteil bereits gesondert als Planetariums-Fläche gekennzeichnet.

„Der Thälmannpark wird Stück für Stück zerlegt“, kritisiert Volker Herold. „Es werden immer mehr Filets aus einem öffentlichen Park herausgeschnitten, und das auch noch von der öffentlichen Hand. Dadurch steht immer weniger Grünfläche für diesen dicht besiedelten Teil von Prenzlauer Berg zur Verfügung.“

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