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Umsonstladen "UnbezahlBar" in Marzahn-Hellersdorf

© Dominik Lenze

Berliner Umsonstladen „UnbezahlBar“: Ehrenamtliches Sozialprojekt steht auf der Kippe

Sachspenden und freiwillige Arbeit ermöglichen dieses Angebot. Eine frühere Kundin macht inzwischen selbst mit. Doch für die Miete wird Geld gebraucht.

Ein wuseliges Treiben herrscht vor der Marzahner Promenade 9: Menschen verschiedenen Alters drängen sich in der kleinen Ladenparzelle, sprechen in verschiedenen Sprachen, manche stöbern in den Regalen mit Kleidung oder in Bücherkisten. Andere bringen selber Sachen vorbei und an einem kleinen Tischchen vor dem Eingang trinkt eine Frau mit Kopftuch Kaffee, der so stark ist, dass man das Aroma noch einige Meter weiter riechen kann.

Die UnbezahlBar ist in erster Linie ein Umsonstladen – inzwischen aber auch ein fester Treffpunkt im Kiez. Doch die Zukunft des Sozialprojekts steht auf der Kippe – wegen steigender Miete und des Auslaufens von Fördermitteln.

Julie Hyde nimmt vor der UnbezahlBar eine Kleiderspende entgegen. Hyde engagiert sich ehrenamtlich in dem Umsonstladen, weil sie von der Idee begeistert ist und weil sie gern mit Leuten redet. Dafür gibt es hier reichlich Gelegenheiten: Laut einer Strichliste, die in der UnbezahlBar geführt wurde, kommen hier an einem durchschnittlichen Tag gut und gern um die 100 Leute in den Laden.

Manche kommen und bleiben auf einen Kaffee, andere nutzen die vielfältigen Angebote. Manche, wie die Syrerin Nuha Alsolimas, waren erst Kundinnen der UnbezahlBar, heute engagieren sie sich selbst ehrenamtlich in dem Projekt.

Bücher, CDs, Kleidung und andere Waren werden hier komplett kostenlos angeboten. Es gibt auch einen Kühlschrank mit frischen, gespendeten Lebensmitteln. An einem Tisch in der Ecke des Raums können Gäste der UnbezahlBar Sozialberatung in Anspruch nehmen, ohne Terminvereinbarung oder andere Hürden.

“Die meisten Menschen brauchen Hilfe bei Anträgen”, sagt Sozialpädagogin Ivette Malet Sala. Andere Probleme seien die Suche nach einer Wohnung oder nach einem Kita-Platz für das Kind, auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten und Schulden seien immer wieder Thema, berichtet sie.

14 Ehrenamtliche engagieren sich in der UnbezahlBar, sie kümmern sich um die Kundschaft, sortieren die Spenden und schenken Tee und Kaffee aus. Dazu kommen vier in Teilzeit angestellte Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen. Das Warensortiment kostet die UnbezahlBar keinen Cent: Alles, was hier verschenkt wird, wurde vorher gespendet. “Im Grunde sind unsere einzigen Kosten Personal und Miete”, sagt Martina Polizzi, Leiterin der Volkssolidarität. Die Volkssolidarität trägt die UnbezahlBar gemeinsam mit dem DRK Kreisverband Nordost und dem Nachbarschaftsprojekt BENN.

Die Degewo habe angekündigt, die Miete für die Ladenparzelle zu verdoppeln – von etwa 1.500 auf rund 3.000 Euro, so Polizzi. Die landeseigene Wohnungsgesellschaft habe der UnbezahlBar allerdings einen Alternativstandort angeboten für die alte, niedrige Miete und ebenfalls an der Marzahner Promenade, also nahe am bisherigen Standort. “Wir können Stand jetzt aber nicht guten Gewissens einen Mietvertrag unterschreiben”, sagt Polizzi. Denn ab dem 1. Januar laufen die Mittel des Förderprojekts “Netzwerk der Wärme” aus, mit denen die UnbezahlBar bislang finanziert wurde.

Das “Netzwerk der Wärme” ist ein Förderprojekt, das im Herbst 2022 wegen der Energiekrise und aufgrund der Befürchtung eines katastrophalen Winters ins Leben gerufen worden ist. Insgesamt 25,8 Millionen Euro wurden bereitgestellt, um bestehende Angebote in beispielsweise Stadtteilzentren zu stärken oder neue Begegnungsorte wie die UnbezahlBar zu schaffen. Das Projekt wird von der Senatsverwaltung für Soziales nicht fortgeführt.

Soziale Einrichtungen in Marzahn-Hellersdorf haben mit einem Brandbrief reagiert, wie bereits in unserem Marzahn-Hellersdorf-Newsletter berichtet wurde. Inzwischen haben sich die Bezirksstadträtinnen Juliane Witt (Linke) und Heike Wessoly (CDU) in einem gemeinsamen Brief an die Degewo gewandt, um für die Erhaltung der UnbezahlBar zu werben.

In dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass bei den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung sowie Soziales Anträge zu einer weiteren Finanzierung der UnbezahlBar eingereicht worden sind. Bis Ende 2023 rechnen die Bezirksstadträtinnen mit einer Rückmeldung.

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