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Am 2. August feiert die temporäre Spielstraße in Kreuzberg Jubiläum. Zum 100. Mal wird sie durchgeführt.

© Bündnis Temporäre Spielstraßen

Berliner Spielstraßen stehen vor dem Aus: Nachbarschaftsprojekt soll mit 130.000 Euro weniger auskommen

Zum 100. Mal wird die Kreuzberger Böckhstraße diesen Mittwoch zur Spielstraße. Doch die Landesmittel sollen um mehr als die Hälfte gekürzt werden.

Am 2. August feiert das Berliner Spielstraßen-Projekt gleich ein doppeltes Jubiläum: Zum 100. Mal wird die Böckhstraße im Kreuzberger Graefekiez von 14 bis 18 Uhr zur temporären Spielstraße. Gleichzeitig wird das berlinweite Projekt, das durch nachbarschaftliches Engagement und die Organisation des Bündnisses Temporäre Spielstraßen ermöglicht wird, vier Jahre alt.

Doch die Jubiläen haben einen bitteren Beigeschmack. „Wir befürchten, dass die Berliner Haushaltsmittel drastisch gekürzt werden könnten“, sagt Gabi Jung, Sprecherin des Bündnisses. Um das Konzept weiterführen zu können, würden die 180.000 Euro, die aktuell zur Verfügung stehen, aber dringend gebraucht – für die übergeordnete Organisation, Materialkosten und die Beschilderung.

Im Berliner Doppelhaushalt für 2024/25 seien jedoch nur noch 50.000 Euro für das Projekt vorgesehen. Die Verkehrsverwaltung bestätigt dies dem Tagesspiegel auf Nachfrage. Damit stünden den Organisatoren künftig 130.000 Euro weniger zur Verfügung. „Das reicht nicht mal für die Beschilderung; das Projekt kann so nicht mehr weitergeführt werden“, kritisiert Gabi Jung. Das sei sehr schade, weil es um nachbarschaftliches Engagement gehe, das den Kiez aufwerte.

Senat will Gelder umschichten

„Die Kürzungen im Bereich der temporären Spielstraßen sind allein dem engen Berliner Haushalt geschuldet, nicht dem Projekt an sich“, teilt Staatssekretärin Britta Behrendt in Vertretung für Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) mit. Der Haushalt müsse noch vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden. Bis dahin will die Verkehrsverwaltung prüfen, ob es Mittel gebe, die umgeschichtet werden könnten. Senatorin Manja Schreiner werde am „Internationalen autofreien Tag“ eine temporäre Spielstraße besuchen – „was zeigt, wie wichtig ihr diese Projekte sind“, heißt es.

Am 2. August feiert die temporäre Spielstraße in Kreuzberg Jubiläum. Zum 100. Mal wird sie durchgeführt.

© Bündnis Temporäre Spielstraßen

Der berlinweite Aktionstag am 22. September wird vom Bündnis Temporäre Spielstraßen und vielen Ehrenamtlichen organisiert und durchgeführt. Auf etwa 40 Spielstraßen können Kinder an diesem Tag toben und Nachbar:innen sich treffen. Doch ohne Gelder ginge das künftig nicht mehr.

Bündnis fordert dauerhafte Finanzierung

Das Bündnis stellt deswegen auch Forderungen. Neben einer dauerhaft gesicherten Finanzierung der Organisation und Begleitung der Spielstraßen fordert das Bündnis vom Land Berlin auch die Umsetzung eines „Leitfadens zur Einrichtung temporärer Spielstraßen in Berlin“. Diesen habe die Verkehrsverwaltung, damals noch unter grüner Führung, Ende 2022 herausgebracht. „Es ist anachronistisch, den Leitfaden zu veröffentlichen und den Initiativen Mut zu machen. Denn jetzt sollen die Gelder gestrichen werden“, findet Gabi Jung.

Vom Land und vom Bund wird zudem eine Veränderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung gefordert, „um die vielfältige Nutzung des Straßenraums unkompliziert zu ermöglichen und das im Leitfaden beschriebene Verfahren zu vereinfachen“.

Aktuell gibt es 24 regelmäßig stattfindende temporäre Spielstraßen in Berlin, die von Ehrenamtlichen organisiert und durchgeführt werden. In den vergangenen vier Jahren seien mehr als 1000 Termine, also mehr als 250 pro Jahr zusammengekommen, heißt es. Das Bündnis wurde bereits vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Preis des Berliner Umweltfestivals 2023 und dem Award 2023 der International Play Association (IPA). Es sei auch nominiert für den Mobilitätspreis des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) in der Kategorie „Internationale Vorbildprojekte“.

Auch Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, erklärt: „In Berlin findet das Modell der Temporären Spielstraße einen immer größeren Zuspruch.“ In dicht bebauten Gebieten seien die Spielstraßen ein Beispiel intelligenter Flächennutzung und würden sowohl von den Kindern als auch von den Anwohner:innen gut angenommen. Ebenso sei das Angebot vielerorts die einzige Möglichkeit, den Anforderungen für eine ausreichende Bewegung von Kindern im Freien gerecht zu werden.

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