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Wilde Camps werden immer wieder geräumt

© dpa

Ärger um Zeltlager in Parks: Bezirksamt Berlin-Pankow streitet über Umgang mit Obdachlosen

In immer mehr Parks in Berlins größtem Bezirk bilden sich Obdachlosen-Camps. Das Ordnungsamt hält das Grünflächenamt für verantwortlich – das weist die Kritik zurück.

Von Christian Hönicke

Seit einiger Zeit gehören sie zum Stadtbild: Zeltlager von Obdachlosen in Parkanlagen und auf öffentlichen Plätzen. In Berlins größtem Bezirk Pankow sind unter anderem der Volkspark Prenzlauer Berg, der Thälmannpark und der Park-and-Ride-Parkplatz Pankow-Heinersdorf betroffen. „Dort etablieren sich regelmäßig Zeltlager, und es ist damit zu rechnen, dass es auch jetzt in den wärmeren Monaten wieder passieren wird“, bestätigt Pankows Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (für AfD).

Die Pankower CDU will die Zeltlager nun auflösen lassen, zumindest im Volkspark Prenzlauer Berg. Einen entsprechenden Antrag an das Bezirksamt stellte sie in der letzten BVV. Das Ordnungsamt sei „dringend dazu aufgerufen“, das illegale Zelten dort zu unterbinden. 

"Ich bin bereits im vergangenen Jahr mehrfach von Anwohnern rund um den Syringenplatz darauf angesprochen worden, dass auf den Grünflächen im Blumenviertel illegal übernachtet und oft abends auch getrunken und gefeiert wird", berichtet CDU-Politikerin Denise Bittner. "Für mich selbst liegt der Syringenplatz auf dem täglichen Heimweg mit dem Rad. Gerade abends im Dunkeln bin ich jedoch oft einen Umweg gefahren, weil durch die dort zeltenden und abends auch oft feiernden Personen ein erhebliches Unsicherheitsgefühl entsteht."

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Die Anwohner hätten mehrfach die Behörden informiert, so Bittner. "Da sich das illegale Zelten jetzt offensichtlich auch in den bereits extrem frequentierten Volkspark Prenzlauer Berg ausweitet, wird es dringend Zeit, das Thema in die BVV zu bringen." Nicht nur die Anwohner würden gestört, "es gibt auch negative Auswirkungen auf Flora und Fauna".

Das Ordnungsamt bestätigt Bittners Erfahrungen. Meist würden „Bürger aus Osteuropa“ in den Grünanlagen zelten. „Sie sind oft in einem desolaten Gesundheitszustand – aufgrund von Alkoholgenuss ist es oft schwer, hier eine geeignete Ansprache zu finden“, sagt Krüger. Beliebt seien „verkehrsgünstige Parkanlagen mit Versorgungsmöglichkeiten wie Supermärkten im Nahbereich. Manchmal gibt es auch Zeltlager im Thälmannpark, hinter dem Planetarium.“

Das Zelten sei dort zwar laut Grünanlagengesetz grundsätzlich verboten, so Krüger: „In anderen Städten ist man da auch relativ restriktiv, in Berlin aber wird das liberal gehandhabt.“ Der Stadtrat hält das für falsch: „Wenn Sie das erlauben, gibt es am Ende immer mehr Zeltlager mit allen Kollateralschäden.“

Wer die Zelte bemerkt, soll die zuständigen Ämter informieren

Allerdings könne das Ordnungsamt dort nicht selbst agieren. „Flächeneigentümer bei Parks ist das Straßen- und Grünflächenamt, das müsste dort tätig werden“, sagt Krüger. „Wir haben es regelmäßig über die Situation informiert.“ Dennoch unternehme das SGA nichts, „deshalb werden die Parks als bequeme Option genutzt. Wenn das SGA in Aktion tritt, wir würden das dann sicher unterstützen.“

Als positives Beispiel nennt Krüger die Entwicklung am P+R-Platz Heinersdorf. „Da lagerten vor allem Sinti und Roma und andere Pendler trauten sich nicht mehr, diesen Parkplatz zu nutzen“, sagt er. „Da hat das Straßen- und Grünflächenamt nach zwei Jahren Maßnahmen eingeleitet und einen Freischnitt durchgeführt, um vernünftige Sichtbeziehungen zu schaffen und Angsträume zu nehmen. Fahrzeuge, die illegal abgestellt wurden, wurden abgeschleppt.“ Man müsse die Situation dort nun im Frühjahr wieder beobachten. „Da muss man dann schnell reagieren, dass es sich nicht wieder so etabliert.“

Das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) bestätigt die Entwicklungen, weist Krügers Vorwürfe aber zurück. "Es ist richtig, dass in der letzten Zeit vermehrt Obdachenlosencamps im Thälmannpark aufgefallen sind", teilt Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) mit. Doch: "Der Aussage von Herrn Krüger, dass dass SGA hier nicht tätig wird, kann ich nur widersprechen." Die Mitarbeiter des SGA seien angehalten, "die besprochene Vorgehensweise aus der AG Obdachlosigkeit umzusetzen".

Das heißt: Wer die Zelte bemerkt, soll die zuständigen Ämter und den Maßnahmenträger Horizonte informieren. "Die Obdachlosen werden dann durch MitarbeiterInnen des beauftragten Maßnahmeträgers Horizonte gGmbH auf Hilfs- und Unterstützungsangebote hingewiesen und aufgefordert, die Fläche sofort zu beräumen", so Kuhn.

Wenn dies nicht erfolgreich sei, "werden im nächsten Schritt die angetroffenen Personen durch Mitarbeiter des Ordnungsamts aufgefordert, die Grünanlage zu verlassen". Dass das Krügers Amt also hier gar nicht tätig werden könne, stimme nicht, sagt Kuhn. Die Ordnungsamtmitarbeiter dürften einen Platzverweis aussprechen "und müssen/sollen sogar bei Erstkontakt auch so handeln". Bei größeren Gruppen werde dabei Polizeiunterstützung angefordert. Kuhn: "Korrekt ist, dass das SGA bei leerstehenden Unterkünften dann für die Beseitigung zuständig ist."

Falls Sie nun zwischendrin den Überblick verloren haben, wer jetzt für Campingfragen in Pankow zuständig ist, hier die Zusammenfassung: Behörden-Pingpong kann man auch wunderbar auf dem Zeltplatz spielen.

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