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Weil das Haus in der Seelingstraße 29 an einen öffentlich nicht bekannten Investor veräußert worden war, hatten Mieter eine Initiative gegründet.

© Cay Dobberke

Bezirk will Mieter der „Seeling 29“ vor Verdrängung schützen: Berliner Finanzsenator gibt grünes Licht für Nutzung des Vorkaufsrechts

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf möchte erstmals von seinem Vorkaufsrecht für eine Wohnimmobilie Gebrauch machen. Es geht um die Seelingstraße 29.

Die landeseigene Wohnungsgesellschaft Degewo will das alte Haus in der Seelingstraße 29 nahe dem Charlottenburger Klausenerplatz erwerben, um die Mieter der 18 Wohnungen auf fünf Etagen vor einer möglichen Verdrängung zu schützen. Die Berliner Finanzverwaltung unterstütze dies finanziell, sagte eine Sprecherin von Senator Matthias Kollatz (SPD) dem Tagesspiegel am Montag. „Damit kann das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf sein Vorkaufsrecht ausüben.“ Es wäre das erste Mal in der westlichen Innenstadt.

Aus Sicht der Berliner SPD-Abgeordneten Ülker Radziwill, die ihren Wahlkreis in Charlottenburg hat, beweist das Land Berlin jetzt, dass es auch in den neuen Milieuschutzgebieten in der City West „Spekulanten den Kampf ansagt“.

Im vorigen Dezember hatte eine Immobilienfirma das Haus an einen öffentlich nicht bekannten Investor veräußert. Die besorgten Mieter gründeten die Initiative „Seeling 29“. An einer Demonstration in der Straße nahmen am Wochenende unter anderem der Co-Vorsitzende der Linksfraktion in der BVV, Niklas Schenker, die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus (Grüne), Sozialdemokratin Ülker Radziwill sowie Vertreter der „MieterWerkStadt Charlottenburg“, des Berliner Mietervereins und der Initiative „23 Häuser sagen Nein“ teil.

Seit 2020 ist die Gegend Milieuschutzgebiet

Das Milieuschutzgebiet um den Klausenerplatz, zu dem die Seelingstraße gehört, war im Januar 2020 in Kraft getreten. Laut dem Baugesetzbuch besteht dort ein kommunales Vorkaufsrecht. Die rot-grün-rote Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) war sich einig, dass diese Chance unbedingt genutzt werden sollte. Die Linksfraktion hatte bereits im Januar einen Dringlichkeitsantrag gestellt, dem die SPD und die Grünen beitraten. Zur Abstimmung kam es allerdings noch nicht, weil die BVV in ihren derzeitigen Online-Sitzungen nicht direkt beschlussfähig ist und für die Abstimmungen auf das Instrument der Briefwahl ausweichen muss.

Laut Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hatte das Bezirksamt das Gebäude zwei landeseigenen Wohnungsunternehmen und einer Genossenschaft angeboten. Ohne Senatszuschuss wäre ein Kauf aber nicht finanzierbar gewesen.

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Umstrittene Immobilienkäufe im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind derzeit Gegenstand eines Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus. Dabei geht es um die Hintergründe zum Vorkaufsrecht, das der Bezirk 2019 für rund ein halbes Dutzend Wohnhäuser zugunsten der Genossenschaft „Diese eG“ ausübte. Weil die Finanzierung der Genossenschaft zu dem Zeitpunkt auf wackeligen Füßen stand, entstanden der öffentlichen Hand erhebliche Haftungsrisiken. Einer der Häuserdeals scheiterte. Der Berliner Rechnungshof hatte das Vorgehen des Bezirks scharf kritisiert. (mit dpa)

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