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Eigentlich wollte Betül Ulusoy im Juli 2015 ihr Referendariat im Neuköllner Rathaus beginnen, doch ihr Kopftuch ist dort nicht gern gesehen.

© Anna Agliardi/Exberliner

Kopftuchstreit im Bezirksamt Neukölln: Betül Ulusoy tritt ihr Referendariat doch nicht an

Ob mit oder ohne Kopftuch - Betül Ulusoy tritt ihre Ausbildung im Bezirksamt Neukölln nicht an. Dort ist man nun mächtig sauer. Heute nimmt Ulusoy an einer Podiumsdiskussion in der Sehitlik-Moschee teil.

Betül Ulusoy wird ihr Rechtsreferendariat im Bezirksamt Neukölln nun doch nicht antreten. Weder mit noch ohne Kopftuch. Das bestätigte der stellvertretende Bezirksbürgermeister Falko Liecke (CDU) dem Tagesspiegel. "Sie hatte seit Dienstag Zeit, sich beim Bezirksamt zurückzumelden", sagte Liecke. Am Freitag um 17 Uhr lief die Rückmeldefrist aus: "Damit ist das Referendariat vom Tisch."

Die 26-jährige gläubige Muslima und Juristin hatte sich, wie berichtet, im Bezirksamt für die dreimonatige Ausbildung beworben, in der Verwaltung gab es aber rechtliche Vorbehalte, da Ulusoy auch während ihrer Zeit im Amt Kopftuch tragen wollte. Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ließ den Fall intern prüfen, da religiöse Symbole – wie etwa ein Kopftuch – nicht mit dem Berliner Neutralitätsgesetz vereinbar seien, sofern von der Trägerin „hoheitliche Aufgaben“ übernommen würden. Der Fall löste bundesweit eine neue Debatte ums Kopftuch aus. Am Dienstag ließ das Bezirksamt dann mitteilen, Betül Ulusoy dürfe ihr Referendariat auch mit Kopftuch antreten, werde aber von hoheitlichen Aufgaben, bei denen sie mit Bürgern Kontakt hätte, freigestellt. Damit folgte Neukölln einer Vorgabe des Kammergerichts.

Ausbildungsplatz wird neu vergeben

Dass Ulusoy die Frist nun verstreichen ließ, ärgert Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey: "Es ist einfach unmöglich, erst so einen Druck zu machen und sich dann so lange nicht zu melden." Für ihren Ausbildungsplatz gebe es viele Interessenten und auch denen müsse man gerecht werden. Ihr Platz wird nun offenbar neu vergeben. Giffeys Stellvertreter Liecke schimpft, Ulusoy habe ihre Bewerbung nur als Inszenierung genutzt, um einen Kampf ums Kopftuch auszutragen – "mit Neukölln als Opfer". Unterstützung erhält Liecke vom Neuköllner Bundestagsabgeordneten Fritz Felgentreu (SPD). Auf Ulusoys Facebook-Seite postete er: "Man kann Ihre Entscheidung eigentlich nur so verstehen, dass es Ihnen von Anfang an ausschließlich um Ihre politische Kampagne gegangen ist, nicht um Ihre Ausbildung."

Vertrauensbasis erschüttert

Ulusoy weist das zurück. "Mir kommt es auf die Sache an, nicht auf persönliche Empfindlichkeiten. Aber das Bezirksamt hatte es offenbar eilig und hat sich entschieden." Sie habe gezögert, dem Bezirksamt zuzusagen, da das Vertrauensverhältnis erschüttert gewesen sei. Aus dem Amt und von Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung habe es islamophobe und vereinzelt gar sexistische Kommentare gegeben. "Da muss man sehen, ob man auf dieser Grundlage zusammenarbeiten kann." Eigentlich habe sie Liecke bei einer Podiumsdiskussion am Sonntag in der Sehitlik-Moschee in Neukölln um Klärung bitten wollen.

Ihre Ausbildung wird Ulusoy aber in jedem Fall abschließen. "Ich habe mittlerweile Angebote von anderen Berliner Behörden, bei denen es kein Problem wäre, und werde eines dieser Angebote annehmen."

Ein ausführliches Porträt über Betül Ulusoy lesen Sie hier

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