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Sebastian Brecht steht vor seinem Laden «Obessive Chocolate Disorder» im New Yorker East Village.

© Marie Weigl/dpa

Update

Bertolt Brecht-Enkel eröffnet Pralinengeschäft in New York: Die Schokolade des Herrn Brecht

Sebastian Brecht, Enkel von Bertolt Brecht, hat ein Schokoladen-Geschäft in New York eröffnet. Nun sucht er Sponsoren für eine Berliner Filiale.

Bertolt Brecht: Jeder hat etwas von ihm und über ihn im Kopf. Episches Theater, Berliner Ensemble, erst das Fressen, dann die Moral, Helene Weigel konnte gut kochen, und der Haifisch, der hat Zähne. Von Sebastian Brecht weiß niemand etwas – und das hat vermutlich damit zu tun, dass er dem Schlagschatten des Großvaters bislang penibel ausgewichen ist. So penibel, dass er sich nicht mal fotografieren lässt.

Nun ist aber doch ein wenig durchgesickert, und zwar aus New York. Dort lebt Brecht, einer der beiden Enkel von Bertolt Brecht und Helene Weigel, seit seiner Geburt – auch sein Vater, ein Theaterautor, war im amerikanischen Exil geboren worden und blieb dort, als Brecht und Weigel nach Deutschland zurückkehrten.

Sebastian Brecht hält sich in seinem Laden, wo er jeden Monat einen anderen Künstler ausstellt, ein Portrait vor sein Gesicht, das die Künstlerin Alix Bailey von ihm gemalt hat - er lässt sich nie fotografieren.
Sebastian Brecht hält sich in seinem Laden, wo er jeden Monat einen anderen Künstler ausstellt, ein Portrait vor sein Gesicht, das die Künstlerin Alix Bailey von ihm gemalt hat - er lässt sich nie fotografieren.

© Marie Weigl/dpa

Sebastian, so hören wir nun, legte dort einen gehörigen Fehlstart hin. Mit 21 Jahren war er aus sämtlichen Schulen geflogen und arbeitete als Schlosser, bis sich ihm die Welt der Kochkunst und Chocolaterie auftat, ihm fiel ein Buch über französische Torten in die Hand. Er besuchte das French Culinary Institute in Manhattan, spezialisierte sich in Konditorei, lernte in einem Luxusrestaurant, wechselte zum elsässischen, in New York mit drei Sternen ausgezeichneten Chef Jean-Georges Vongerichten, machte sich schließlich selbstständig und verkaufte seine Torten an New Yorks beste Delikatessenhäuser. Die „New York Times“ nannte ihn schon einen der „führenden Konditoren der Stadt“.

Am Valentinstag 2017 eröffnete Brecht das Geschäft „Obsessive Chocolate Disorder“ auf der East 4th Street im Süden Manhattans. Diese Gegend atmet Theater, es ist der „Ellen Stewart Way“, benannt nach der Gründerin des legendären La-MaMa-Theaters. Dieser Straßenabschnitt ist einer von nur drei in ganz New York, die offiziell denkmal- und kulturgeschützt sind. Seit über hundert Jahren bewohnen Theater, Varieté-Clubs und Tanzkompanien die Häuser. Überall wird geprobt, gesungen, getanzt, gespielt. Brechts Frau Solveig stammt ebenfalls aus einer Theaterfamilie: Ihr Vater Peter Schumann hat das „Bread and Puppet Theatre“ gegründet.

Mitarbeiterin Marisa Negro stampft Popcorn für Schokoladentafeln im «Obessive Chocolate Disorder» von Sebastian Brecht.
Mitarbeiterin Marisa Negro stampft Popcorn für Schokoladentafeln im «Obessive Chocolate Disorder» von Sebastian Brecht.

© Marie Weigl/dpa

Mittendrin: Der Schoko-Laden. Der Name „Obsessive Chocolate Disorder“ hat anfangs ein wenig Ärger gemacht, denn er spielt auf zwanghafte Verhaltensstörungen an. Brecht konterte, er selbst sei davon betroffen, und Humor helfe ihm, damit klarzukommen. So hält er es auch bei der Arbeit: „Seine Schokolade ist verspielt und humorvoll“, sagt Mitarbeiterin Marisa Negro. Sie liebt die „Area 51“, eine fliegende Untertasse mit Chips und Karamell. Die Form hat Sebastian selber entworfen, auch beispielsweise einen Skorpion und einen Haifisch.

Verschiedene Schokoladensorten sind in dem Geschäft ausgestellt.
Verschiedene Schokoladensorten sind in dem Geschäft ausgestellt.

© Marie Weigl/dpa

Doch auch die europäische Tradition hat er im Blick: Er bietet neben vielen anderen Länder-Tafeln auch eine Österreich-Schokolade an, die von einem Marillenknödel-Rezept seiner aus Wien stammenden Großmutter inspiriert ist. Sie habe ihm den besten Kakao gekocht, wenn er auf Verwandtenbesuch in der DDR war, sagt er.

Nebenbei spielt Kunst eine große Rolle in seinem Geschäft. Dort stellt Sebastian Brecht jeden Monat einen anderen bildenden Künstler aus, Fressen und Moral fallen in wunderbarer Weise zusammen. Und wenn ein Fotograf anrückt, hält er sich ein Porträt vors Gesicht, das die Künstlerin Alix Bailey von ihm gemalt hat.

Brecht würde gerne auch einen Laden in Berlin eröffnen und lässt durchblicken, dass er derzeit Sponsoren sucht. Voraussetzung wäre natürlich eine Deutschland-Schokoladentafel, die es noch nicht gibt. Er arbeite daran, sagt Brecht. Aber verraten will er noch nichts. (mit dpa)

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