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Will ihrer Rolle gerecht werden: Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Meike Kamp.

© Aubrey Wade / Aubrey Wade

Berlins neue Datenschutzbeauftragte Meike Kamp: „Unsere Hinweise stoßen nicht immer auf Gegenliebe“

Im Zuge der Digitalisierung gewinnt der Schutz sensibler Daten immer mehr an Gewicht. Meike Kamp erklärt, wie sie beides miteinander vereinen will.

Frau Kamp, Anfang Oktober wurden Sie ins Amt der Berliner Datenschutzbeauftragten gewählt, am Mittwoch haben Sie sich im Abgeordnetenhaus vorgestellt. Sind Sie gut angekommen?
Ich glaube schon, dass die Freude über eine neue Leiterin in der Datenschutzbehörde nach 14 Monaten Vakanz groß ist. Ich bin sehr freundlich aufgenommen worden, kenne ja aber auch eine Menge Leute aus meiner früheren Zeit dort. Das hilft enorm.

Sie haben die Behörde 2019 nach neun Jahren verlassen, nun sind Sie wieder da. Was hat sich seitdem verändert?
Die Behörde ist extrem gewachsen, hat sich von damals etwa 40 auf heute rund 80 Mitarbeitende verdoppelt. Da hat meine Vorgängerin Maja Smoltczyk sehr gute Arbeit geleistet und den Rückenwind der Datenschutzgrundverordnung genutzt, um die Behörde deutlich besser aufzustellen. Dafür sind mir schon alte Themen begegnet, die bislang leider noch nicht geklärt sind, insbesondere Rechtsfragen und mangelnde Transparenz bei den international tätigen Betreibern von digitalen Diensten beispielsweise in Sachen Facebook Fanpage oder Auftragsverarbeitung im Zusammenhang mit MS Office 365.

Corona und der damit einhergehende Digitalisierungsdruck haben die Debatten um den Datenschutz angefacht und teils heftige Kontroversen ausgelöst. Eine positive Entwicklung?
Man kann schon sagen, dass viele Behörden einfach komplett überfordert waren am Anfang der Pandemie. Retrospektiv wäre die ein oder andere mit weniger Emotionen geführte Debatte sicher zielführender gewesen. Genau das haben wir uns für den Neustart vorgenommen.

Datenschutz ist notwendig und nicht nur eine Pflichtaufgabe.

Meike Kamp, Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

Unter anderem bei der Schuldigitalisierung stand die Datenschutzbehörde schnell im Ruf des Bremsers. Zu Unrecht?
Den Datenschutz als Verhinderer und Bremser abzustempeln, ist eine ganz einfache und schnelle Möglichkeit, sich Probleme vom Hals zu schaffen. Wir machen unseren Job und sind eingesetzt worden, um personenbezogene Daten zu schützen und damit Grundrechtsschützer. Wir helfen dabei, den Rechtsstaat zu wahren. Das muss allen Beteiligten bewusst sein.

Sie werden diesen Konflikt also auch weiterhin austragen?
Wenn es uns braucht, dann muss man uns auch zugestehen, dass wir unseren Job machen können. Dazu gehört, anzuerkennen, dass Datenschutz notwendig und nicht nur Pflichtaufgabe ist. Und dazu gehört auch, möglich zu machen, offene Rechtsfragen beispielsweise im Bereich der Betroffenenrechte gerichtlich klären zu lassen und den Ausgang der Entscheidungen in gewisser Weise sportlich zu sehen. Das will ich angehen.

Dafür braucht es die Rückendeckung der Politik. Ihre Amtsvorgängerin konnte sich dieser nicht immer gewiss sein...
Die jüngsten Jahresberichte der Behörde schwitzen aus jeder Pore den Hinweis, dass sie entweder nicht eingebunden wurde oder die Zusammenarbeit schleppend und schwierig verlief, obwohl wir immer zur Beratung bereitstanden. Wir haben ein Problem mit der Außendarstellung als Verhinderer und damit, dass wir mit unseren Hinweisen in der Beratung nicht immer auf Gegenliebe stoßen.

Wie wollen Sie das Dilemma auflösen?
Wir müssen weitermachen, optimieren und noch sichtbarer werden – auch und gerade auf der Arbeitsebene. Die derzeit laufende Einführung der digitalen Akte zeigt, wie es gehen kann. Wir beraten bei der Erstellung eines Musterdatenschutzkonzepts. Diese Erkenntnisse können dann von den Fachbehörden nachgenutzt werden. So effektivieren wir die Beratung auch unter Berücksichtigung unserer eigenen Ressourcen und befähigen die Verwaltung, Datenschutz mitzudenken.

Sie übernehmen das Amt in einer Phase, in der nicht klar ist, wer nach dem 12. Februar regiert. Ein Problem?
Für die Vernetzung auf der obersten Ebene ist es eine Herausforderung, klar. Schließlich wissen wir gerade nicht genau, welcher politische Akteur nach der Wahlwiederholung noch im Amt sein wird. Für die Vernetzung auf der Arbeitsebene wiederum bedeutet die Neuwahl kein Problem, da können und wollen wir quasi sofort anfangen und in die laufenden Prozesse einzusteigen. Mein Ansatz ist, in der Verwaltungsdigitalisierung auf Beratung zu setzen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir da ins Fliegen kommen und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Meine Behörde ist da gut aufgestellt.

80
Mitarbeiter hat ist die Berliner Datenschutzbehörde inzwischen.

Wie groß ist Ihre Sorge, auch dabei als Bremser abgestempelt zu werden?
Die Sorge ist zumindest nicht unbegründet. Es kommt stark darauf an, zu welchem Zeitpunkt wir in die Prozesse reinkommen. Passiert das gleich zu Beginn, sind wir Partner und helfen mit, sie zu gestalten. Passiert das später und stellen wir fest, dass bereits rote Linien überschritten sind, weil es im laufenden Prozess de facto keine informationelle Selbstbestimmung mehr gibt, dann müssen wir ihn stoppen. Deshalb hoffe ich, dass es uns gelingt, ganz vorne in die Mitwirkung hineinzukommen.

Sie sprachen von einem „Neustart“: Welche großen Projekte wollen Sie zuerst angehen?
Die Verwaltungsdigitalisierung ist ein zentrales Thema, ganz klar. Darüber hinaus will ich bei der Polizei über zusätzliche Überprüfungen nachdenken. Insbesondere möchte ich die polizeilichen Datenbanken und den Datenaustausch mit europäischen Datenbanken in den Blick nehmen. Weiterhin ist es mein Ziel, dass Anordnungsbefugnisse für meine Behörde im Bereich der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung geschaffen und somit endlich die Vorgaben des europäischen Gesetzgebers umgesetzt werden.

Zu Ihrem Amtsbereich zählt auch das Thema Informationsfreiheit. Wie beurteilen Sie das erneute Scheitern des bereits in der vergangenen Legislaturperiode geplanten Transparenzgesetzes?
Wir bereiten uns darauf vor, akquirieren Personal und wollen uns dort breiter aufstellen. Dass der Prozess nun wieder gestoppt ist, ist extrem ärgerlich. Wir halten dieses Gesetz auch demokratietheoretisch für sehr wichtig und werden weiter darauf drängen.

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