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Friedrich Krause, abgebildet in der „Deutschen Corpszeitung“, im Oktober 1925.

© Wikipedia

Urne eingemauert im Treppenhaus von 1923: Letzte Ruhe für den Erbauer des Berliner Westhafens

In Folge 17 unserer Kolumne „Aus der Zeit“ über Berlins Wirtschaftsgeschichte geht es um Berlins großen Brücken-, Tunnel- und Hafenbauer Friedrich Krause.

Eine Kolumne von Beata Gontarczyk-Krampe

Mancher Bauherr fände wohl gern in seinem größten Werk die letzte Ruhe. Dem Geheimen Baurat Friedrich Krause, dem Erbauer des Lindentunnels (der unterirdische Verbindung, die seit 1915 Straßenbahnverkehr unter Unter den Linden ermöglicht) und vieler Berliner Brücken, ist das gelungen: Sein größtes Projekt findet man jedoch nicht unter dem Boulevard oder über der Mikado-Landschaft von Eisenbahngleisen nordwestlich von Prenzlauer Berg. Es steht im Wedding und ist der zweitgrößte Binnenhafen Deutschlands: Friedrich Krause fand seine letzte Ruhestätte im Westhafen.

Bauzeichnung für den Überblick des damals neuen Westhafens von 1923, dem Jahr der Fertigstellung.

© privat

Die größte Hafenanlage Berlins ist eine von einst 22 der Stadt. Viele, wie der Schöneberger Hafen (zugeschüttet) oder der Kreuzberger Urbanhafen (zurückgebaut), erfüllen die Funktion nicht mehr. Für den Westhafen wurden 1893 die ersten Pläne geschrieben. Bis zu den ersten Vorarbeiten 1905 und dem Baubeginn 1914 musste sich Krause aber mit der Eisenbahnverwaltung anlegen. Die hatte ihn ausbremsen wollen, als sie erfahren hatte, dass die Ringbahnstrecke versetzt werden soll, um seinen Hafen an die Hamburger-Lehrter-Bahn-Strecke anzubinden.

Der Westhafen in Moabit zwischen Hohenzollern– und Spandauer Schifffahrtskanal. Blick auf Mittelbecken und kriegsbeschädigtes Verwaltungsgebäude – um 1948.

© akg-images/akg-images

Ähnlich schwierig verliefen die Gespräche mit dem Johannes-Stift, der größten Diakonischen Einrichtung Berlins. Die hatte damals das Gelände am Spandauer Schifffahrts- und Charlottenburger Verbindungskanal genutzt. Erst 1906 konnte man sich einigen: Das Johannes-Stift siedelte um nach Spandau (Hakenfelde). Die Stadt Berlin kaufte Land aus privatem Besitz dazu, um auf ein Grundstück mit insgesamt 37 Hektar zu kommen.

Trotz weiterer Verzögerungen durch den Ersten Weltkrieg entstanden dort bis September 1923 zwei riesige Wasserbecken, das dritte war 1927 fertig, dazu mehrere Lagerhallen, ein gigantischer Getreidespeicher (wo heute das Berliner Zeitungsarchiv residiert), ein Zollspeicher (mit Bananenkeller) und Dutzende anderen Anlagen; darunter 16 Kilometer Bahngleise und ein Kohlenlagerplatz, wo bis zu 100.000 Tonnen des schwarzen Goldes aus Oberschlesien auf jeweils sieben Meter hohe Hügel aufgeschüttet werden konnten.

Leider war 1923 in finanzieller Hinsicht kein gutes Jahr für den Start eines so großen Infrastrukturprojektes. Die am 26. Februar des Jahres gegründete BEHALA (Berliner Hafen- und Lagerhaus A.-G) musste Kunden finden. So kam es dazu, dass Henry Fords erstes Fließbandauto „Tin Lizzie“ (offiziell „Model-T“) bald vom Westhafen in die Welt ausgeliefert wurde. Alle Fäden in diesem gigantischen Binnenhafen – die von Schifffahrt, den Eisenbahnanlagen, die Be- und Entladung und der Zollinspektion – wurden in einem Gebäude gesetzt: dem von Friedrich Krauses Kollegen, dem Architekten Richard Wolffenstein, erbauten Verwaltungsgebäude.

Und in diesem Herz von Berlins größten Hafen ließ sich Friedrich Krause begraben: nach seinem Tod im August 1925 und nach Einäscherung im Krematorium Wilmersdorf, mauerte man seine Urne in die Wand des Treppenhauses ein. Eine Gedenktafel erinnert an den Mann, der an dem Ort bleiben darf, den er selbst erschaffen hat.

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