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„Just in time“ war einmal – die Tendenz geht wieder in Richtung Lagerhaltung.

© dpa/Martin Schutt

Logistikimmobilien: Berlin verliert seine Spitzenposition gleich zwei Mal

Das Neubau- und Investmentvolumen von Logistikflächen der Hauptstadt liegt nun hinter den Regionen Rhein/Ruhr und Rhein-Main. Die Preisfindungsphase hält auch im dritten Quartal an.

Die Zinsanstiege der letzten Monate bremsen weiterhin die Investments im gewerblichen Immobilienmarkt. Vor allem trifft das auf die Hauptstadtregion zu. Gleichwohl kann von einem Einbruch im Logistikneubau bundesweit nicht gesprochen werden. „In den letzten Jahren – eigentlich seit 2015 – ging es in der Logistik weitgehend steil bergauf“, sagt Studienleiter Felix Werner (Bulwiengesa), der im September die neue Studie „Logistik und Immobilien 2023“ vorgelegt hat.

„Wir hatten auch im Jahr 2022 noch über fünf Millionen Quadratmeter an Fertigstellungen bei Logistikflächen. Und trotz Krise gehen wir auch fürs Jahr 2023 – mit relativ gesicherten Zahlen – von über 4,8 Millionen Quadratmetern aus. Sprich: etwas weniger!“ Aber die Branche sei immer noch in einer sehr, sehr stabilen Phase unterwegs, die nur geringfügig unter den Rekorden der vergangenen Jahre liege.

Trotz Krise gehen wir auch fürs Jahr 2023 – mit relativ gesicherten Zahlen – von über 4,8 Millionen fertiggestellten Quadratmetern Logistikflächen bundesweit aus.

Felix Werner, Studienleiter  „Logistik und Immobilien 2023“ bei Bulwiengesa

Die Studie „Logistik und Immobilien 2023“ wurde von Bulwiengesa, einem privaten Forschungsinstitut für die Immobilienwirtschaft, zum neunten Mal in Folge in Partnerschaft mit der Berlin Hyp AG, Bremer AG, Garbe Industrial Real Estate GmbH (Garbe) und der Savills Immobilien-Beratungs GmbH (Savills) veröffentlicht.

„Berlin verliert gleich zweimal seine Spitzenpostion“, sagte Studienleiter Felix Werner (Bulwiengesa) zur Performance.

Fertiggestellte Neubaulogistikfläche und Investmentvolumen

© Quelle: Bulwiengesa AG, August 2023 I Tsp/Infografik

Die Logistikregion Rhein-Ruhr, in den letzten Jahren als einer der großen Aufsteiger im Ranking der Regionen, konnte im aktuellen Betrachtungszeitraum mit einem gesamten Neubauvolumen von rund 881.000 Quadratmetern erstmals den Spitzenplatz unter den 28 Logistikregionen erreichen. Der letztjährige Spitzenreiter, die Region Berlin, liegt dicht dahinter mit einem gesamten Entwicklungsvolumen von rund 840.000 Quadratmetern.

Kleinere Standorte gewinnen an Bedeutung

Beim Investmentvolumen liegt Berlin bei der Betrachtung der Reginen im Fünfjahrsvergleich ab 2018 auf Platz vier, hinter Rhein-Main/Frankfurt, Hannover/Braunschweig und Hamburg. Im Vorjahr hatte Berlin sich noch angeschickt, die Region Rhein-Main/Frankfurt vom Spitzenplatz zu verdrängen.

„Der Berliner Investmentmarkt behauptet sich im schwierigen Marktumfeld wie kein anderer Markt bundesweit. Dabei profitiert er von einer vergleichsweise umfangreichen Angebotsseite im Core-Segment. Ausgehend von einer erneuten Zinsanpassung der Notenbanken dürfte allerdings die Preisfindungsphase auch in der Hauptstadt anhalten und das Investmentgeschehen weiterhin verlangsamen“, sagt Jan Dohrwardt, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Berliner Niederlassungsleiter, zu den Ergebnissen des dritten Quartals.

„Dafür gewinnen periphere Standorte an Bedeutung“, sagte Felix Werner (Bulwiengesa). Auffällig ist zudem, dass auch einige Logistikregionen im Osten der Republik wie Halle/Leipzig, A4 Thüringen und etwa Magdeburg unter den Regionen mit den höchsten Flächenneuzugängen zu finden sind.

Ein höheres Investmentvolumen als in Frankfurt konnte auch im ersten Halbjahr 2023 nur in der Region Hannover/Braunschweig verzeichnet werden.

Berlin Hyp achtet vor allem aber auf Wirtschaftlichkeit neuer Standorte

Für die Berlin Hyp betonte Vorständin Teresa Dreo-Tempsch „die grundsätzliche Finanzierungsbereitschaft“ ihres Instituts, das gewerbliche Immobilien finanziert. Man schaue bei Immobilienfinanzierungen auf die gleichen Kriterien wie bisher – etwa Lage, Anbindung und Nachhaltigkeit. Natürlich werde auch das Geschätsziel und dessen Sinnhaftigkeit am konkreten Standort betrachtet. „Wesentliches Kriterium ist aber – und das schlägt im Moment alles andere – ist die Bedienbarkeit, die Wirtschaftlichkeit der Projekte“, sagte sie.

Für die Untersuchung wurden die Daten von über 3000 bestehenden, im Bau befindlichen und geplanten Logistikobjekten in Deutschland ausgewertet.

Grundstückmangel führt zu steigenden Mieten

Der Berliner Industrie- und Logistikimmobilienmarkt ist vor allem von Grundstücksmangel und einer niedrigen Leerstandsquote geprägt, die die Mietpreisentwicklung befeuern. Dies gilt laut Studie von Bulwiengesa für das gesamte Bundesgebiet – und somit auch für Berlin.

6,50
Euro Monatsmiete kostet ein Quadratmeter Lagerfläche in Berlin im Durchschnitt.

„Dies führte dazu, dass sowohl die Spitzen- als auch die Durchschnittsmieten im Vergleich zum Vorjahr um jeweils zehn Prozent gestiegen sind“, gab der Gewerbeimmobilienmakler Colliers mit Blick auf das erste Halbjahr zu Protokoll. Die Spitzenmiete lag für die erste Jahreshälfte in Berlin bei 7,70 Euro/Quadratmeter, die Durchschnittsmiete bei 6,50 Euro/Quadratmeter. Im Vergleich zum ersten Quartal ist sie somit stabil geblieben. Auch die Spitzenmieten im Stadtgebiet (7,80 Euro/Quadratmeter) und im Umland (5,70 Euro/Quadratmeter) sind im Vergleich zum letzten Quartal stabil geblieben, im Zwölfmonatsvergleich allerdings um 8 Prozent (Stadtgebiet) bzw. 14 Prozent (Berliner Umland) angestiegen.

„Für die kommenden Monate rechnen wir mit einem weiteren Anstieg der Durchschnitts- und Spitzenmieten. Wir beobachten weiterhin eine Vielzahl an Gesuchen und erwarten eine Erholung der Nachfrage bis Ende des Jahres“, sagte Endre Rebák, Head of Industrial & Logistics bei Colliers in Berlin.

Die Flächennachfrage bleibt an allen Standorten hoch

Diese Einschätzung korrespondiert mit der Studie Logistik und Immobilien 2023: „Das marktübliche Mietniveau, das jüngst stark gestiegen war, bleibt wegen der noch hohen Flächennachfrage in allen Logistikregionen hoch“, heißt es dort. Eine Abkehr vom Just-in-Time-Konzept induziert auch einen erhöhten Bedarf an Lagerhaltung mit entsprechend erhöhtem Flächenbedarf, der verschärfend auf den ohnehin schon deutlichen Nachfrageüberhang nach Logistikflächen wirkt, heißt es in der „Logistikstudie 2023“.

Der deutsche Logistikimmobilienmarkt ist weiterhin von einheimischen Käufergruppen geprägt, die auch 2022 etwas über 60 Prozent zum Umsatzergebnis beisteuerten.

Berlin legte in den vergangenen Jahren die höchsten Mietsteigerungen hin

Die Studie sieht Berlin bei den Mietpreisen inzwischen bei durchschnittlich neun Euro pro Quadratmeter (2. Quartal 2023). Das ist ein Plus von 84 Prozent gegenüber dem, was im vierten Quartal 2015 verlangt wurde (4,90 Euro/Quadratmeter). Damit liegt Berlin im Vergleich der A-Städte weit vorne. Keine andere Großstadt hatte solche Steigerungsraten. Allein in München wird mit 9,20 Euro pro Quadratmeter im Durchschnitt mehr bezahlt (Steigerungsrate: 37 Prozent).

Das schwierige Finanzierungsumfeld sowie die bestehenden Unsicherheiten sorgten dafür, dass der Flächenumsatz in Berlin nicht an die Rekordergebnisse der letzten Jahre anknüpfen könne.

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