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Amtsübergabe am Olex-Haus in Berlin-Schöneberg. Der bisherige Senator Stephan Schwarz (parteilos) mit Nachfolgerin Franziska Giffey (SPD). Im Hintergrund: Staatssekretäre Severin Fischer (links) und Michael Biehl (rechts).

© Kevin Hoffman/Tagesspiegel

Lieber keine Fahrt im Paternoster: Giffey tritt Dienst als Wirtschaftssenatorin an

Berlins bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat ihren neuen Job angetreten – als Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Vorgänger Stephan Schwarz zeigte ihr ein geheimes Nebenzimmer.

Der Dienst-Audi fährt vor. „Melde mich zum Dienst“, lacht Franziska Giffey (SPD), als sie am Freitag gegen 13 Uhr aussteigt. Auf dem Bürgersteig vor dem Schöneberger Olex-Haus, einst Firmenzentrale eines Mineralölkonzerns und heute Sitz der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, wartet der bisherige Hausherr Stephan Schwarz.

Giffey hatte den Unternehmer und langjährigen Präsidenten der Handwerkskammer vor anderthalb Jahren gebeten, hier die Leitung zu übernehmen. Das hat er gemacht – und hätte es mutmaßlich auch pflichtschuldigst noch weitere dreieinhalb Jahre getan. Aber eine verlorene Wahlwiederholung der SPD später liegen die Karten eben anders.

Schwarz habe Giffey gebeten zu übernehmen, heißt es

In der von Schwarz und Giffey geschilderten Version fügen sich die Dinge so: Schwarz habe sich über die Osterfeiertage entschieden, das Senatorenamt aufgeben zu wollen und Giffey gebeten, es selbst zu übernehmen. Die hatte ihren Posten als Regierende Bürgermeisterin mit der Wahl von Kai Wegner (CDU) am Donnerstag ja räumen müssen – und daher dem Wunsch entsprechen können.

Ob noch weitere Faktoren oder Motive eine Rolle gespielt haben, scheint nicht so wichtig in dem Moment, als Giffey sich bereits freundlich dem Pförtner vorstellt, und dann mit Schwarz und frisch vereidigten Staatssekretären Michael Biel und Severin Fischer die Stufen hinauf durch das fast 110 Jahre alte Gebäude schreitet.

Schwarz und Giffey erreichen die Etage des Direktorenzimmers im Olex-Haus. Auch ohne Fahrstuhl.
Schwarz und Giffey erreichen die Etage des Direktorenzimmers im Olex-Haus. Auch ohne Fahrstuhl.

© Kevin Hoffman/Tagesspiegel

Eine Digitalanzeige begrüßt die neue Hausleitung und erinnert an den „Länderarbeitskreis Kreativwirtschaft“, der noch bis 16 Uhr in Raum 396 tagt. Schwarz hatte verraten, dass er eigentlich noch wenigstens einmal mit dem historischen Paternosteraufzug fahren wollte. Dazu sei es in anderthalb Jahren nicht gekommen, da dieses denkmalgeschützte Gerät, früher auch „Beamtenbagger“ genannt, aus Energiespargründen lange abgeschaltet gewesen sei.

Erfahrene Politiker und Medienprofis wie Giffey meiden den Paternoster, wenn Journalisten in der Nähe sind. Denn die kramen Bewegtbilder von Abfahrten in diesen offenen Aufzügen gern aus dem Archiv, sobald es gerade mal steil bergab geht. Das passt so gut zum Text. Im rbb hält sich das Gerücht, dass aus genau diesem Grund die ehemalige Intendantin Patricia Schlesinger nie den Paternoster in ihrem „Haus des Rundfunks“ an der Masurenallee genommen habe.

Schwarz präsentiert die Dienstmädchenkammer

Zurück im Olex-Haus betritt der Tross der Hausleitung das holzgetäfelte Vorzimmer. Schwerer Blumenduft dringt in die Nase. Doch kein Strauß grüßt Giffey; der Personalrat hat Senator Schwarz ein paar Rosen und Gerbera binden lassen.

Ein Blumenstrauß im Vorzimmer. Er gehört dem scheidenden Senator, nicht der neuen Senatorin.
Ein Blumenstrauß im Vorzimmer. Er gehört dem scheidenden Senator, nicht der neuen Senatorin.

© Kevin Hoffman/Tagesspiegel

Im Büro angekommen, gibt es zunächst ein paar harte Reporterfragen zur Rekommunalisierung der Wärmeversorgung und zu Kai Wegners Wahldebakel vom Vortag. Auch die Frage, ob sie Landesvorsitzende der SPD bleiben werde nach dem Landesparteitag am 26. Mai, pariert Giffey routiniert („ist kein Wahlparteitag“) und gibt die Parole aus, dass es jetzt ganz wichtig sei, „dass wir ins Arbeiten kommen“.

Dabei hatte niemand behauptet, hier sei bisher nicht gearbeitet worden. Egal. Schwarz erinnerte sich, dass er in seiner früheren Rolle als Kammerpräsident mit seinen Vorgängern Gregor Gysi (damals PDS, 2002), Harald Wolf (Linke, bis 2011), Sybille von Obernitz (parteilos, für CDU, bis 2016) und Ramona Pop (Grüne, bis 2021) oft in diesem einstigen Direktorenzimmer gesessen habe.

Stephan Schwarz (parteilos) mit Nachfolgerin Franziska Giffey (SPD) im Büro. Schwarz  weiht sie in die Geheimnisse des Raumes ein.
Stephan Schwarz (parteilos) mit Nachfolgerin Franziska Giffey (SPD) im Büro. Schwarz weiht sie in die Geheimnisse des Raumes ein.

© Kevin Hoffman/Tagesspiegel

Er richtet Giffeys Augenmerk auf zwei kleine Fensterchen unter der Zimmerdecke. Die gingen nicht etwa zum Innenhof, verrät er. Er vermute, das seien „Dienstmädchenkammern“ gewesen. „Da saß der Direktor wahrscheinlich Zigarre rauchend hier und hat immer geklingelt, wenn er einen Tee haben möchte“, malte sich Schwarz aus. Und berichtet von einer Legende, wonach Amtsvorgänger Elmar Pieroth (CDU, bis 1999) dort oben seine Nachmittagsschläfchen gehalten haben soll.

Blick aus der kleinen Kammer hinein ins Büro. Hier habe ein Vorgänger öfter sein Mittagsschläfchen gehalten, sagt die Legende.
Blick aus der kleinen Kammer hinein ins Büro. Hier habe ein Vorgänger öfter sein Mittagsschläfchen gehalten, sagt die Legende.

© dpa/Hannes P Albert

Giffey scheint die Anekdote nicht ganz zu behagen, trotzdem steigt sie mit Schwarz die engen Stufen hinauf, findet oben zwar nicht Pieroths Pritsche, winkt aber hinunter ins Zimmer. Die Gäste werden gebeten, zu gehen. Besprechungen mit den Staatssekretären und eine Versammlung der bis zu 370 Mitarbeiter des Hauses stehen noch an, an diesem ersten Tag als Senatorin.

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