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Intensiv-Pflegekräfte auf einer Corona-Station.

© dpa / Jens Büttner

Leih- und Zeitarbeit in Berlins Kliniken: Nicht im Streit um das Pflege-Leasing verlieren

Leih- und Zeitarbeit in der Pflege muss reguliert werden, der Nutzen eines Verbots aber ist fraglich. Alle Macht sollte sich auf Nachwuchsausbildung konzentrieren.

Ein Kommentar von Hannes Heine

Eingreifen, die Geschehnisse nicht sich selbst überlassen, Verbesserungen anstreben: Das sollte Politik wollen – gerade in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Insbesondere für Krankenhäuser und Pflegeheime gilt, dass es keine Auszeit gibt, sie müssen nachts, an den Wochenenden, in der Ferienzeit funktionieren.

Deshalb ist der Impuls aus den Kliniken nachvollziehbar, die Zeit- und Leiharbeit einzuschränken. Die Charité fordert strenges Regulieren, die Vivantes-Spitze plädiert gar dafür, Pflege-Leasing zu verbieten.

In Krankenhäusern und Heimen fehlt Personal, um die Arbeit für alle Beteiligten auf Dauer erfüllend erledigen zu können. Die Patienten werden im Schnitt immer älter, es gibt wenige Junge – und von diesen ohnehin schwachen Jahrgängen entscheiden sich zu wenige dafür, in der Pflege zu arbeiten.

Zwar sind die Löhne gestiegen, der Job ist aber nicht zuletzt wegen des Schichtsystems belastend. Pflegekräfte heuern folglich in Leasing-Firmen an, über die sie sich dann zu einem Einsatz vermitteln lassen, wenn es passt. Familie, Erholung, Weiterbildung sind alles gute Gründe, tageweise die Stationen zu meiden.

Aus beider Perspektiven lässt sich mit dem Beschäftigtenwohl argumentieren. Haben Arbeitnehmer nicht das Recht ihren Beruf und Arbeitsplatz frei zu wählen, warum sollte die Politik das verbieten? Aber durch die von Leasing-Firmen beschleunigte Fluktuation verschärft sich die Lage der Stammbelegschaften – und soll, wenn keiner mehr Nachtschichten übernimmt, das Gesundheitswesen kollabieren?

Die Politik wird die Leih- und Zeitarbeit regulieren müssen. Ein Komplettverbot aber schadet mehr, als es nützt. Angenommen, die immer wieder kolportierten Zahlen stimmen, wonach bis zu zehn Prozent der Pflegenden über Leasing-Firmen vermittelt werden: Wenn nach einem Verbot auch nur ein Drittel dieser Fachkräfte nicht als Angestellte auf die Stationen zurückkehrt, sondern die Branche wechselt, wäre auch diese Zahl schon katastrophal.

Zwar stiegen die Ausbildungszahlen zuletzt, zahlreicher Kampagnen sei Dank. Es kann aber nicht oft genug wiederholt werden: Ohne noch mehr Jugendliche für die Pflege zu begeistern, wird es nicht klappen. Das muss der politische Fokus sein.

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