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Unbekannte Fahrerin des Zaschka-Stadtautos Ende der 1920er-Jahre.

© Bundesarchiv

Kolumne „Aus der Zeit“: Warum Engelbert Zaschka 1928 ein Auto auf den Funkturm schleppte

Folge 3 unserer Kolumne über die Geschichte der Wirtschaft in Berlin. Diesmal über einen Tüftler und seine innovativen Fahr- und Fluggeräte.

Engelbert Zaschka (1895 bis 1955) war ein moderner Leonardo Da Vinci, ein Universalgenie, ein Mann, der für die Welt bessere und praktische Fortbewegungsmittel entwickelte - um sich in der Freizeitz als Komponist künstlerisch auszutoben.

Er war der einzige Mensch, der je den Berliner Funkturm mit einem, jawohl, verkehrstüchtigen Auto erklommen hat: 1928 stieg Zaschka, ein in Freiburg im Breisgau geborener und seit 1916 in Berlin ansässiger Ingenieur und Erfinder, der wie so viele talentierte Gründer hier den richtigen Ort zur Entfaltung seiner Kreativität fand, die Stufen zum „Langen Lulatch“ hoch. Er trug dabei seine neueste Erfindung, das klappbare Fahrzeug, das „Zaschka-Stadtauto“ in den Händen.

Das Auto bestand aus einem leichten Rohrrahmen und einer „Karosserie“ aus Vinylgewebe. Es fuhr 45 km/h in der Spitze.

© Bundesarchiv

Das Fahrzeug hatte Zaschka entwickelt als Antwort auf zwei Probleme: Autos waren Luxusprodukte und es fehlte an Parkplätzen. Denn Parken am Straßenrand war in Berlin damals schlicht nicht gestattet.

Kleinwagen werden von sparsamen Leuten gekauft, für die eine Garage ein Luxus wäre, den sie niemals bezahlen könnten.

Engelbert Zaschka

Seinen Zweisitzer auf drei Rädern, den er zum Preis von 1000 Reichsmark (heute circa 3700 Euro) unters Volk bringen wollte, wäre auch für weniger Begüterte erschwinglich gewesen. Dank eines leichten Rohrrahmens und einer „Karosserie“ aus Vinylgewebe (PVC), die man über das faltbare Chassis spannte, benötigten zwei Erwachsene nur wenige Minuten, um das in drei Teile zerlegbare Fahrzeug zu demontieren.

Hier braucht es noch fünf Herren, um das Auto zu tragen. Für die PR-Aktion schleppte Zaschka angeblich alle Teile allein.

© Bundesarchiv

Es konnte mit dem Einzylinder-Motor eine Geschwindigkeit von bis zu 45 Kilometer pro Stunde erreichen. Danach könnte sollte man das Auto im Keller, im Flur oder sogar oben in eigener Wohnung abstellen, so die Idee. „Kleinwagen werden von sparsamen Leuten gekauft, für die eine Garage ein Luxus wäre, den sie niemals bezahlen könnten“, erklärte Zaschka.

Obwohl sein Faltauto – Kennzeichen IA 24160 – es fast bis zum Aussichtsdeck des Funkturms schaffte und sogar internationale Presse, darunter die US-Zeitschrift „Modern Mechanix“, entzückte, erreichte das Konzept nie das Stadium der Massenproduktion. Es gab nicht einmal einen zweiten Prototypen. Es war in der Fertigung wohl zu teuer.

Bericht über Zaschkas Auto in dem US-amerikanischen Magazin „Modern Mechanics“, Ausgabe Februar 1930.

© privat

Andere Erfindungen Zaschkas waren einfach ihrer Zeit voraus: das erste Rotationsflugzeug (von ihm eingeführtes Wort für Hubschrauber) das er auf dem Tempelhofer Feld in der Nähe seiner Neuköllner Wohnung testete; sein Muskelkraftflugfahrzeug, das erste richtige Faltrad oder sogar faltbare Skier.

Der Ingenieur Engelbert Zaschka mit seinem „Rotationsflugzeug“, einem frühen Hubschrauber.

© Bundesarchiv

Zaschkas „Orionette“ hingegen, das von ihm entworfene Motorrad der Orion AG in der Kreuzberger Oranienstraße 6 (1921 bis 1925 war Zaschka Orions Chefingenieur), gilt eines der besten Motorräder der 1920er-Jahre und ist noch heute ein teures Sammlerstück.

Der Prototyp von Zaschkas Hubschrauber, der sich bis 1941 in der Deutschen Luftfahrtsammlung in Moabit befand, gilt als verschollen – er steht ganz oben auf der Liste der weltweit gesuchten Kunstwerke und wertvollen Objekte. Gäbe es noch ein Original Zaschka-Stadtauto, wäre es aber wohl noch mehr wert.

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