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Spätverkäufe gehören zum Berliner Straßenbild. Doch viel Geld verdienen die Betreiber mit den kleinen Läden normalerweise nicht.

© imago/Seeliger

Existenz bedroht durch höhere Miete: Anwohner wollen beliebten Kreuzberger Späti retten

Der „Quicky Markt“ in der Skalitzer Straße muss womöglich bald schließen. Der Eigentümer fordert eine Mieterhöhung, die für die Betreiber nicht zu stemmen ist.

Der „Quicky Markt“ in Kreuzberg ist für viele seiner Kunden mehr als nur ein einfacher Späti. Seit 14 Jahren verkaufen René Grönke und Jennifer Gollnau in der Skalitzer Straße Getränke, Süßigkeiten und Tabak, nehmen Pakete an. Sie fühlen sich hier als ein Teil der Kiezgemeinschaft, sagen sie. Aber die Zukunft des Geschäfts ist ungewiss, vielleicht muss es bald schließen. Auch andere Spätis sind bedroht.

„Jenny und René haben mir immer ein gutes Gefühl gegeben, das ist mein Ort“, ruft einer der rund 100 Demonstranten, die am Mittwochabend vor dem „Quicky Markt“ protestieren. Sie fordern, dass der Hauseigentümer des Gebäudes die Miete nicht erhöht. Im Gespräch sei eine Mietsteigerung um das 2,3-fache, sagt Stefan Klein, der den Späti juristisch berät.

Unterstützer sammeln Geld

Aus der Mieterhöhung ergibt sich eine Kaution von 8.000 Euro, die die Betreiber zahlen sollen. Das können sie aber nach eigenen Angaben nicht. Eine Nachbarschaftsinitiative startete deshalb auf der Website „Gofundme“ eine Spendenkampagne. Dort wurden bereits 7.686 Euro gesammelt (Stand: Donnerstag). „Wir haben nicht damit gerechnet, dass sich die Leute so hinter uns stellen“, sagt der Spätibetreiber Grönke.

7.686
Euro sammelten Unterstützer bereits.

Eigentümer des Gebäudes ist die Ambelin GmbH, eine Dienstleistungsgesellschaft für die Immobilienwirtschaft. Über sie laufen die Verhandlungen über den neuen Mietvertrag. Das Unternehmen wolle sich „aus Datenschutzgründen“ nicht zu der Situation äußern, teilte eine Mitarbeiterin dem Tagesspiegel mit.

Der Quicky Markt in Kreuzberg ist nicht nur ein Laden, sondern auch ein beliebter Treffpunkt für die Nachbarschaft.
Der Quicky Markt in Kreuzberg ist nicht nur ein Laden, sondern auch ein beliebter Treffpunkt für die Nachbarschaft.

© Julius Stockmann

Dass so eine hohe Mietsteigerung überhaupt möglich ist, liegt an den vagen Regelungen des Gewerbemietrechts. Im Gegensatz zu den Rechten von Wohnraummietern, die vor willkürlichen Maßnahmen des Vermieters geschützt sind, dürfen Mietverträge zwischen Vermieter und Gewerbemieter individuell ausgehandelt werden. Hier herrscht vorwiegend Vertragsfreiheit. Deswegen ist die hohe Mieterhöhung grundsätzlich erlaubt.

Spätis unter Druck

Allerdings mussten in den vergangenen Monaten bereits mehrere Spätis wegen hoher Mieten schließen. Der Jurist Stefan Klein berichtet, er habe bereits fünf Unternehmen bei ähnlichen Problemen beraten - drei davon hätten am Ende schließen müssen. Deswegen fordert die Nachbarschaftsinitiative auch neue Regeln beim Gewerbemietrecht.

René Grönke und Jennifer Gollnau haben zwar noch Hoffnung, dass die Mietverhandlungen zu ihren Gunsten zu Ende gehen, rechnen aber schon damit, ihren Späti im Oktober schließen zu müssen. Der Vermieter Ambelin wisse auch, dass sie bleiben möchten. „Wir machen das saugerne“, sagt Grönke über seine Arbeit.

Aber es sieht schlecht aus für den Berliner Späti, denn die Mieterhöhung in dieser Höhe ist für die Betreiber nicht stemmbar. Schon jetzt arbeitet Grönke tagsüber in einem Zweitjob, um den Laden zu halten. Danach übernimmt er die Spätschicht im Laden.

Ein Demonstrant spricht von einem „Ausverkauf von Berlin“, der gerade stattfinde. Die Gentrifizierung von Kreuzberg, also die Aufwertung des Stadtteils durch Sanierungen und neue Wohnhäuser, sei ohnehin schon zu weit fortgeschritten. Ein anderer Redner sieht im „Quicky Markt“ ein Beispiel für Verdrängung von einfachem Kleingewerbe im Bezirk. Dann fordert er den Senat auf, die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ umzusetzen. Die Demonstrantinnen und Demonstranten applaudieren, skandieren lautstark „Quicky bleibt!“

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