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Gasag-Chef Georg Friedrichs fordert, dass der Senat bald eine kommunale Wärmeplanung vorlegt.

© David Heerde/David Heerde

Entwarnung für kommenden Winter: Gasag rechnet mit stabilen Preisen in Berlin

Der Berliner Marktführer hat 2022 weniger Gewinn gemacht und weniger investiert. Die Verbraucher haben deutlich weniger Erdgas gespart, als Experten gefordert hatten.

Der Winter ist überstanden, die Energiekrise war nicht so schlimm wie befürchtet. Und das hat Folgen. „Die Tendenz ist klar: Wir sparen weniger“, konstatiert Gasag-Vorstandschef Georg Friedrichs. Der Berliner Versorger stellte am Freitag seine Bilanz des Krisenjahres 2022 vor, inklusive Marktdaten und Verbraucherverhalten.

Offenbar haben die Berlinerinnen und Berliner ihre Sparbemühungen ab dem Herbst zurückgefahren, alles in allem sank der Gasverbrauch im vergangenen Jahr nur um sieben Prozent. Das liegt erheblich unter den 15 Prozent, die aufgrund der Gasengpässe nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine von der Politik und Verbraucherverbänden reklamiert worden war.

Zwischenzeitlich fielen die Preise von 300 Euro pro Megawattstunde im August 2022 auf rund 50 Euro. Das langjährige Preisniveau lag zwischen zehn und maximal 40 Euro. Aufgrund der Marktverwerfungen hatte die Gasag im vergangenen Jahr dreimal die Preise erhöht. Im Januar um 16 Prozent, im Mai um 26 Prozent und im Oktober um 30 Prozent. Die Oktobererhöhung wurde zum größten Teil nicht umgesetzt, weil die ursprünglich geplante Gasumlage dann doch nicht kam. Zum 1. Januar 2023 erfolgte eine weitere Erhöhung um 85 Prozent.

Deutliche Preissenkung greift seit 1. Mai

Jetzt gibt es die erste Korrektur. Der Berliner Grundversorger reduzierte ab Mai, wie berichtet, den Arbeitspreis für den Großteil seiner 500.000 Kunden von 20,12 Cent auf 11,80 Cent pro Kilowattstunde (kWh) und damit knapp unter den Preisdeckel der Bundesregierung: Der Deckel für 80 Prozent des Jahresverbrauchs liegt bei zwölf Cent; wenn das Gas teurer ist als zwölf Cent, übernimmt der Staat respektive der Steuerzahler die zusätzlichen Kosten. Für die Menge, die über den 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs liegt, bekommt der Verbraucher keine staatlichen Hilfen.

Gasag-Vertriebsvorstand Matthias Trunk erläuterte die Preisentwicklung am Beispiel eines Berliner Durchschnittshaushalts, der 12.000 kwh im Jahr verbraucht. Vor dem Krieg betrug der Jahrespreis 1760 Euro, dann folgte ein Sprung auf 4100 Euro, die mithilfe des Staates auf 2875 Euro runtersubventioniert wurden. Mit der Preissenkung zum 1. Mai fällt der Jahresgaspreis auf 2441 Euro.

Nach jetzigem Stand geht der Gasag-Vorstand davon aus, dass die Preise im kommenden Winter stabil bleiben. „Zurzeit ist genügend Gas auf den Weltmärkten verfügbar“, sagte Friedrichs.

Gewinn schrumpft um 18 Prozent

Der Gas-Absatz fiel 2022 zwar um 24 Prozent, unter anderem, weil sich das Unternehmen aus berlinfernen Vertriebsgebieten zurückzog; der Umsatz jedoch erhöhte sich aufgrund der gestiegenen Preise um 19 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss schrumpfte um 18 Prozent auf 75 Millionen Euro. Im laufenden Jahr erwartet Finanzvorstand Stefan Hadré einen noch leicht darunterliegenden Wert.

2441
Euro zahlt ein durchschnittlicher Haushalt in diesem Jahr für Gas

Nach einem schwachen Jahr auf dem Zukunftsfeld der Energiedienstleistungen – die Investitionen der Gasag fielen um fast ein Drittel auf neun Millionen Euro – soll trotz der Probleme auf dem Immobilienmarkt 2023 das „grüne Projektportfolio“ ausgebaut werden. Dabei geht es um eine klimaneutrale Wärmeversorgung von Häusern oder ganzen Quartieren.

Der Wärmesektor verursacht in Berlin rund die Hälfte der CO₂-Emissionen, und die Gasag sieht sich zusammen mit der Fernwärme als wichtigster Akteur der Wärmewende.

Zurzeit ist genügend Gas auf den Weltmärkten verfügbar.

Georg Friedrichs, Gasag-Chef

Die Bundesregierung versucht derzeit mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG), das unter anderem ein Verbot von fossil betriebenen Heizungen vorsieht, eine klimaneutrale Wärmeerzeugung auf den Weg zu bringen. Dieser bundeseinheitliche Rahmen müsse mit einer kommunalen Wärmeplanung synchronisiert werden, forderte Friedrichs. Nach jetziger Planung sei damit in Berlin jedoch frühestens Ende 2025 zu rechnen.

„Das ist viel zu spät“, meinte der Gasag-Chef. Als Infrastrukturbetreiber benötige die Gasag verlässliche Rahmenbedingungen für die Modernisierung, den Rück- und Ausbaus des Gasnetzes, das Friedrichs zufolge zu gut 70 Prozent auch für den Transport von Wasserstoff geeignet sei. „Wasserstoffready ist sowieso der Maßstab für das, was wir tun“, sagte Friedrichs.

Berlin benötige eine integrierte Strom- und Wärmeinfrastrukturplanung. Die wird leichter, wenn Vattenfall das Fernwärmegeschäft mit zehn Heizkraftwerken und rund 2000 Kilometer Netz an das Land Berlin verkaufen sollte. Der Verkaufsprozess läuft, im Juni will Vattenfall dem Vernehmen nach die potenziellen Käufer zur Abgabe finaler Angebote bitten. Mit der Entscheidung wird dann im Spätsommer oder Herbst gerechnet.

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