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Wertvoller Schrott.

© Christian Charisius/dpa

Elektroschrott ist „brandgefährlich“: Zu viele Alt-Handys landen in Berlin der Tonne

Die BSR wirbt fürs Mülltrennen, doch Alba-Chef Eric Schweitzer glaubt nicht mehr, dass Appelle reichen. Er fordert eine Pfandpflicht für Handys.

Für Elektroschrott sind die Recyclinghöfe der BSR zuständig. Da wird alles angenommen, was Kabel oder Bildschirm hat, vom Flachbild-Fernseher bis zum Handy, um dann fachgerecht zerlegt und wiederverwertet zu werden. Schließlich geht es da um wertvolle Metalle, die als teurer Rohstoff auf dem Weltmarkt eingekauft werden müssen.

Die BSR bietet auch eine Online-Gebrauchtwarenbörse an, zum Tauschen oder Verschenken, falls das Altgerät eigentlich noch funktioniert, aber eben durch ein neues ersetzt worden ist. Schließlich funktioniert die Wirtschaft nur, wenn auch konsumiert wird.

Doch viele Menschen werfen ihren ausgedienten Föhn oder das alte Handy lieber in eine der vielen bunten Mülltonnen vor ihrem Haus.

Deutschland steht hier vor einem großen Recyclingproblem.

Eric Schweitzer, Alba-Chef

Einer, der sich darüber maßlos ärgert, ist der Chef des privaten Entsorgungsunternehmens Alba, Eric Schweitzer: „Die Menschen werfen ihre alten Handys oder Laptops vermehrt und verbotenerweise in die schwarze, gelbe und sogar in die blaue Tonne. Aus Unwissenheit, Faulheit oder Absicht. Deutschland steht hier vor einem großen Recyclingproblem, das tatsächlich brandgefährlich ist – und größer wird“, erklärt Schweitzer in einer Branchenzeitung.

Brandgefährlich deshalb, weil es durch zerbrochene Lithium-Ionen-Akkus oft zu Bränden in Lagerhallen oder schon im Entsorgungs-Lkw kommt. „Die Müllpresswagen müssen dann die Ladung auf die Straße kippen und ausbrennen lassen, bevor Truck oder Müllwerker Schaden nehmen“, teilt Alba auf Anfrage mit.

In den Lagerhallen und Sammelstellen würden per Wärmekameras und Temperatursonden täglich überhitzte Abfälle ausfindig gemacht, die vorsorglich gewässert werden, um einen Brand oder Schwelbrand zu verhindern.

Schweitzer fordert höhere Bußgelder für illegale Entsorgung von Akkus oder E-Schrott in den Hausabfalltonnen. Und er verlangt von der Bundesregierung, eine Pfandpflicht für Handys einzuführen.

Davon ist die Politik derzeit noch weit entfernt. Im Juli dieses Jahres trat erstmal die verschärfte Rücknahmeverordnung in Kraft. Demnach müssen auch Supermärkte ab einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern kleinere Elektroartikel zurücknehmen, auch wenn sie sie gar nicht im Sortiment haben. Nur sei das kaum bekannt, beklagt Schweitzer, und die Einzelhändler machten dafür zu wenig - oder auch gar keine - Werbung.

Der Handel zieht nicht mit, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe

Laut Deutsche Umwelthilfe sind von der neuen Rücknahmepflicht etwa 25.000 Supermärkte in Deutschland betroffen. Bei stichprobenartigen Kontrollen habe sich jedoch gezeigt, dass „nicht nur die Rücknahmepraxis insgesamt katastrophal“ ist, sondern dass Verbraucher „meist nicht oder nicht ausreichend gut informiert“ würden.

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg weist das zurück: „Nach unseren Informationen kommen alle unsere Mitglieder ihren gesetzlichen Pflichten nach und stellen entsprechende Rückgabemöglichkeiten für die Altgeräte zur Verfügung. Gleichermaßen werden die Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Rückgabemöglichkeiten und Modalitäten entsprechend der gesetzlichen Vorgaben hingewiesen und an geeigneter Stelle informiert.“

Klar ist, dass der stationäre Einzelhandel schon genug Sorgen hat und wenig begeistert ist von der Rücknahmepflicht. Auch ein Handy-Pfand wird kritisch gesehen. Das würde nur zu „weiteren Belastungen der Unternehmen führen, die angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage bereits mit hohen Belastungen konfrontiert sind“.

Der städtische Müllentsorger BSR weiß nicht, wie viele Smartphones und ausgediente Akkus in den Restmülltonnen landen. Letztlich landet der gesamte Tonneninhalt in der Müllverbrennung. Was metallisch ist, kann in der Asche aussortiert werden.

12.000 
Tonnen Schrott fischt die BSR jedes Jahr aus der Hausmüllasche

„Rund 12.000 Tonnen Metalle schleusen wir jedes Jahr aus dem Abfallstrom heraus, darunter viele wertvolle Rohstoffe wie Aluminium, Kupfer, Messing oder Zink“, teilt das Unternehmen mit. Insgesamt werden rund 520.000 Tonnen Restmüll verbrannt, übrig bleiben rund 110.000 Tonnen sogenannte Rostasche, die überwiegend für den Straßenbau verwendet wird.

Offiziell liegt die Recyclingquote bei Elektroschrott in Berlin bei knapp 70 Prozent. Alba-Chef Schweitzer hätte gerne 95 Prozent wie in der Schweiz. Dort gebe es ein dichtes Abgabenetz für den Elektroschrott. „Über 600 offizielle Sammelstellen stehen dem Endkonsumenten für die Rückgabe von Altgeräten zur Verfügung. Hinzu kommen über 6000 Rückgabepunkte im Handel“, berichtet Schweitzer.

Und in der Schweiz würde beim Kauf eines neuen Elektrogeräts eine „vorgezogene Recyclinggebühr“ erhoben. Diese sorge dafür, dass bei der Entsorgung alter Geräte keine separaten Kosten anfallen.

Letztlich leidet die Recyclingquote in Berlin und anderswo auch darunter, dass viele Verbraucher ihre alten Handys gar nicht entsorgen, sondern in irgendwelchen Schubladen herumliegen lassen. Vielleicht hoffen sie bei der Einführung einer Pfandpflicht noch auf ein paar Euro retour.

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