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Stapelweise Wohnungen: Das NKZ am Kottbusser Tor in Kreuzberg.

© Kitty Kleist-Heinrich

„Das drückt die Mieter an die Wand“: Unmut wegen Mängeln und Mieterhöhungen bei den Berliner Landeseigenen

Die Landeseigenen dürfen bald wieder die Mieten erhöhen. Viele Mieter könnten sich davon aber überfordert fühlen, wurde bei einer Veranstaltung deutlich.

Die Landeseigenen Wohnungsunternehmen stehen unter großem Druck: Mit ihren rund 360.000 Wohnungen sollen sie für viele Berliner bezahlbares Wohnen garantieren. Bis 2040 müssen die Bestände klimaneutral werden, was heißt: Heizungssysteme müssen ausgetauscht werden, immense Gebäudebestände saniert. Und dann erwartet die Politik auch noch von den Landeseigenen, dass sie den benötigten Neubau stemmen, von dem sich die private Bauwirtschaft in der aktuellen Krise mehr und mehr zurückzieht. Aber genauso wie die private Bauwirtschaft sollen die Landeseigenen dabei wirtschaftlich fit bleiben.

Erwartungen, die kaum zu erfüllen sind. Angesichts dessen scheinen die 2,9 Prozent jährliche Mieterhöhungen, die die Landeseigenen laut der neuen Kooperationsvereinbarung mit dem Senat ab 2024 vornehmen dürfen, geradezu moderat. Momentan gilt noch ein Mietenmoratorium, laut dem die Landeseigenen ihre Mieten nicht erhöhen dürfen. Bei einer Veranstaltung der Linksfraktion am Montagabend verteidigte der Sprecher der Landeseigenen und Vorstand der Gesobau, Jörg Franzen, die Mieterhöhung: „2,9 Prozent sind ein guter Weg, damit wir die riesigen Aufgaben aus eigener Kraft umsetzen können.“

Man könne die Mieten nicht weiter „komplett mit der Gießkanne kappen“, aber es gebe das sogenannte „Leistbarkeitsversprechen“, laut dem WBS-Empfänger nicht mehr als 27 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens für die Miete zahlen sollen und dementsprechende Begrenzungen von Mieterhöhungen beantragen könnten.

Damit ein Lichtschalter repariert wird, muss man das achtmal anmahnen.

Matthias Coers, Mitglied des Mieterrats des Neuen Kreuzberger Zentrum

Auch Mario Hilgenfeld vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) verwies auf die globalen Herausforderungen, die die Unternehmen stemmen müssen: „Wir spüren das, wenn die Instandsetzung vielleicht hier und da nicht mehr so schnell funktioniert, wie man es von früher gewohnt ist. Die gleiche Leistung kostet heute einfach deutlich mehr.“ Daher seien die Mieterhöhungen ein Schritt in die richtige Richtung. „Ob er ausreichen wird, diese ganzen Ziele zu erfüllen und dazu führen, dass die Städtischen eigenwirtschaftlich arbeiten können, das weiß ich noch nicht.“

Allerdings leiden auch die Mieter unter den globalen Krisen: Die Nebenkosten steigen, die Inflation macht auch sonst vieles teurer, und die Einkommen ziehen oft nicht nach. Dass diese Probleme für viele Menschen existenziell sind, zeigte sich bei der Veranstaltung. Auf dem Podium machte Matthias Coers, Mitglied des Mieterrats des Neuen Kreuzberger Zentrums am Kottbusser Tor, den steigenden Unmut deutlich. „Damit ein Lichtschalter repariert wird, muss man das achtmal anmahnen“, berichtete er. „Ich finde, eine Mieterhöhung ist überhaupt nicht drin, wir brauchen eine Mietsenkung.“

Für eine 55 Quadratmeter-Wohnung zahle man im Neuen Kreuzberger Zentrum im Schnitt 786,95 Euro monatlich. „Das ist schon sehr teuer für die Leute, die hier wohnen.“ Seine Nachbarn zahlten teilweise 60 Prozent des Haushaltseinkommens für die Warmmiete: „Die ganzen Nebenkosten drücken die Leute an die Wand. Und die Einkommen steigen ja überhaupt nicht.“

Probleme bei der Gewobag

Laut Coers wohnten im Gewobag-Wohnblock am Kottbusser Tor viele Menschen, die Lust hätten, sich zu beteiligen. Aber das werde von der Gewobag immer wieder „wegverwaltet“. „Wir müssen den Leuten die Möglichkeit geben, sich auf diese Weise zu identifizieren mit ihren Orten und Lust haben, in der Nachbarschaft aktiv zu sein. Das haben sie aber langsam nicht mehr, weil sie erschöpft sind, zwischen Erwerbsarbeit, hohen Mieten und den ganzen Anforderungen wie Kinderbetreuung.“

Wie heikel ein angespanntes Mietverhältnis sein kann, wurde gegen Ende der Veranstaltung greifbar. Obwohl der Moderator eigentlich nur drei Fragen aus dem Publikum zulassen wollte, hat dieses deutlich mehr Redebedarf. Dabei ging es um Sorgen vor Zwangsräumung, aber viel auch um Missstände bei der Gewobag: Mehrere Mieter berichteten, in Gewobag-Wohnkomplexen funktioniere die Heizung nicht, obwohl die Heizperiode zum 1. Oktober beginne. Dieses Problem sei genauso auch schon in den vergangenen Jahren aufgetreten, geändert habe sich trotz vielfacher Beschwerden nichts. Betroffen seien aktuell mindestens die Bestände in der Spandauer Heerstraße Nord und am Spektegrünzug sowie am Klausenerplatz in Charlottenburg. Auf eine Anfrage, wie viele Wohnungen und welche Bestände aktuell von dem Heizungsausfällen betroffen seien, antwortete die Gewobag bis Donnerstagabend nicht.

Christian Gaebler (SPD) und Katalin Gennburg (Linke) bei der Veranstaltung der Linksfraktion.

© Teresa Roelcke

Vom Klausenerplatz berichtete ein Mieter: „Es wird keine pauschale Mietminderung gewährt. Jeder muss sich da wieder selbst kümmern.“ Die Gewobag biete zwar an, für die Dauer des Heizungsausfalls Hotelkosten zu übernehmen, aber die Bewohner müssten die entsprechenden Beträge vorschießen, so der Mieter. „Und nicht jeder kann das vorauszahlen. Ich empfinde das als menschenverachtend.“

Klärung bis zum Jahresende?

Jörg Franzen als Sprecher der Landeseigenen versprach, gleich am Donnerstag bei der Gewobag nachhaken zu wollen. Bausenator Christian Gaebler (SPD) warnte davor, „alle städtischen Wohnungsgesellschaften am Agieren einer Gesellschaft zu messen“. Die Gewobag sei ihm als Negativbeispiel bekannt. „Das, was an Beschwerden bei uns in der Senatsverwaltung ankommt, ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs, aber da steht in der Regel Gewobag drauf.“

Das Land Berlin als Eigentümer müsse seinen Anspruch geltend machen, dass diese Probleme, vor allem mit dem Gewobag-Dienstleister Fletwerk, abgestellt werden: „Das haben wir bisher schon auf verschiedenen Wegen versucht, aber es scheint wenig Wirkung zu zeigen. Deswegen müssen wir da jetzt so entschlossen drangehen, dass wir möglichst bis zum Jahresende dieses Fletwerk-Thema in irgendeiner Form geklärt haben, die für die Mieterinnen dann bessere Ergebnisse bringt.“

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