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HEIK AFHELDT trifft…: Borsig-Retter Konrad Nassauer

Eine unglaubliche Geschichte: Eine Ikone der Berliner Industrie, seit 1837 weltweit ein Begriff für Qualität und Innovation im Maschinenbau, drohte mit der insolventen Mutter Babcock aus Oberhausen unterzugehen und eine „anständige Berliner Heuschrecke“ rettet wesentliche Teile vor dem Untergang. Warum?

Eine unglaubliche Geschichte: Eine Ikone der Berliner Industrie, seit 1837 weltweit ein Begriff für Qualität und Innovation im Maschinenbau, drohte mit der insolventen Mutter Babcock aus Oberhausen unterzugehen und eine „anständige Berliner Heuschrecke“ rettet wesentliche Teile vor dem Untergang.

Warum? Weil ein drahtiger, unternehmerischer Ingenieur mit Wurzeln in Hessen den hilfsbereiten Insolvenzverwalter und den Berliner Private Equity-Fonds Capiton von der Überlebensfähigkeit der Kerne des ehemaligen Industriegiganten überzeugen kann. Das war 2002. Dampfmaschinen waren kaum noch in den ansonsten vollen Auftragsbüchern, aber kräftig Dampf gemacht hat der in Kälte- und Wärmetechnik erfahrene Direktor, der seit 1977 bei Borsig immer größere Verantwortung übernommen hatte.

Zusammen mit einigen seiner engsten ehemaligen Mitarbeiter wurde das Programm bereinigt und der „riesige Wasserkopf“ abgebaut. Der Arbeitersohn, der auf dem zweiten Bildungsweg das Fachabitur und dann in Berlin den Diplomingenieur Maschinenbau gemacht hat und der so ansteckend herzhaft lachen kann, war nicht nur gewohnt, hart zu arbeiten, sondern auch ein Projekt konsequent nach vorne zu treiben. Auf Wunsch der Investoren ging er mit eigenem Geld in die Verantwortung. „Wenn es schief geht, muss es Ihnen richtig wehtun“, hatten sie gefordert.

Heute erreicht die neue Borsig-Gruppe mit ihren fünf Hightech-Töchtern an fünf Standorten in Deutschland einen Umsatz von fast 300 Millionen Euro. Im ersten Jahr nach dem Neubeginn, 2003, waren es 50 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich seitdem auf heute 508 fast verdoppelt. 31 Azubis lernen hier.

„Die beste Entscheidung meines Lebens“ nennt der muntere Sechziger mit den strahlenden blau-grauen Augen und dem vollen graumelierten Haar sein Engagement. Auch materiell. Im vorigen Jahr – die Finanzinvestoren wollten den Exit – wurde in der international renommierten und börsennotierten KNM aus Malaysia ein passender strategischer Partner und neuer Eigentümer gefunden.

Seitdem hat auch Mr. Wong ein Büro in der Direktionsetage. Englisch ist die Sprache. Zusammen wollen sie weltweit der führende „Paketlieferant für Anlagen-Komponenten“ werden.

Ein ehrgeiziges Ziel! „Auferstanden aus Ruinen“ steht auf einer Dokumentation über die so wechselhafte Geschichte von Borsig. Der Mann, der das mit seiner klaren Vision wieder möglich gemacht hat, freut sich auf eine Lebensphase, in der mehr Zeit fürs Segeln, Joggen und Golfen sein wird. Aber das hat noch ein paar Jährchen Zeit.

Als Junge gab es keine Möglichkeiten für derartige Freizeitaktivitäten. „Kein ganzes Betttuch haben wir unterm Hintern“, hat seine Mutter immer gesagt. Das Geld für sein Studium hat er mit seiner eigenen pfälzischen Weinstube Kupperle in Schöneberg verdient.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegel

Konrad Nassauer (60) ist Geschäftsführer von Borsig. Am Donnerstag um 13 Uhr spricht er beim VBKI (Ludwig-Erhard-Haus, Fasanenstraße 85, Eintritt: 13, für Mitglieder zehn Euro).

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