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E-Autos werden in den regionalen Stromnetzen geladen, die zunehmend unter Stress geraten.

© dpa/Jan Woitas

Berliner Stromnetz unter Spannung: Die Kapazität muss verdoppelt werden

Energie- und Verkehrswende bedeuten enorme Herausforderungen für das Berliner Stromnetz und erfordern Rekordinvestitionen. Etwas mehr Netzausfälle.

Es wird eng im Netz. Immer mehr E-Autos, Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen setzen das Berliner Stromnetz unter Stress. In den kommenden zehn Jahren muss die Kapazität des größten städtischen Verteilnetzes in Deutschland mindestens verdoppelt werden, weshalb die Stromnetz GmbH die Investitionen hochfährt. 2022 steckte das landeseigene Unternehmen 265 Millionen Euro in die Ertüchtigung des 35.623 Kilometer langen Netzes, in diesem Jahr werden es 285 Millionen Euro sein. Bis 2027 sind 1,7 Milliarden Euro geplant.

„Ein sehr ereignisreiches Geschäftsjahr liegt hinter uns“, sagte Erik Landeck, Geschäftsführer des Unternehmens, am Dienstag bei der Vorstellung der Jahreszahlen. Energiekrise und Pandemie, die Wiedereingliederung in das kommunale Eigentum nach dem Kauf des Stromnetzes von Vattenfall sowie das Umsetzen der Investitionen hätten die „besonderen Rahmenbedingungen“ ausgemacht. Seit Juli 2021 gehört das Netz wieder zum Land, nachdem der Senat sich für 2,1 Milliarden Euro mit Vattenfall einig geworden war.

Inzwischen bemüht sich der Senat um die Übernahme des Fernwärmenetzes von Vattenfall sowie der Vattenfall-Anteile an der Gasag (31,6 Prozent). Die Politiker von CDU und SPD haben diese Absicht in ihrem am Montag vorgestellten Koalitionsvertrag bekräftigt. Vattenfall will bis Juli über den Verkauf entscheiden.

Es sind 200 Einstellungen geplant

In Berlin sind 2,41 Millionen Haushalts- und Gewerbekunden ans Stromnetz angeschlossen, das wiederum von 511 Stromanbietern genutzt wird. Die 1700 Mitarbeitenden der Stromnetz GmbH hatten sich im vergangenen Jahr unter anderem in 906.000 Fällen mit dem Wechsel des Stromlieferanten oder der Wohnung zu befassen. Etwa 200 Neueinstellungen sind in diesem Jahr geplant, „um alle Herausforderungen zu meistern“, wie das Unternehmen mitteilte.

Bei einem Umsatz von knapp 1,3 Milliarden Euro blieb 2022 ein Gewinn nach Steuern von 82,7 Millionen Euro übrig, das war deutlich mehr als im Vorjahr (46,2 Millionen) und etwa so viel wie 2020, dem letzten Jahr unter Vattenfall-Regie. Das Land Berlin kassierte im vergangenen Jahr eine Konzessionsabgabe von 137,5 (Vorjahr: 143,3) Millionen Euro für die Nutzung des öffentlichen Straßenlandes. Rund 98 Prozent der Netzleitungen verlaufen in Berlin unterirdisch. Bedingt durch die Energiekrise respektive die Sparbemühungen verringerte sich die durch das Netz geleitete Strommenge von 12.607 Gigawattstunden (GW) auf 12,523 GW.

In das größte städtische Verteilnetz hierzulande fließen im laufenden Jahr Investitionen von 285 Millionen Euro, davon 119 Millionen für den Austausch bestehender Anlagen, etwa ein Neubau für die Netzleitstelle. 112 Millionen Euro sind für Erweiterungsmaßnahmen vorgesehen, weitere 34 Millionen gehen direkt in Klimaschutzmaßnahmen und für zehn Millionen Euro werden Prozesse digitalisiert.

Das Potenzial der viel diskutierten Wärmepumpe als Ersatz fossiler Wärmequellen ist in Berlin gering. Stromnetz Berlin geht von 60.000 Einheiten vor allem am Stadtrand in den kommenden zehn Jahren aus. Die Anfragen der Fernwärme für Power-to-Heat-Anlagen belaufen sich derzeit auf 550 Megawatt bis 2033. Deutlich mehr Dynamik gibt es aufgrund des Berliner Solargesetzes auf den Dächern: Die Netzgesellschaft erwartet in den kommenden zehn Jahren 260.000 Anlagen mit einer Kapazität von 4,4 GW, die im Netz zu integrieren ist. Ebenfalls 2033 müssen schätzungsweise 150.000 Ladepunkte für E-Fahrzeuge in der Stadt mit Strom versorgt werden.

„Wir handeln auf allen Spannungsebenen. Stromnetz Berlin wird immer das moderne Netz zur Verfügung stellen, das die Stadt und ihre Bewohner erwarten dürfen“, sagte Firmenchef Landeck. Im vergangenen Jahr gab es Netzausfälle von rund zehn Minuten je Einwohner, das lag leicht über den Vorjahren. 2019, als in Köpenick ein Kabelschaden zu einem Blackout führte, lag der Wert bei fast 35 Minuten.

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