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SPD-Landesparteitag: Klaus Wowereit und Jan Stöß wollen die internen Streitigkeiten überwinden.

© dpa

Landesparteitag: Berliner SPD auf Konfrontationskurs mit Bundespartei

Der Streit der vergangenen Monate in der Berliner SPD scheint vergessen: Beim Landesparteitag wird Klaus Wowereit von Parteichef Jan Stöß überschwänglich gelobt. Zugleich suchen die Berliner Sozialdemokraten mit der Bundespartei Streit beim Thema Rente.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Rote Rosen und Gerbera, Ton in Ton. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bekam, gemeinsam mit einem Dutzend anderer Genossen, einen großen Blumenstrauß für 40 Jahre Parteimitgliedschaft. Der SPD-Landeschef Jan Stöß zelebrierte die Ehrung auf dem Landesparteitag im Berliner Congress Centrum am Alexanderplatz mit sichtlichem Vergnügen. Er ist ein Mann des parteilichen Wir-Gefühls, schon in seiner Eröffnungsrede sprach er empathisch von der „sozialdemokratischen Familie“.

Der innerparteiliche Führungskampf, der die Berliner SPD seit dem Frühjahr bis zur Abwahl des SPD-Landesvorsitzenden Michael Müller schier zerriss, schien am Sonnabend längst vergessen. War die Vorstandswahl im Juni ein großes Drama, so konnten die Sozialdemokraten diesen Parteitag als leichtes Volksstück über die Bühne bringen. Mit einer netten Nebenrolle für den vom Flughafenskandal gebeutelten Wowereit. „Wir sind stolz, dass du unser Regierender Bürgermeister bist, lieber Klaus“, rief Stöß aus, als er die Blümchen überreichte. „Egal, was in der Zeitung steht, du bist und bleibst der Beste!“ Der Beifall dafür fiel demonstrativ herzlich aus und Wowereit bedankte sich fröhlich: „Das wird nicht mein letztes Jubiläum in der SPD sein.“

Über diese Freundlichkeiten hinaus startete die Hauptstadt-SPD auf ihrem Herbstkongress mit harten und in der Bundespartei teilweise strittigen Themen vorzeitig in den Bundestagswahlkampf 2013. So wurde beschlossen, dass das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente bis 2030 nicht auf 43 Prozent gesenkt, sondern auf dem aktuellen Niveau von 50 Prozent bestehen bleiben soll. Das koste jeden Beitragszahler in Berlin monatlich nur 2,60 Euro mehr, warb SPD-Chef Stöß für diese Linie der bundesweiten Parteilinken, die hofft, sich damit auf dem Parteikonvent im November und gegenüber dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück durchsetzen zu können. Sonst drohe vielen Menschen, vor allem den Frauen, im Alter der soziale Abstieg, heißt es im Leitantrag des SPD-Landesvorstands, der am Sonnabend beschlossen wurde.

Der Machtkampf innerhalb der Berliner SPD in Bildern

Die Berliner Genossen fordern auch eine Angleichung der Renten in Ost und West. Einem SPD-Rentenkonzept, das die bestehenden Unterschiede 23 Jahre nach dem Mauerfall nicht berücksichtigt, wollen die ostdeutschen Landesverbände einschließlich der Berliner SPD nicht zustimmen. Zudem müsse die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre ausgesetzt werden, wurde beschlossen.

Zuvor hatte Landeschef Stöß weitere Themen genannt, mit denen der Bundestagswahlkampf bestritten werden soll: Soziale Gerechtigkeit, bezahlbare Mieten, Integrationspolitik. „Wir werden nur dann Erfolg haben, wenn wir uns wieder stärker auf unsere Grundwerte besinnen“, sagte Stöß. Die schwarz-gelbe „Murks-Regierung“ im Bund müsse „rückstandslos aufgelöst“ werden.

„Als Juniorpartner der Merkel-Truppe steht die SPD im nächsten Jahr nicht zur Verfügung.“ Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der als Gastredner geladen war, stimmte dem vorbehaltslos zu. Es gehe nicht darum, Angela Merkel 2013 wieder einen vernünftigen Koalitionspartner zu beschaffen, „sondern wir wollen einen sozialdemokratischen Kanzler“. Scholz bereicherte den Themenkatalog, mit dem die SPD bundesweit die Wähler erreichen will, um die Europa-, Energie- und Kinderbetreuungspolitik, nicht zu vergessen den Kampf um einen gesetzlich verankerten Mindestlohn.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Alt-Gewerkschafter Ottmar Schreiner, der ebenfalls reden durfte, trug zur linken Wohlfühlathmosphäre noch erheblich bei, indem er am Ende seines Beitrags die Perspektiven der deutschen Sozialdemokratie beschrieb, indem er Mao zitierte: „Die Niederlage verstehen heißt, den Sieg vorzubereiten.“

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