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Die Dar-as-Salam-Moschee in der Neuköllner Flughafenstraße im Jahr 2017.

© Foto_ imago/Olaf Wagner

300 Menschen vor Neuköllner Moschee: Berliner Imam will „interreligiöse Aktion“ vorerst nicht wiederholen

Am Freitag hatten sich Hunderte vor der Dar-as-Salam-Moschee versammelt - trotz des Versammlungsverbots. Am Montag verbot der Bezirk Neukölln die Gebetsrufe.

Es sollte laut der Veranstalter eine interreligiöse Aktion als „Zeichen des Zusammenhalts“ werden – letztlich musste die Polizei anrücken. Mehr als 300 Menschen hatten sich am Freitag zum Gebet vor der Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee versammelt. Dazu aufgerufen hatte der muslimische Verein Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) gemeinsam mit der evangelischen Neuköllner Genezareth-Gemeinde.

Gleichzeitig sollten die Kirchenglocken läuten und der Muezzin den Azan rufen, den islamischen Gebetsruf. Mit Videos und Postings in den sozialen Medien hatte die muslimische Gemeinde für die – digital gedachte – Aktion geworben. Trotz des Versammlungsverbots sammelten sich dutzende Gläubige und viele Schaulustige am Freitagnachmittag vor der Moschee.

Die Polizei erklärte, es sei „nur zum Teil gelungen, die Anwesenden zum Abstandhalten zu bewegen“. Der Imam, Mohamed Taha Sabri, habe die Veranstaltung dann beendet.

Er habe, erklärte die Polizei, zugesichert, darauf hinzuweisen dass „den digitalen Gebetsrufen nicht durch persönliches Erscheinen gefolgt werden muss“. In den ersten Aufrufen fehlte dieser Hinweis. Direkt nach dem Vorfall veröffentlichte die NBS mehrere Videos und Statements, die dazu aufforderten, zu Hause zu bleiben.

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Die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus twittere am Wochenende: „Wer Religion über das Gesetz stellt gehört nicht zu Deutschland.“ Aber auch aus SPD und CDU kam Kritik an der gemeinsamen Aktion von NBS und evangelischer Kirche, weil die christliche Gemeinde überhaupt mit der Neuköllner Begegnungsstätte zusammenarbeitet.

Dem Verein wurden von Verfassungsschützern zunächst Verbindungen zur islamistischen Muslimbruderschaft nachgesagt. Gegen seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht war der Verein war juristisch vorgegangen und gewann. Der Verfassungsschutz darf sie zwar weiter beobachten, aus dem Jahresbericht der Behörde für 2017 musste der Verein jedoch entfernt werden.

Schaulustige drängen sich vor geschlossenen Toren

Imam Mohamed Taha Sabri widersprach am Montag der Darstellung, er habe zu einem Gebet aufgerufen. Die Moschee sei die ganze Zeit geschlossen gewesen, nur er selbst und einige andere Verantwortliche seien vor Ort gewesen, sagte er dem Tagesspiegel.

Auf Videos auf der Facebook-Seite des muslimischen Vereins sieht man, wie sich Schaulustige vor den Gittertoren drängen. Ältere Fotos der Moschee zeigen, dass die auf dem Gelände aufgestellten Zelte nicht extra zu diesem Anlass aufgestellt worden waren. Sabri selbst trug am Freitag Mundschutz und Handschuhe.

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Der Imam war in den vergangenen Wochen häufiger zu interreligiösen Andachten eingeladen worden, die Online oder im Radio übertragen worden. Auch in der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz ist Sabri häufig zu Gast bei muslimisch-christlichen Dialoggottesdiensten. Auch daran und an Besuchen hochrangiger Politiker in der Moschee selbst gibt es immer wieder Kritik. Imam Sabri selbst wurde 2015 wegen seines Engagements für Integration mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet.

Neuköllner Stadtrat verbietet Muezzinruf

Sabri sagte dem Tagesspiegel am Montag, die Aktion an der Dar-as-Salam-Moschee sollte „ ein Zeichen der Souveränität, ein Zeichen des Zusammenhalts“ werden. „Wir wollten zeigen, dass alle Religionen von der selben Quelle kommen.“ Er verstehe nicht, warum die Menschen sich nicht an die Verordnung des Senats hielten. „Die Polizei muss solche Verstöße bestrafen“, sagte er. „Es wird diese Aktion erstmal nicht mehr geben, aber wir hoffen, dass wir das bald wiederholen können.“

Am Montag schuf der Bezirk Neukölln Tatsachen. Der zuständige Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) verbot der Moschee „die öffentliche Durchführung des Gebetsrufes“. Liecke teilte mit, der Gebetsruf sei Auslöser für massive Verstöße gegen die Eindämmungsmaßnahmen gegen das Coronavirus. Es sei der Öffentlichkeit nicht zumutbar, auf Besserung zu hoffen.

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